Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1917

152 Uebrigens arbeiten an der Bahnhof¬ planierung, sowie an der Brunnenver¬ setzung und Straßenumlegung in der Feldgasse bei 250 Arbeiter, und da es auch bei der Eisenindustrie wieder be¬ deutend Arbeit gibt, so herrscht jetzt hier ein sehr reges Leben. Am 19. Mai erkaufte die Spar¬ kassa, welche seit ihrem Beginne 1857 im Rathause im 1. Stocke vorwärts ohne Zinszahlung amtierte, das den Steiblschen Kindern gehörige Karl Gasthaus Nr. 39 um 28.000 fl. Das Silberagio stand Ende Mai 23%. Der Armaturfabrikant Herr Werndl hat auch die sogenannte Doktor¬ mühle Nr. 188 in der Badgasse und ein Verwandter der Maschinenfabrikant Rupert Rathner die Heindlmühle dasebst, Nr. 177, erkauft, welche beide in Fabriksgebäude umgestaltet werden Sehr heftig und gefährlich sind in die¬ sem Jahre die Gewitter. Am 3. und 4. Juni mit wolkenbruchartigen Regen¬ güssen, wallnußgroßen Schlossen, welche in Steyr ein paar tausend Fenstertafeln zertrümmerten und in einem ¾ Stunden breiten und 4 Stund. langen Striche von Aschach bis Haag und Weistrach un¬ zählige Baumfrüchte und Futterkräuter, besonders aber sämtliche Kornfelder total verwüstete. Am 7. und 14. wieder starke Gewitter mit Schlossen. Bei der Eisenbahn waren am 14. Juli die Hauptmauern des Stations¬ gebäudes vollendet, sowie auch die 2 Anbauten und wurde mit der Ueber¬ brückung des Ramingbaches begonnen. Zu Ende Juli wurde auch der Bau des Warenmagazins angefangen. Die Legung der Gasröhren in allen Gassen, welche seit 13. Mai mit vielen Arbeitern und großer Energie be¬ trieben worden ist, wurde am Schlusse des Juli beendet, hat daher 11 Wochen gedauert, wonach die Aufstellung der Kandelaber und Laternen begann. Am 12. Juli abends 6 Uhr ist im Hause des Seidenfärbers Johann Corra Nr. 50 im unteren Ort Feuer aus unbekannter Ursache ausgebrochen, und sind bei völliger Windstille nebst diesem auch noch die nächsten Häuser Nr. 47, 48, 49, 51, also im Ganzen 5 Häu¬ ser abgebrannt. Die neue Turnerfeuer¬ wehr hat mit ihrer ausländischen Spritze ehr wirksam gearbeitet. Am Sonntag den 11. August feierte der neu entstandene Veteranenver¬ ein in der Stadtpfarrkirche sein Fahnenweihefest und abends ein Volksfest in Crammers Garten mit großem Gedränge, wobei die Musik¬ banden des hiesigen und des Sierninger Bürgerkorps spielten. Am 19. August begannen die Pro¬ ben mit den Gasflammen und auch die Röhrenlegung zum Strafhause nach Garsten. Am 21. abends und am 22. den ganzen Tag weitere Proben mit den Kandelabern am Stadtplatze. Am 23. kam der Gasfabriksinhaber Ludw. A. Riedinger aus Augsburg mit seinen zwei Söhnen zur Beleuch¬ tungseröffnung hieher, welche auch am 24. August abends in der ganzen Stadt stattfand und sehr gelungen aus¬ fiel; dann Festessen im Gasthause „Zum Schiff“ mit 50 Gedecken. Zur öffentlichen Stadtbeleuch¬ tung brennen (mit Ausnahme im äußeren Aichet) gegenwärtig 135 Gas¬ flammen, dagegen werden die Werndl¬ schen Fabriken allein über 400 und das Strafhaus in Garsten ebenfalls über 400 benötigen. Außer diesen be¬ teiligen sich jetzt noch 60 Private an dieser Anstalt. Am Eisenbahnhofe ist außer der Verputzung des Stationsgebäudes, Her¬ stellung der Grundmauer zum Waren¬ magazin, eines Ziehbrunnens zum Heiz¬ hause usw. sonst nichts wesentliches ge¬ schehen, wogegen bei der Ueberbrückung des Ramingbachtales mit großartigen Maschinen und vielen Fuhrwerken und Menschen gearbeitet wird. Seit dem Jahre 1847 gab es nie eine solche Menge Obst, besonders Aepfel, wie heuer.

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