Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1918

177 6 E 4S Sa — — Das aufgewärmte Essen. Zeitbild aus Stadt Steyrs Vorzeit □ von Heinrich Kematmüller. was ihm gut dünkte und die Mönche I. Garsten fanden oft das leere, recht un¬ Sa, wo heute am Umbug der Enns behagliche Nachsehen, ohne gegen die #oberhalb des Oertchens Lahrndorf Wegnahme ihres Eigentums ein Recht die Brücke über die Enns führt, stand irgendwo zu finden. am linken Ennsufer, knapp an der Brücke Der „gelbe Tobias“ war ein wüster ein Gehöft, das aus dem dem Wirtshaus Geselle wie sein edler Herr, machte wenig genannten Teil, einem daranstoßenden Unterschied zwischen mein und dein und Wohngebäude und anschließenden Wirt¬ war immer bestrebt, seinen edlen Herrn schaftsräumlichkeiten bestand. Es war zu hinterbringen, wo es etwas zu holen alles in recht schlechtem Zustande, denn gebe, daher der Losensteiner dem gelben der Wirt war ein Leibeigener des Rit¬ Tobias auch wohl geneigt war und ihm ters Hartneid von Losenstein, eines gerne einen kleinen Handel mit allerlei tapferen, aber sonst recht wüsten Ge¬ Krimskram nebstbei gestattete. Dazu hatte sellen, der für die Erhaltung seiner Bau¬ er zwar kein Recht, denn das zu erlauben lichkeiten nicht viel übrig hatte und war Landes= und Stadtsache, aber in deren Erhaltung gerne seinen Leib¬ damaliger Zeit kümmerten sich viele der eigenen überließ, die Gott dafür dan¬ adeligen Herren wenig oder gar nicht ken konnten, daß er sie in Haus und um Land und Stadt und das Recht gab Hof beließ, was, nach den Gebräuchen ihnen ihre eisengepanzerte, schwertbe¬ und Sitten der damaligen Zeit — man wehrte Faust. chrieb das Jahr 1371 n. Chr. — als Am Vormittage des Festes Maria große Gnade zu betrachten war. Und Geburt herrschte schon im Hause des der Wirt, der „gelbe Tobias“ von seinem Wirtes reges Leben. Der Wirt hatte langen blonden Haar und dem gelben trotz des Marienfesttages sein schlechtestes Lederwams, das er täglich trug, so ge¬ gelbes Wams angezogen, an dem die heißen, verdiente diese „Gnade“ seines blaue Einfassung zumeist ausgefranzt Herrn und lohnte es dem Gewaltigen herabhing und dessen verschmiertes Aus¬ dadurch, daß er für denselben und seine sehen langjähriges Tragen verriet und feinen Gäste einen guten Tropfen schenkte auch Hose und Stiefel zeigten von starkem und stets was ausgiebiges zum Zubeißen Gebrauche. Diese Kleidung trug der dazu hatte. Wirt immer, wenn sein edler Herr zu Besuch angesagt war, denn der durfte Der Losensteiner kam oft in diese seine Wohlhabenheit nicht merken, was Gegend, denn er hatte viel im Kloster zu der Leibeigene verdiente, gehörte dem Garsten zu tun, d. h. er machte sich dort Herrn und der Losensteiner war keiner, viel zu schaffen, denn der Garstner da¬ der seinen Untertanen was in der Haut malige im Aufschwunge begriffene Wohl¬ ließ, nahm was er fand und das nicht habenheit stach dem edlen Herrn gar ge¬ immer auf die höflichste Weise. waltig in die Augen und er nahm davon, # 12

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