Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1916

26 Handelsministeriums, worin die Bahn Bruck— Haag unter die wichtigsten, jedenfalls in kürzester Zeit zu erbauen¬ den Bahnen aufgenommen ist, und hier¬ auf hat sich das englische Bankhaus Pickering zur sogleichen Vornahme der Trassierungsarbeiten bereit erklärt, und damit trat die Angelegenheit erst in das wirklich praktische Stadium. Die neue und große Werndlsche Gewehrfabrik in Steyr und Let¬ ten hat nun wegen Mangel an Ab¬ satz ihre Arbeiten gänzlich einge¬ stellt, wodurch wieder mehrere hun¬ dert Arbeiter brotlos geworden sind, während andererseits die kleineren Stahl¬ warenerzeuger ohnehin schon längst ihrer gänzlichen Verarmung entgegen¬ gehen. Am 24. August reisten endlich die den ganzen Sommer hier gewesenen Fortifikationsoffiziere ab u. blieb nur noch ein Generalstabsmajor hier. Die praktischen Folgen dieser Arbeiten hängen von der höchsten Ent¬ schließung ab. Am 25. August wurde der ebenfalls von dem gewesenen Braumeister Mich. Haratzmüller gespendete und von dem Bildhauer Westreicher in Linz um 1100 Gulden verfertigte vorderste Al¬ tar im rechten Seitenschiffe der Stadt¬ pfarrkirche aufgestellt und hierauf am 28. September bei Gelegenheit der Fir¬ mung vom Bischofe eingeweiht. Am 27. August schloß die Stadt¬ gemeindevorstehung mit dem Bevollmäch¬ tigten der Ludw. Aug. Riedingerschen Fabrik in Augsburg den Vertrag zur Einführung der Gasbeleuch¬ tung ab. Es wurden 130 öffentliche Flammen, worunter 20 Laternen auf freistehenden Kandelabern und jährlich 200.000 Brennständen à 1½ kr. be¬ dungen. Die Stadt muß 1 Joch Grund zur Erbauung des Gasometers unent¬ geltlich der Fabrik ins Eigentum über¬ geben, auch die bei der Nöhrenlegung etwa notwendigen Felsensprengungen selbst besorgen, alle übrigen Bau= und Einrichtungskosten aber trägt die Fa¬ brik. Die Dauer des Beleuchtungsver¬ trages ist auf 30 Jahre bestimmt, und soll die Beleuchtung mit Ende des künf¬ tigen Jahres beginnen. Die ganze Be¬ leuchtung wird uns also, da noch etwa 10—12 Lampen in den äußersten Tei¬ len der Vorstädte mit Oel zu beleuch¬ ten sein werden, beiläufig um 1000 Gulden jährlich mehr kosten, als die gegenwärtige Oelbeleuchtung, also bei¬ läufig 3300 fl. Am 28. und 29. September wur¬ den in den beiden Pfarrkirchen 2522 Firmlinge gefirmt. Die allgemeine Verarmung macht hier riesige Fortschritte, bereits haben sich die beteilten Armeninstituts¬ pfründner und die verpflegten Siechen hier um 80 vermehrt, und ist gar keine Aussicht auf eine Besserung der all¬ gemeinen Gewerbsverhältnisse, welche im ganzen Reiche total darniederliegen, und ebenso klagen die Oekonomen, de¬ ren Produkte bei den hohen Steuern keinen Absatz finden und unverhältnis¬ mäßig billig sind: 1 Metzen Weizen 4 fl., Korn 2 fl. 50 kr. Infolge des am 24. August mit der Augsburger Fabrik L. A. Riedinger we¬ gen der Gasbeleuchtung abgeschlossenen Vertrages wurden im Oktober unter In¬ tervenierung des anhergesandten Inge¬ nieurs für den Gasometerbau ver¬ schiedene Plätze: der der Stadtkommune eigentümlich und von der Kohlkommuni¬ tät bis 1. August 1865 gepachtete Kohl¬ anger bei der Steyr, dann die bucke¬ lige Wiese daselbst, ein Feld im Schlüs¬ elhof und ein Feld außerhalb Enns¬ dorf besichtigt. Aber teils wegen zu chwieriger Nöhrenlegung, teils zu gro¬ ßer Kostspieligkeit (3—5000 fl.), der an¬ deren Plätze, konnte nur der Kohl¬ anger als geeignet befunden werden, weil er erstlich nichts kostet, bequem gelegen ist, ohnehin bald dessen Pach¬ tung erlischt und von der bereits im Zugrundegehen begriffenen Kohlkom¬ munität seit mehr als zwei Jahren gar

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