Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1917

und blieben 1½ Bat. nebst Stab hier im Standquartier mit einer aus¬ gezeichneten Regimentsmusik. Am 13. Gottesdienst in der Stadt¬ pfarrkirche und dann Medaillenverteilung am Pfarplatze. Vom 14. bis 20. Sept. kamen nicht weniger als 800 Mann dieses Regiments aus der preuß. Kriegsge¬ fangenschaft an, wodurch dann das hie¬ sige Standquartier auf 40 Offiziere und 1200 Mann erhöht worden ist. Am 22. kam das ganze Regiment hier zu¬ sammen und marschierte dann am 23. September nach Agram ab. Am 21. kamen auch noch das 32. Jägerbataillon und ein Militärhengstendepot, so daß es am 21., 22., 23. hier förmlich von Militär wimmelte und wohl seit den Franzosenkriegen niemals auf einmal bequartiert war; zusammen über 4000 Mann. Im ganzen Monate Sept. sind vom Quartieramte 665 Offiziers= und 26.233 Mannschaftsschlafquartiere ange¬ wiesen worden. Vom 21. bis zu Ende September sind hier im Krankenhause 1 Soldat, 2 Waisenmädchen und 1 Hausierer und in Schönau ebenfalls 1 Hausierer an der Cholera gestorben. In diesem Monate wurde über das Vermögen der Kohlkummunität wirklich der Konkurs eröffnet und es hat bei derselben wirklich eine heil¬ lose Wirtschaft stattgefunden, daher es, indem dies bereits das zweite Falliment ist, wohl außer Zweifel steht, daß un¬ sere kleinen Eisenindustriellen zu einer Assoziation gar keine Eignung besitzen. Die Militärdurchmärsche und Einquartierungen dauern noch immer fort. Vom 1. bis 6. Oktober das ganze 10. Husarenregiment aus Nieder¬ österreich nach Wels, vom 6. bis 9. vier Eskadrons des 1. Dragonerregiments aus Italien nach Böhmen, vom 20. bis 26. ein Bataillon Jäger und 4 Batail¬ lons Infanterie der königlich= sächsischen Armee. In diesem Monate erhielt auch unsere infolge des Krieges gänzlich eingeschlafen 149 gewesene Eisenbahn=Angelegen¬ heit wieder neues Leben, indem von dem Zentralkomitee in Wien dieser Bahnbau durch die Eisenindustriegegen¬ den Kärntens, Steiermarks und Ober¬ österreichs als ein wahrer Notstandsbau Allerhöchsten Orts dringend geschildert worden ist, und wirklich auch am 18. Oktober die kaiserliche Konzession er¬ hielt. Der im März begonnene Bau der Gasfabrik kam nach dem Frieden wieder in gehörigen Gang und sind die neuen Gebäude am Kohlenanger äußerlich be¬ reits vollendet. Am 14. November kam dann die end¬ giltig bestimmende Eisenbahnbege¬ hungskommission bestehend aus: dem k. k. Handelsministerial=Eisenbahn¬ Inspektor Kalik, einem Hauptmanne des k. k. Generalstabes, dem k. k. ober=österr. Statthaltereirate von Moor, dem k. k. Baurate Knobloch, dem hiesigenk. k. dem Bezirksamtsadjunkten Altwirth, k. k. Bezirksing. Mooshammer, dann dem Oberingenieur Kazda als Abgeord¬ neten des Eisenbahnzentralkomitees und Bevoll¬ dem Herrn Schwarz als mächtigten der Bauunternehmung — aus St. Valentin im Stadtbezirke an, wo sich dann noch unser Herr Bürgermeister der Kommission zugesellte. Schon beim sogenannten Kupferschmiedgarten in Ennsdorf kam es mit dem Besitzer Mi¬ chael Haratzmüller, einem kinderlosen Kapitalisten, zu einer heftigen Debatte, welche damit endete, daß ihm der Bau¬ unternehmer Schwarz die ganze Garten¬ realität nebst zwei Gebäuden und Feld, welche der erstere erst vor wenigen Jah¬ ren um 11.000 fl. gekauft hatte, um 22.000 fl. abkaufte. Außer diesem hat sich auch der Lebzelter und vormalige Bürgermeister Anton Haller als Besitzer des Gartens und der Felder auf der Ennsleiten sehr feindselig gegen den Ei¬ senbahnbau benommen. Am 16. Septem¬ ber kam aber demungeachtet die für Steyr so wichtige Bahnfrage zu einer günstigen Entscheidung.

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