Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1921

Schanktisch stehenden Gäste bediente, erklärteEmmerich seinem ehemaligen Dienstfreunde seine heikle Lage und fragte ihn um Rat, ob und wie er die Sache bei dem Stadtrichter vorbringen könnte. Der junge Ratsherr hörte seinem Freunde sehr aufmersam zu, dann sagte er: „Deine Sache stünde so schlimm nicht, ich könnt dir das Geld, so du für die schneidige Eusebia brauchst, wohl vor¬ schießen, wärst mir ja gut dafür, allein damit wär euch doch nur für den Augen¬ blick geholfen und ihr kämet noch weiter in die Schulden, hilft dir also wirklich nur gründlich das Erbteil nach dem Vater, o deine Frau von ihrer Mutter zu er¬ halten hätte, da wäret ihr gründlich aus dem Wasser“. Es trat eine kleine Pause ein, der junge Ratsherr spielte wie nachdenklich, leicht mit dem Weinkrugdeckel, tat einen kräftigen Schluck aus dem Glase und fuhr fort zu sprechen: „Hab mir die Sache jetzt gründlich bedacht, du bist alles andere, aber nur kein Redner, Emmerich und unser Herr Stadtrichter!) ist ein recht hastiger Herr, der für solch leichtere Klagen wie die deine ist, wenig Zeit erübrigt, ich meine daher, ich geh zu ihm und vertrete eure Klage. Dazu benötige ich den Taufschein deiner Frau und so was wie eine Abschrift vom Testament ihres Vaters, wenn ein solches da ist“. Gewiß, haben beide Schriften in Händen und den Taufschein meiner Frau benötigen wir ja oft, wollen nicht wie fahrendes Volk behandelt sein in den Orten außerhalb der Stadt Steyr“. Der Ratsherr nickte zustimmend. „Gut“, sagte er, geh also heim und bringemir die zwei Schriften ins Haus, weißt a wo mein Haus, das ich vom Herrn Vater überkam, neben dem Bürgerspital? 1) Der Stadtrichter wurde um diese Zeit auf zwei Jahre von den Bürgern gewählt. Einige Jahrzehnte später mußte für diese einträgliche Stelle eine hohe Dachtsumme gezahlt werden. Der Stadtrichter mußte in Wien dem Tandesfürsten oder dessen Stellvertreter vorgestellt werden, von denen er auch im Amt bestätigt wurde. *) Gegenüber der Michaelerkirche. Am 2.Februar 1505 gestiftet von Elisabeth, der Gemahlin Kaiser Albrecht I. (1298—1508. 69 gelegen ist, will dann damit zum Stadt¬ daß richter und kann dann beweisen, ist deine Frau die Tochter ihrer Mutter und ihres Vaters Erbin“ ein „Wohl“ meinte Emmerich noch 7. wenig zaghaft, „aber was fangen wir an „Mit der Eusebia meinst du? Ei, muß der Lärm, den sie machen könnte, vermieden werden, um jeden Preis, hörst du, Emmerich! Mit dem Gesellen, ihren ogenannten Bräutigam, sprech ich ein ernstes Wörtel, wird das Lärmen sein lassen und der Eusebia stopfst den Mund mit Silber oder silbernen Versprechen, zahlbar in nahester Zukunft, das bringt ihr wohl zustande, ein habsüchtiges und verliebtes Weibsbild wird wohl auch noch mit sich reden lassen. So hoff ich auch“, stimmte Emmerich hoffnungsfreudig zu, „will alles wohl be¬ sorgen und dank dir vielmals für deine treue Freundschaft, Wendelin. „Nicht doch, keine Ursach, lieber Emmerich“, lächelte der junge Ratsherr, „auf das Gelingen unserer Verabredung“! Sie stießen an und tranken aus, schüttelten sich die Hände und jeder ging einer Wege. III. Am Nachmittage desselben Tages brachte Emmerich seinem Dienstwilligen Freunde die beiden Dokumente, den Tauf¬ schein seiner Frau und die Abschrift des Testamentes ihres Vaters und die Nach¬ richt, daß sich die unentbehrlich dünkende Eusebia nach vielen schönen Bitten und guten Worten entschlossen habe, die Aus¬ zahlung ihres Lohnes um vier Wochen zu „stunden“ unter der Bedingung, daß ihr für diesen Aufschubmonat ein ganzer Jahreslohn mehr ausbezahlt würde, was zugestanden worden war. „Recht so, für den Augenblick wenig¬ stens“, nickte der Ratsherr seinen Beifall zu der getroffenen Vereinbarung, „ist das ein reches, habsüchtiges Weib, eure Eusebia! Na, mit dem Messerergesellen im Aichet draußen, in den Eusebia so verschossen ist, hab ich bereits geredet, der Mann weiß von ihren bösen Absichten nichts, läugnet überhaupt,

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2