Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1925

Wucht, indes seine Gedanken haltlos herumirrten. Der Schreiber, der sich, wie um vor dem feierlichen Akt seinen Respekt zu erweisen, erhoben hatte, hüstelte leise und die Grünbacherin entschränkte die langen Arme, trommelte ungeduldig mit ihren harten Fingern auf den Armlehnen ihres Prachtsessels und rief mahnend: „Mach weiter und versinnier dich nit“. Da rappelte sich der Oberpfleger zusammen, warf das Petschaft hin, daß es bis an den Rand des Eichentisches rollte und sagte, dumpf: „Es ist ge¬ schehen, die Würfel sind gefallen; mög es nunmehro auch Gott gefallen, daß etwas Gutes herauskommt“ Als aber aus dem Schatten der tiefen Fenster¬ nische eine Stimme antwortete: „Amen!“ da fuhr der Oberpfleger zusammen und blickte scheu nach diesem Schatten und dem Mann, der dort saß und den ei schier vergessen hatte. Und war diesen Mann doch die Ursach zu all der langer Schreiberei und all der Angst und Pein in Herrn Grünbachers geplagter Seele „Hochwürdiger Herr“, sagte Herr Grünbacher mit gebührender Devotion „Ihr habt ganz recht Amen gesagt. Ich — — und nun verhoff' ich sag es auch daß eurer Installation in die Pfarre und Pfründe allhier zu Frankenburg nichts mehr im Wege steht“. „Verhoff' es auch, antwortete der Mann im Fenster und stand auf. Lang war er und hager, trug geistlich Gewand und hell glänzte aus seinem kurz ge¬ schorenen schwarzen Haar die Tonsur. Sein Gesicht hatte scharfe südliche Züge und seine Augen blickten lebhaft. Er hatte seine Ungeduld während der umständlichen Schreiberei nur mühsam bekämpft. Jeßzl war er augenscheinlich froh, reden zu können, tat es auch schnell und mit über¬ stürzenden Worten, indes seine langen Hände lebhaft agierten. Er sprach das Deutsche mit romanischem Akzent und suchte oft nach einem Wort. „Aber Ihr seid zu vorsichtig, Herr Oberpfleger,“ sprach er, „was geschiehl denn, soll denn eigentlich geschehen? 35 Nichts anderes als das: Ein armer katholischer Pfarrer soll wieder eingesetzt —— ja Franken¬ werden in Franken burg. Ein GeschenkGottes für unseren o lange in babylonischer Gefangenschaft gehaltenen katholischen Glauben. Corpus Christi! Und wie ist dieses Geschenk Gottes empfangen worden Miseriokord! Statt zu machen schnell, schnell auf die Tore für das Heil anstatt dessen Verzögerung, Angst, Ver¬ chleppung!“ „Erlaubt,“ wollte Herr Grünbache den Redefluß des Geistlichen unterbrechen, aber der setzte seinerseits noch den Trump auf: „Und wenn euch nicht die Refor¬ mationskommissare auf den Fuß getreten hätten, illustrissime Herr Oberpfleger, wahrlich, ich könnte noch lange Zeil außerhalb meines Benefiziums stehen. Er hatte erregt mit beiden Armen seine Rede unterstützt. „Erlaubt, Hochwürdiger,“ verteidigte ich der Oberpfleger, „Ihr kennt halt noch nit die Burger= und Bauersleut „Rebellen sein's,“ warf die Grün¬ bacherin dazwischen. „Na ja, gab der Oberpfleger zu, „das ist ihnen ja auch nit so zu ver¬ — argen „Warum?“ fuhr der Geistliche auf „Weilen,“ wollte Herr Grünbacher erläutern, aber er brach ab, denn er fürchtete, vielleicht etwas Unpassendes zu agen. „Sie sein halt noch von altersher an die evangelische Lehr' gewöhnt, sagte er. „Nennt diese Lehr' nicht die evan¬ gelische, hat mit dem Evangeli gar nichts zu tun, gar nichts,“ rief der Priester. „Nennt sie die lutherische oder die lude¬ C rische „Haha!“ lachte der Oberpfleger pflichtschuldigst auf, aber sein Gesicht ward purpurrok, denn sein neuer Glaube war erst von gestern. Er schluckte ein paar¬ mal und sprach dann schnell: „Ohne Skandalum wäre Eure Installation in hiesige Pfarrei nit abgegangen, hoch¬ würdiger Herr Pfarrer, das laßt euch gesagt sein. Ihr kennt unsere Verhält¬ 3*

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