Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1916

hier hat sie guten Boden gefunden, diese Irrlehre; habt ihr noch nie von den „Waldensern“ gehört, gegen die hierorts im Geheimen schon seit Jahr 7 und Tag untersucht wird?“ Bruno sah ihn ziemlich erstaunt an. „Nie,“ sagte er, „was soll's da¬ mit?“ ∆0 ich will's euch sagen, aber „Nun haltet mir reinen Mund —“ und er be¬ gann leise seinem Gefährten zu er¬ zählen. „Gottes Blut,“ meinte dieser, als Hannes Adelwanger geendet, „also so stehen die Dinge? Na, diesem Gesindel muß man zu Leibe gehen, ihr habt recht und ich stehe euch gerne zu Diensten! Und wie scheinheilig das Volk ist —77 Herr Peter selber „Pst — still, mein Lieber,“ flüsterte der Andere. „Wir sind ja da, um Neuigkeiten zu erfahren, da macht man den Mund zu und die Augen und Ohren He, Jungfer!“ auf. Der Ruf galt dem Käthchen, das eben vorbeikam. „Was befiehlt der Herr?“ frug das Mädchen, stehen bleibend, nicht eben sehr freundlich. „Wein, schöne Jungfer, sagte der Adelwanger süßlich und suchte ihre Hand zu erhaschen, die sie aber hastig zurückzog. „Nur nicht so spröde; mit anderen Leuten ist sie wohl freundlicher.“ „Andere Leute sind auch etwas fei¬ ner,“ entgegnete Katharine schnippisch, nahm den Krug vom Tische und ent fernte sich eilends. Wenige Augenblicke darauf brachte sie den gefüllten Krug zurück und stellte ihn auf den Tisch. „Ihr habt heut viel der Gäste, be¬ gann Bruno ein Gespräch und trank ihr zu. „ist „So, so,“ machte Katharina, eben Feiertag. „Aber da sollte man doch glauben, daß die vom Land zuhause bleiben,“ sagte Adelwanger lauernd. „Werden halt Geschäfte hier in der Stadt abwickeln,“ zuckte das Mädchen 37 gleichgiltig die Schultern. „Jeder weiß, was er tut. Ganz richtig Jungfer,“ spöttelte Adelwanger, „auch die wissen's, was sie tun, die dort hinter der Tür verschwin¬ den und nicht mehr wiederkehren müßt ein gar großes Geschäftshaus dort und er deutete mit hinten haben,“ — der starkknochigen Hand nach dem schma¬ len Türchen, das anscheinend in eine Nebenkammer führte. Das Mädchen wechselte einen Augen¬ blick die Farbe, allein schnell gefaßt sagte es: „Ist eben auch ihre Sache, wie Spio nieren die euere,“ — drehte sich kurz um und ging. Gehört auch zu der Bande,“ murrte Adelwanger giftig. „Will ihr's ein¬ tränken. Bei Herrn Peter und seinen Weibern gilt auch das Sprichwort: Hoch¬ mut kommt vor dem Falle.“ Mittlerweile hatte sich die Gaststube ziemlich geleert. Jetzt erhoben sich auch Adelwanger und Bruno und verließen das Haus. „Es ist heut nicht mehr viel zu machen, sagte Adelwanger. „Die Leute sind schlau wie die Füchse, aber nun weiß ich genau, wo sie ihre Zusammenkunft halten und kenne auch einige Mitglie¬ der, die anderen werden da wohl zu finden sein. Haltet nur reinen Mund, Herr Bruno; haben wir die Bande, wird's für uns an Lohn nicht fehlen.“ Der andere nickte, wickelte sich fester in seinen Mantel und stieg nach kurzem Gruß den Schloßberg hinan, während Adelwanger den Weg gegen den Grün¬ markt einschlug. Nach der Entfernung dieser beiden Gäste veränderte sich der Anblick in der Stube wesentlich. Die paar noch anwesenden Gäste erhoben sich gleich¬ falls und traten durch die kleine Tür ab. Herr Peter trat vor die Schank¬ zimmertür, sah scharf prüfend auf die finstere Gasse hinaus, schloß dann den Laden, verlöschte die Kerzen und trat

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