Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1925

56 unseres Herrn und Heilands, der seinen Feinden verziehen hat“ „Ich soll verzeihen!“ „Das verlangt niemand. Aber ge¬ recht sein. Die da sind keine Radels¬ führer. Das sind Richter und andere angesehene Leut' aus den Gemeinden. Ich kenn' den Vöcklamarkter Markt¬ richter als einen achtbaren Mann, trotzdem daß er ein Keßer ist.“ „Und doch hat er mitrebelliert!“ „Das ist bedauerlich und fordert Strafe. Aber — ich bitte, Gnaden Herr Statthalter, verschiebt das Gericht, bis aller Augen nit mehr getrübt sind durch die Empörung über die jüngsten Ge¬ schehnisse. Ich bitte im Namen und auch zu Gunsten unserer christkatholischen Kirchen — und der Herr Konfrater von Frankenburg wird sich mir gewißlich anschließen —“ ein hilfesuchender Blick traf den verwunderten Pfarrer. Don Baldassar Zalaoga antwortete „Nein. Bonifaz Gruber senkte das Haupt: 1 „Mein ist die Rache, spricht der Heri, sagte er mit zitternder Stimme. Aber der Frankenburger Pfarrer antwortete: „Aber es steht geschrieben: Weh dem, durch den Aergernis in die Welt kommt. „Beenden wir dieses Gespräch,“ rie Herberstorff ungeduldig, „es frommt keinem, am wenigsten euch, Herr Pfarrer Gruber. Ihr geht? Wir werden euch entbehren. So bitt' ich den Frankenburgen Pfarrherrn, den Trost der Kirche zu spenden, so er etwan würde begehrt werden. Bereitet das Würfelspiel“. Bonifaz Gruber ging wortlos davon. Er ging mit gesenktem Haupt. Wallonische Troßknechte breiteten einen schwarzen Mantel am Fuße der alten Linde aus Der Henker stand bereit und hielt den Becher mit den Würfeln. Eine helle Stimme rief: „So gib mi nit, so nit!" Ein Gedränge, stoßende Arme, die mit den Knechten, die sie halten wollten, rangen. „Wer bellt da dawider?“ schrie Herberskorff und hob sich in den Bügeln Der Achaz Häupl stürzte aus dem Haufen. An ihm hingen die Knechte. Seine blauen Augen blitzten Zorn. Er schrie: „Ehrlos hast uns verraten! Falsch¬ heit hast gered't, du Mann mit dem teinernen Herzen! Mir zwei, i und du, 6 Mann gegen Mann Und er schleuderte die Knechte von sich und war ich auf das Roß des Statthalters, das sich mit schlagenden Hufen bäumte. Da knallte ein Schuß. Der kro¬ batische Rittmeister hatte kaltblütig ge¬ zielt und sein Pistol auf den jungen Riesen abgeschossen. Der stand einen Augenblick mit ausgebreiteten Armen, dann fiel er auf sein Antliß nieder. Herberskorff, der mit eiserner Hand das Roß beruhigt hatte, starrte auf den Gefallenen. „Dank dir, sagte er dumpf „weg mit dem Aas, vorwärts, vorwärts. Sie trieben das erste Paar zur Linde: Den alten Abraham Hammer und einen Bauer aus Timmelkamm. „Wirf nit, Abraham, scholl es heiser hinter ihm. Der Alte blickte mit glanzlosen Augen zurück, dann sagte er leise: „Wie Gott will.“ Er schüttelte, die Würfel rollten über das schwarze Tuch des Mantels. Er hatte verspielt. Die Knechte banden ihn. „Vorwärts“ gebot der Statthalter, „haltet die Leut' auseinander, die ver¬ pielt haben. Sechse werden hier gehenkt, die andern in Frankenburg, Vöckla¬ markt und Neukirchen. Auf daß die Lämmlein dort wissend werden, wie das Rottieren endet“. Herrn Abraham Grünbacher hatte schon längst ein Zittern befallen; er fuhr mit den Händen um seinen Leib und seine Zunge war trocken wie ein Stück Holz. Auf einmal stürzte er vor und fiel mit einem heiseren Schrei vor dem Statt¬ halter nieder. Er hob die Hände und stammelte wirre Worte. „Was will der Narr?“ fragte Herberstorff ungnädig. „Ah, es ist der Oberpfleger, in dessen sauberer Wirt¬

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2