Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1957

„Mit einer umgearbeiteten Nähmaschinesoll man halt nicht fortfahren!“ „So was stiftet man dem Museum und fahrt mit der Trambahn!“ „Bstelln S' eahna im nächsten Dorf ein Kreuzl und lassen S’ draufschreiben: Hierruht mein Auterl still und heiter — ich selber ging zu Fuß dann weiter! So roh sind die Menschen, dabei war Pfingsten, worauf man sich so lange¬ freut hatte. Den Höhepunkt erreichte die Katastrophe, als das Ehepaar Merz auf seinemMotorrad vorbeifuhr. Die Merzin wär bald vom Notsitz heruntergefallen vor lauterLachen. Nun war's aus mit der Beherrschung. Die Bimslin fing an: „Sie hättenhalt zuerst den Schindkarren probieren solln, bevor's jemand einladen! „So, das is der Dank, wenn ma euch mitnimmt? „Was hoaßt mitnehma? 25 Mark hab i für's Benzin zahlt, um das Geld hätt ma auf drei Tag nobel an den Rhein fahrn könna!“ So ging es hin und her, es fielen beleidigende Worte, die Koffer wurden her¬ ausgerissen, und die beiden Ehepaare, die jahrelang friedlich nebeneinander gehaust, marschierten wutentbrannt, verdreckt, verschmiert auseinander. Die einen nach Buch¬ loe, die anderen nach Mindelheim. Es war überallhin gleich weit und heiß. So endete der schöne Pfingstausflug. Von dieser Stunde an haßten sich die Zepfmeierischen und die Bimslischen! KARL SPRINGENSCHMID Die Herlödien 82 Auf dem Krummauer Schloßfest am 7. Mai des Jahres 1939 begegnete dem fünfundzwanzigjährigen Friseurgehilfen Hans Schlee aus Salnau die Weißnäherin Johanna Schied, einundzwanzig Jahre alt, aus Wallern gebürtig. Er bat das schlanke, blonde Mädchen um einen Tanz, erhielt diesen zugesagt, auch den zweiten, dritten, hielt daraufhin nach dem Brauche die Zeche frei und kaufte der Johanna Schied schließlich einen versilberten Anhänger, auf dem das Wort „Aus Liebe“ ein¬ graviert stand. Als Gegengabe brachte ihm das Mädchen bei der nächsten Begegnung eine rot und weiß gemusterte Krawatte, auf deren Rückseite sie kunstvoll verschlungen gleichfalls die Worte „Aus Liebe“ hineingestickt hatte. Beim Weihnachtsfeste in Salnau gelobten sich die beiden Treue für das Leben. Kurze Zeit danach wurde Hans Schlee eingezogen. Er kam zum Lichtmeßtrupp einer schweren Flakbatterie, die im Jahre 1941 dem Afrikakorps zugeteilt wurde. Vor Tunis geriet Hans Schlee in amerikanische Gefangenschaft und verbrachte die Jahre als Lagerfriseur im Camp „John Shuttle“ in Sioux Falls (North Dakota, USA). Johanna Schied wurde im Jahre 1942 als Hilfspflegerin verwendet und im darauffolgenden Jahre dem Lazarett Simferopol (Krim) zugewiesen und kam als das Lazarett nicht rechtzeitig geräumt werden konnte, nach Schigansk an der Lena (Jakutenrepublik, UdSSR Nach fünfeinhalb Jahren kehrte Hans Schlee zurück. In Bad Wörrishofen in Bayern fand er einige seiner Landsleute und trat dort in ein Friseurgeschäft ein, das er nach dem Tode des Meisters übernahm. Am 3. August 1948 kam Johanna Schied wieder nach Deutschland zurück und wurde in eine Pflegestelle am ehemali¬ gen Marinehospital Stralsund, Pommern, eingewiesen. Jene glücklichen Tage ihrer Liebe lagen für die beiden Verlobten viele Jahre weit zurück. Seit langem wußten sie nichts von einander. Johannas Mutter war inzwischen gestorben. Die Angehörigen Hans Schlees galten als verschollen. Doch 78

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