Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1925

38 Rücken, verängstigte Seelen und bang orgende Herzen. Am Sonnabend vor dem Sonntag, den der neue Pfarrherr von Franken¬ burg, der hochwürdige Herr Baldassar Zalaoga, als den Festtag seiner feier¬ lichen Installation bezeichnet hatte, war das große Einkehrwirtshaus, das außer¬ halb des Frankenburger Marktfriedens an der Vöcklabrucker Straße lag, für die Aufnahme von vielen Gästen gerüstet, die mit der sinkenden Sonne einkehren ollten. Niedrig, breit und behäbig lag es da unter den Strahlen der abschied¬ nehmenden Sonne, die einen rötlichen Glanz auf das alte Strohdach warfen. Gastlicher Rauch kräuselte sich in den abendlichen Himmel hinein. „Zum großen Glück“ war das alte Haus benamst und hatte ober der niederen Tür ein mächtiges verwettertes Schild, auf dem in unge¬ ügiger Schilderei ein pausbäckiges, wohl¬ genährtes Weib, das von roten Gewand¬ alten umwallt war, unbekümmert um ihr stattliches Gewicht hoch über einer welligen Landschaft durch die blaue Luft schritt und dabei einen großen gedeckelten Becher mit beiden Händen hielt. Ein einzelner Gast saß in der großen dämmernden Wirksstube, in der das Dunkel von den ungefügen verräucherten Balken der Holzdecke herabzuschweben chien. Er saß still neben dem Holzver¬ chlag, der den Schanktisch des Wirts von der Stube schied. Hatte gegessen und getrunken als wie ein hungriger und durstiger Mann, der weit hergewandert war, und nicht viel gefragt. Jetzt aber fragte er. Und die Wirtin, des Veit Paumgartinger junges Eheweib, gab un¬ lustig Antwort. Denn sie zweifelte, daß der Fremde den zahlreichen Gästen, die der Wirt bald in die Stube führen mußte, genehm sein würde. Er war kein Hiesiger, vielleicht nicht einmal ein Bauer, obwohl er grobe Hände hatte. Trug zwan Stecken und Schnappsack wie ein wan¬ dernder Bauer, auch die Bauerngugel, aber ein langes Schwert hing an seiner Seite und die breite Brust schützte ein blanker Kyriß. Hatte auch herrische unkelnde und harte Augen im sonnen¬ braunen Antlitz — und wenn diese Augen die Gefragte fest anblickten, so mußte sie antworten, ob sie wollte oder nicht. Das junge derbe Weib mit den hübschen Zügen, denen die dichten ober der Nasenwurzel zusammengewachsenen Brauen etwas von einer heroischen Maske verliehen, mußte immer wieder denken, wer denn dieser fremde Mann ein könne, und es wandte die Blicke nicht von ihm. „Ja“, antwortete die Wirtin auf eine Frage des Gastes, „morgen is der Tag. Der Herr Oberpfleger von Franken¬ burg wird den neuen Pfarrer inst .... einsetzen in Amt und Würden, wie es der Brauch is“ „Und die Frankenburger wollen's nit leiden? „Die Frankenburger und andere nit“. auch „Aber sein die Frankenburger andre um Hilf' angegangen, auf daß die es auch nit leiden mögen?“ fragte der Gast. „Um Hilf'? Du mein — es is scho mein' i, wenn ihrer mehrere da sein, gut, wenn der Mensch was nit will leiden, antwortete die Wirtin ausweichend. „Und wer sein die andern? Hiesige?“ „Nit lauter Hiesige. Aus der Gegend halt, lautete die Antwort. „Woher?“ wollte der Fremde wissen. „Vom Attergau, Traungau?“ „Wird scho' so sein. Vom Attersee, ja, von St. Georgen, von Gampern und Schörfling, auch von Gmunden und Ebensee“ * „Von Vöcklabruck? — Is eine chöne Stadt, das Vöcklabruck“ „Von da auch — und von Vöckla¬ markt“ „Leicht von Frankenmarkt auch oder gar von Lambach? „Kunnt scho' sein —“ Mein Gott, der Mensch fragte wie ein Spinnierer. War es doch nichts Seltenes, das allerlei Ohrenbläser und Spionsleut als Bauern verkleidete Schergen der Bayern oder des Linzer Statthalters, in die Stuben huschten, das Weib beim Spinn¬

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2