Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1927

110 seinem Schreibtisch und schrieb ein Absage¬ „Anninka Daschkow,“ rief sie ihrer brieflein an seine kaiserliche Freundin. Vertrauten und Freundin, der Fürstin Als der Kurier die Mappe mit der Daschkow zu, „wir wollen beizeiten das Antwort der allmächtigen Zarin überreicht Königreich Polen vernichten! Stanislaus hatte, lachte diese ein hysterisches Lachen, August Poniatowski soll als der letzte König nachdem sie die Zeilen gelesen. von Polen — unstet werden wie Ahasver!“ WMTTATTAAAATT Tirolische Altertümer. Eine boshafte Geschichte von Franz Schrönghamer=Heimdal. Am Innsbrucker Bahnhof steht beiZug zu besteigen. In gemessenem Ab¬ einer Schar von schitragenden „Winter¬ stande folgt der Einheimische, mächtige frischlern“ ein „Eingeborner“, der dieRauchwolken aus seiner Pfeife paffend. offenbar nur zufällig zusammengewürfelte War es Absicht oder Zufall, daß er Touristengesellschaft unauffällig mustert. im Zuge gerade dem Berliner gegenüber Der Standpunkt des Einheimischen, eineszu sitzen kam? Dem Fremden war es schön gewachsenen, kraftstroßenden Man¬ scheinbar ein erwünschter Zufall, der ihn nes in mittleren Jahren, ist so gewählt so schnell schon mit einem Vertreter echten daß ihm von den Vorgängen und Reden Tiroler Volkstums zusammenführte. Denn bei der Fremdengruppe nichts entgehendiese Knie, diese Fäuste, dieser Brustkasten, kann. diese typische Adlernase, ließen keinen „Ach Quatsch!“ ruft plötzlich ein Zweifel an der Echtheit dieses Einge¬ dicker, gutmütig blickender Herr, offenbarbornen aufkommen. Ferner sprach auch ein Berliner, aus der Gruppe. „Mir ist der Umstand für die Echtheit dieses Ti¬ sagen wir Strigls, da der wirklicherolers, daß er dem Fremden, noch dazu Ortsname nichts zur Sache tut — „emp¬ in einem Nichtraucherabteil, den Rauch fohlen worden, und da geh' ich auchseiner Pfeife ungeniert ins Gesicht blies hin. Gossensaß, Fulpmes und die be¬ und ihm von Zeit zu Zeit gerade vor kannten Wintersportplätze sind mir zu ab¬ die Füße spuckte. Das waren untrügliche gegrast. Die Einjebornen sind nicht mehr Zeichen von Kultur unbeleckter Urwüch¬ echt, urwüchsig, wie sie zu Andre Hofers sigkeit, und dem Berliner ging das Herz Zeiten waren. Salontiroler! Kannich erst recht auf, als ihn der Einheimische auch in Berlin haben! Und wenn 2ich nach einer Weile eingehenden Betrachtens schon mal nach Tirol jondle, dann will frei heraus fragte: „Was bist denn du ich nicht bloß schiern, ich will auch echtes für oaner? Woher und wohi? Volkstum kennen lernen. Ja, das war echt, ursprünglich, fast Bei dem Worte „Strigls“ gab es ein wenig barbarisch noch. dem Einheimischen einen förmlichen Ruck. Und der Fremde steht Rede und Er riß sich herum und trat einige Schritte Antwort: „Mein Name ist Pefnicke, zurück. Von diesem Augenblick an galt Blechwaren en gros; ich komme aus der seine Aufmerksamkeit einzig dem dickenReichshauptstadt und will nach Strigls, Berliner, der für Strigls und echtes, ur¬mich ein wenig vergnügen.“ „So, aus Wean bist?“ wüchsiges Tiroler Volkstum eben eine Lanze gebrochen hatte. „Nee, nee, die Reichshauptstadt is Wenige Minuten später fährt der Berlin!“ doch Zug nach Strigls ein, und der Berliner „Ah so! A Berliner bist. Woll, löst sich aus der Fremdengruppe, um denwoll.

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