Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1925

40 der ruhig sitzen geblieben war, und wies ihn. auf „Was willst da, Fremder?“, fragte er. „Heunt is kein Platz nit hier für fremde Gäst'. Du bist nit geladen zum Gastschmaus und Gasttrunk. Sein der geladenen Gäst' genug. Heb di' auf“ Ein Lachen erscholl. Die Wirtin lief herzu und stellte sich neben den Fremden. „Laß den da mi Ruh, Mann, “rief sielaut und erhob abweh¬ rend die Arme, „er meink's gut mit euch Der Wirt kreuzte die Arme ober der Brust und musterte den Fremden. „So, und was meint er denn noch? fragte er spöttisch. „Warnen will er di' und euch alle, rief die Frau. „So wie i di' hab' gebittel und gewarnt, aber du hast auf mi' nit gehört. Jetzt hör den da. Er weiß viel.“ „Weiß viel,“ brummte der lange Sebastian Nader, der Marktrichter von Vöcklamarkt, ein alter Hüne, dem des graublonde Bart bis auf die Brust hing Er schob sich mit stoßenden Ellenboger durch den um den Fremden drängenden Kreis und stand nun vor ihm. „Was weißt?“ brüllte er dann mit seiner Bärenstimme Der Fremde war aufgestanden. Sein heller ruhiger Blick fuhr über die Ver sammelten. „I weiß,“ antworlete er ruhig, „daß ihr morgen in Frankenburg dem Pfarrherrn die Installation wollt wehren. „So is's,“ erscholl es vielstimmig. „Fort muß der lateinische Pfaff!“ „Der Baltasser — oder wie er sont heißt. „Wie der letzt' von die drei König heißt er.“ „Wie der schwarze!“ „Baldhauser heißt er — bald haussen wird er sein!“ Lautes Lachen erkönte. 8 „Lacht nit,“ schrie der Marktrichter sich gewaltig aufreckend, „das is ein ernst Ding. Aber es soll es uns auch keine wehren. Und der da will es uns wehren scheint mir. „Werft ihn hinaus! scholl es.“ „Schlagt ihn tot!“ „Stad seid's!“ rief der Wirt mit hoher Stimme. „Er soll wenigstens reden. „Ja, reden soll er. „Warum will er warnen?“ Da flog der Ton einer Stimme über ihre Köpfe durch den Raum, einer Stimme, wie sie noch nie eine gehört hatten. Hell war sie und durchdringend, die Stimme eines Herrführers, eine Po¬ saunenstimme. „I will warnen, rief der Fremde mit blitzenden Augen, „weil i es ehrlich mein' mit euch. Mit meinem Kopf teh i für die Wahrheit meiner Red'. Der Herberstorff ist der hiesigen Dinge wissend worden, der Frankenburger Oberpfleger hat ihm Botschaft gesendet und um Hilf' geruft. Er wird kommen, is scho' am Weg. Und mit den paar Mannderln da wöllt ihr die Spaniolen und Krobaten vomHerberskorff aufhalten? Eine Stille war. Sie blickten ein¬ ander an. Ja, sie hatten sich im Lärm, den sie machten, an diesem Lärm berauscht. Aber das Auge war schärfer wie das Ohr. Es sah nur eine Stube voll Menschen — nicht mehr. Der Wirk antwortete: „Was, paar Mannder? Weil nit viel herinnen sein in der Wirksstuben, red'st du so? Kann iein paar Tausend herbergen? Die hier sein, das sein die Köpf' und rechten Händ' von unserem Volk. Das Volk fünftausend sein's, wenn du's wissen willst — lagert in der Gegend. Das ie do' natürli' so. In einer Stund haben mir's beisammen!“ Beifälliges Nicken. Der Wirt hatte recht. Fünftausend! Sapperlott, das war eine Zahl, ungeheuer groß, riesenhaft. Aber der Wirt soll nit so ausschwatzen. Kunnt' ja sein, daß der Mann da ein — Spionierer is er weiß die Zahl Der Windpichler Leutner krähte mit scharfer Stimme diese Bedenken dem Wirt zu: „Hük' deine Zung'! Was red'st du da von Fünftausend, Hansnarr? Geht zum Herberskorff und sagt ihm: Fünftausend sein's, Gnaden Exzellenz! Und der Herberstorff kehrt um und holt si' no' ein paar tausend Krobaten und Kyrisser, Reuter und Stuck!“

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