Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1925

schaft das Wesen begonnen hat. Was wollt Ihr von mir? „Gnade, stöhnte Grünbacher. Unterdessen hatten wieder zwei ge¬ würfelt. Der Veit Paumgartinger hatte verspielt und fiel wie leblos auf das schwarze Tuch hin. Sie banden ihn an den Baum, auf daß er stehe. „Gnade,“ wimmelle der Oberpfleger wieder. „Das ist eine traurige Obrigkeit, höhnte Herberstorff. „Wenn die Exzellenz will Gnade üben,“ flüsterte der spanische Obrist, der zur Rechten Herberstorffs hielt, „so dürft dieser Augenblick recht zu paß sein, da die Todesangst die Leut' zermürbt hat Es wird auch den Blutgeruch dämpfen, der von diesem Gericht aufsteigt.“ 67 antwortete „Ihr meint Herberstorff. Dann lächelte er in grim¬ miger Laune, „Oberpfleger, ich will Gnade üben“ „Dank! „Ihr kennt die Leut' Geht hin. Die zwei größten Hasen sucht euch aus Nehmt sie hin. Der Oberpfleger erhob sich taumelnd Die Gesichter tanzten vor seinen Blicken. Die Wahllos wies er auf zwei. Männer wurden aus dem Haufen ge¬ wiesen und mit Schlägen fortgetrieben. Erst wankten sie, dann liefen sie davor Das Würfeln ging weiter. Der Marktrichter Nader weigerte sich, zu würfeln. Mit würdevoller Ruhe beharrte er trotz der Drohung mit der Marter auf seiner Weigerung. Ein Troßknecht würfelte für ihn. Der alte Marktrichten hatte verspielt. Da scholl ein Schrei wie der eines Irrsinnigen hinter dem Statthalter. Der wandte sich erstaunt und sah einen Menschen in fadenscheiniger Schreiber¬ tracht sich wild geberden. Er winkte, und der Mensch stand vor ihm. Sein Mäntel¬ chen flatterte, vom Winde bewegt, sein dünnes blondes Haar starrte wirr um sein bleiches Haupt. 57 „Klapphuhn,“ gellte des Oberpflegers Stimme. Herr Grünbacher war tödlich erschrocken. Mit wahnsinnigen Geberden schrie der Schreiber. Er war stets demütig und geduckt gewesen, aber der Schrecken dieser Stunde riß seine Seele aus den Tiefen der Demut und des Gedrückt¬ eins. Gellend schrie er: „Jerobeam —— verflucht, verflucht König Achab verflucht! „Klapphuhn,“ stöhnte der Ober¬ pfleger und rang die Hände. „Mögen dich deine Reiter und Hallparten auch umdräuen,“ schrie der Rasende, „ich trotze dir. Jahrelang hab ich meine Seel' versteckt gehalten und —— fort mit der Larva! geheuchelt Und ich habe die Blutbotschaft zu dir —— mea culpa, mea culpa!“ getragen Er schlug seine armselige Brust, daß es dumpf dröhnte. Der krobatische Rittmeister hob be¬ fehlend die Hand. Die Trommeln fielen rasselnd ein. Aber der Amtsschreiber überschrie ihr Rasseln: König Achab — verflucht! Und verflucht sei auch ich, der ich den evangelischen Herrgott im Herzen trug und ihn verlaugnete. Ich laugne nicht mehr. Er mög' mich des Martyriums würdig befinden. Ein Zeugnis will ich an ihrer geben für meine Brüder, Seiten!“ Er röchelte; Schaum stand auf einem Munde. Herberskorff sah ihn kalt an. Dann sagte er: „Oberpfleger, eine schöne Bruf habt Ihr um euch gezogen. Dessen werdich gedenken, zwei habt Ihr mir genommen, —.—“ er schrie es plößzlich in dafür aber höchster Wut —.— nehm' ich den! Er will Zeugnis geben. Er soll's. Hängen soll er, hängen in Frankenburg, wo er sein heuch¬ erisches Spiel getrieben hat. Fort mit ihm“. Das Würfelspiel ging weiter und ward vollendet. Und vollendet war auch Herbers¬ torffs Bluturteil. An dem stärksten Ast der Linde auf dem Haushamer Feld wurden vier arme Sünder gehenkt, unter diesen der Veit Paumgartinger, sieben

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