Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1925

rocken und dem Mann beim Krug mit Fragen so lange drangsalierten, bis Un¬ bedacht oder Ungeduld mehr ausschwatte, als guttat. Mit dunklen, mißtrauischen Augen blickte die Wirtin auf den Frager. Der lächelte spötlich und traf sie mitten ins Herz mit der Frage: „Also für einen Spionierer tust mich halten, Wirtin?“ Die Frau war furchtbar erschrocken Er hatte ihre Gedanken erraten und scheu vor Zauber machte ihr Herz heftiger schlagen. „Du hast dich verschreckt“, fuhr der Fremde fort. „Und weißt auch nit, ob ein Bauer bin oder ein Herrischer i gelt? Tu di nur trösten, Wirkin; und seine Züge verschönerte plötzlich ein ge¬ winnendes Lächeln, „i bin ein Bauer, ein CC rechter „G’wiß und wahrhaftig?“, stotterte die Frau. „G’wiß und wahrhaftig“. Dann sagte er mit tiefem Ernst und das Lächeln war wieder erloschen: „Hab's am eigenen Leib verspürt, daß i ein Bauer bin. Was i aber hier will, möchst mich fragen? Warnen will i die hiesigen Bauersleut', auf daß sie nit blind in eine Gefahr rennen, die ihnen an Leib und Leben kunnt gehen“ „Eine Gefahr?“ „Ja; nickte der Fremde. „Was schon selbst hab' erkundschaftet auf meinem Weg, hast du mir bekräftigt. Von allen Orten, die du hast genennt, sein die Bauern zusammengeloffen, um morgen in Frankenburg ihre Fäust' wider Pfaff und Pfleger zu erheben. Es is aber noch nit Zeit dazu, noch nit Zeit“. Und er schüttelte den Kopf. „Noch nit Zeit?“ hauchte die Frau. „Noch sein die Bauernschinder stärker“, fuhr der Fremde fort. „Und der Heberskorff in Linz is gewarnt — i 1 weiß es. S' is einer von Linz her nach Frankenburg mit verhängten Zügeln ge¬ ritten auf einem abgehetzten Gaul, der bringt die Botschaft, daß die Linzer Schergen haben von Rottierung geschrien, die hier vor sich geht. Was das heißt 39 und was daraus kann kommen, wirst elber wissen, gelt? „Jesus meine Zuversicht“, klagte die Frau. „I hab's meinem Mann alleweil g’sagt, er soll sich hüten. Aber in ihrer blinden Wut hab'ns das angestift', daß ihrer Tausende itzt beisammen sein und sich auftun wölln gegen das Herren¬ mandat“. „Wär scho' recht, wann's an der Zeit tät sein; sagte der Fremde mit einem tiefen Aufatmen, „aber so? So kann i nur warnen, mehr kann i nit“. „Und das willst tun?“ fragte die Frau und faßte nach der Hand des Fremden. „Das will i tun, ehrlich und treu“, antwortete dieser. „Und du stehst zu mirz Frau, Frauenlieb hat oft scho' manchen Mann von einer Dummheit abge¬ halten“. „I steh zu dir“, rief die Wirkin. „Aber es war Zeit, daß du di' gewiesen hast, was für einer du bist, denn sie sein chon da“. Die erwarteten Gäste waren da. Ein Strom von Menschen brach in die Stube, ihre stille Dämmerung mit Geschrei, Lärm und aufgeregten Geberden erfüllend. Lauter Männer, alle in Wehr und Waffen. Seltsames Kriegsgerät trugen ie, Heugabeln, spießförmige Sensen, plumpe Spieße und Igel, Bauerngeräte, die die Eile und Not in Kriegswaffen umgeschaffen hatte. Sie schrien nach Speise und Trank und die Wirtin war von der Seite des Fremden gerissen und mußte ich mit zwei Mägden tummeln, die Wünsche der Hungernden und Dursten¬ den zu befriedigen. Die Mehrzahl der Gäste waren Bauern, aber auch bürger¬ liche Leut' gab es in der Menge, Orts¬ richter und Ratsmannen aus den um¬ iegenden Städtchen und Dörfern; Vierer¬ Achter= und Zechleut', denn in dieser Zeit standen die Kleinbürger mit den Bauern, aus deren Reihen sie doch zum größten Teil hervorgegangen waren. Der Veit Paumgartinger, der Wirt, ein junger, kecker Gesell mit lebens¬ lustigen Augen, hatte den Fremden erspäht,

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