Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1925

dahin Haus, Hof und Feld kann ver¬ kauft werden. Bei Verfall der Frist fällt das Gut an den Fiskus. Und jetzt merkt euch, was die Schuldigen ereilt und hütet euch vor gleicher Schuld“. Ein Zittern ging durch die Menge Die Vordersten fielen auf die Knie nieden und hoben die Hände. Auch wildes Rufen erscholl, Schreie der Verzweiflung der Wut. Der Trompeter blies. Im Schnellschritt rückten die Fußknechte vor und drängten sie zurück, mit Musketen¬ und Bombardenkolben hieben sie au die Wehrlosen ein. Die Menge staute zurück. Die letzten Reihen lösten sich liefen in wilder Flucht davon. Ungefähr die Hälfte hielt Stand. Sie blieb, von drohenden Rohrmündungen bewacht, indes die Reiter die gewählten Ausschüsse um¬ ringten und vor sich hertrieben, bis sie vor der Linde halt machten. * * * Vor dem Unglückshäuflein der Sechsunddreißig hielt der Statthalter. Genugtuung und wilde Grausamkeit blitzten aus seinen harten grauen Augen. Er hob die Fäuste und rief den vol ihm Zusammengedrängten, die von Waffen umstarrt waren, in die Gesichter „Rebeller! Ihr seid die Radelsführer denn als euch euere Leut' gewählt haben haben sie damit kund gegeben, daß sie auf euer Wort am meisten haben ge¬ horcht. Ich hab' euch und werd' euch richten und strafen. In meine Macht ist gegeben, euch rädern, vierkeilen und brennen zu lassen. Es soll aber Gnad sein und zur Gnad' will ich euch nur henken lassen“ „Verräter!“ gellte ein Ruf aus dem Häuflein. Der Marktrichter Nader hatte es gerufen. Ein kaltes Lächeln flog über Herbers¬ torffs Antlitz. „Trotzdem ihr noch an¬ gesichts des Todes euere Schandmäuler aufreißt und widerbellt, will ich Gnad walten lassen und der Hälft' von euch das Leben schenken. Aber ihr müßt ums 55 Leben würfeln, zwei und zwei gegen einander, und wer im Würfelspiel ver¬ spielt, soll auch im Leben verspielt haben. Für die Schelme gehören die Schelmen¬ bein'“ Ein Stöhnen ging unter den Menschen, die diese Reden hörten. Nicht nur unter den armen Sündern, auch unter Herberstorffs Gefolg' und den Soldknechten. Ein weißhaariger Priester drängte sich vor. Sein gutmütiges rotes Gesicht war erblaßt. Es war der katholische Pfarrer von Vöcklamarkt Bonifaz Gruber. „Gnaden, Herr Statthalter, sprach er mit fester Stimme, „vergunnt ein Wort“ Der Statthalter blickte ihn fest an. „Redet, sagte er. Bonifaz Gruber sprach: „Mein Eingeweide erbarmt sich und mein Herz schreit auf. Das ist nit Gericht, das ist nit kaiserlicher Willen, was da soll ge¬ — ich bitte um chehen. Ich fordere, Gericht in Linz —“ „Hochwürden,“ antwortete Herbers¬ torff streng, „wahrt Ihr Euere Kompe¬ tenzen, ich wahre die meinen. Meine Vollmachten sind unbeschränkt“. „So beschränkt sie durch Menschlich¬ keit,“ rief der Pfarrer außer sich. „Ich bin katholischer Pfarrer und weiß, was es für eine große Sünd ist, dem Heil der katholischen Kirchen zu widerstreben. Aber so wird der Kirchen nit gedient. Ich hab' einen schweren Stand in Vöckla¬ markt, aber trotzdem ist es mir beschieden gewest, Ruh' und Frieden in die ver¬ hetzten Gemüter zu gießen“. „Es sieht darnach aus, höhnte Herberskorff. Des Pfarrers Antlitz färbte sich dunkelrot: „Gerechtigkeit nußt mehr denn Ungerechtigkeit. Untersucht, straft, aber mordet nicht“ „Herr Pfarrer,“ rief Herberstorff drohend, vergeßt nit, mit wem Ihr redet“ „Gewißlich nit“, antwortete der Pfarrer, „ich aber sprech' im Namen

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