Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1958

Sebastian Pischinger Der Handelsmannt) und Stadtrichter des Jahres 1562, Sebastian Pischinger, trat 1566 das Bürgermeisteramt an,?) welches er durch das Vertrauen der Bürger bis zum Jahre 1570 innehatte.s Die Zeit war wieder vom Lärm der Waffen erfüllt. Sultan Soliman war mit einem gewaltigen Heere aus Ungarn im Anzuge. Kaiser Maximilian II., sein Ge¬ genspieler, bot ebenfalls eine große Armee auf, zu der Steyr auf die Dauer des Feld¬ zuges zwei bespannte Wagen und zehn Pferde als Geschützvorspann beizusteuern hatte und auf die Dauer des Feldzuges zu unterhalten verpflichtet wurde. Im April 1566 wurde schließlich auch eine Musterung der bewaffnet angetretenen Bürgerschaft abgehalten, damit festgestellt werde, daß man im Notfalle auch auf diese zurückgreifen könne.*) Der Kaiser versuchte weiters, bei der Stadt und ihren vermögendsten Bür¬ gern Geld zu leihen. Vorerst erklärten sich der Rat und einige der reichsten Bürger bereit, 14.300 Gulden zu borgen. Auf nochmalige Vorsprache der Anleihekommission, die glaubte, daß die finanzielle Kraft der Stadt und ihrer Bürger noch nicht ent¬ sprechend ausgeschöpft sei, wurden dem Kaiser 20.300 Gulden unverzinst auf die Dauer von drei Jahren zur Verfügung gestellt. Diese Summe wurde, unter Berück¬ sichtigung der Vermögenshöhe, auf die Bürger umgelegt. Schließlich ordnete Maxi¬ milian am 26. 6. 1566 an, daß sich alle mit Adelsfreiheiten ausgestatteten Bürger bei Androhung des Verlustes dieser Privilegien ohne Verzug persönlich mit ihren Knechten und Pferden im Feldlager einzufinden hätten. Dieser Befehl verursachte bei allen Betroffenen große Aufregung. Es wurde an den Kaiser ein Bericht abge¬ ertigt, in welchem der Rat hervorhob, daß wohl ein Teil der Vorfahren dieser Bürger, ihrer Verdienste wegen, mit Adelsbefreiungen ausgestattet worden wäre; sie hätten jedoch fast ausschließlich gewerbliche Tätigkeiten ausgeübt. Überdies sei der größte Teil der nobilitierten Bürger mit Rats= und anderen Amtern beladen. Da daher ihre Abwesenheit der Stadt und auch dem kaiserlichen Kammergut zum Nach¬ teil gereichen würde, bäten sie um Befreiung vom Felddienste, die dann auch ge¬ währt wurde. Der Feldzug fand durch den Tod Solimans im gleichen Jahre seinen Abschluß, da die Türken abzogen und der Kaiser darauf sein Heer entließ. 5) Am 29. und 30. Juni 1567 erlitt Steyr beachtlichen Schaden durch eines der größten Hochwasser seiner Geschichte. Alle Brücken, Stege, Schleifen, Fluder= und Mühlwerke fielen der Gewalt des Wassers zum Opfer.“) Die unruhigen Zeitläufte hemmten die Aufbringung von Lebensmitteln auf dem Lande und verhinderten sie überhaupt. Trotzdem aus der Pfalz und aus Bayern Getreide zugeführt wurde, herrschte in vielen Orten Oberösterreichs Hungersnot; vielfach wurde Kleie mit Sägespänen zu Brot verbacken.?) Die Gemeinden Weyer und Gaflenz baten den Magistrat am 13. 3. 1570, ihnen mit Weizen und Korn aus¬ zuhelfen. Der Rat beschloß, unter Berücksichtigung des Bedarfes der eigenen großen Gemeinde, „souill als möglich“ zu schicken.s) Vier Tage später übermittelte auch Burggraf Adam Hoffmann dem Rate ein Ansuchen seiner Untertanen in Ternberg, Raming, Laussa, Mitterberg und Arzberg, in welchem diese baten, auf dem Steyrer Wochenmarkte Getreide aufkaufen zu dürfen. Falls solches auf dem Markte nicht zu erhalten wäre, wollten die Gemeinden am Lande Getreide besorgen, und ersuchten die Stadt, diese Transporte auf ihren Straßen passieren zu lassen. Auch wollten die Gemeinden, daß die Stadt ihren Bürgern den „Fürkauf“ (Kauf außerhalb des Wochenmarktes zu erhöhten Preisen beim Erzeuger) verböte. Der Rat schlug das Ansuchen um Getreidekauf in Steyr ab, da in der Stadt solches nicht genügend vor¬ handen war.?) Wegen der Teuerung sah sich die Stadt zu einer sehr unpopulären Maßnahme gezwungen: bis zu einer „Pesserung der Zeit“ wurde am 4. 9. 1570 die Schließung aller Brauhäuser befohlen. — 9 Stb. 1567. — 2) L.V. 3. 3) L.V. 3, L.V. 16. 4) 5) L.V. 1, S. 289, 290. L.V. 1, S. 278. L.V. 1, S. 282. — 7) L.V. 1, S. 285. — 8) R. P. 1570, S. 57. 6) 114

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