Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1916

lich 525 fl. Die neue Realschule hatte schon gleich anfangs einen guten Ruf, denn es traten in dieselbe sogleich 83 Schüler ein, wovon die Hälfte von aus¬ wärts kamen. Am 15. Oktober trat endlich Dr. Pierer nach vielen vergeblichen Ge¬ suchen und Machinationen, in der hies. Frohnfeste seine vierwöchentliche Ar¬ reststrafe an, und das wäre auch der Zeitpunkt gewesen, wo der Bürger¬ meister A. Haller mit allen Ehren seine Stelle hätte niederlegen können, welchen er aber nicht benützt hat. Da, wie bereits erwähnt wurde, unsere Eisenindustrie nun schon seit länger als einem Jahre ganz darnieder¬ liegt, weil selbe bei dem gegenwärtig niederen Silberagio, den hohen Eisen¬ und Stahlpreisen, und dem noch über¬ dies sehr schlechten hauptgewerkschaft¬ lichen Materiale mit dem Auslande un¬ möglich konkurrieren kann, so ging dies¬ falls eine Deputation hiesiger Stahl¬ warenerzeuger zu Sr. Majestät dem Kai ser, und schon nach wenigen Tagen kam auch eine Ministerialkommision aus Wien zur Untersuchung, welche sich selbst ganz unangemeldet in verschiedene Werkstätten begab und sich vorschmieden ließ. Eine Preisherabsetzung des Mate¬ riales um ein paar Gulden und scharfe Aufträge an die Eisenwerksdirektion, die schon lange Zeit hier über 30.000 Zent¬ ner, größtenteils nicht gesuchtes und we¬ nig verwendbares Materiale am La¬ ger liegen hat, war die vorläufige Folge. Im Oktober fanden auch zwischen der Gemeindevorstehung und einer englischen Gasgesellschaft in Wien wegen Errich¬ tung der Gasbeleuchtung hier, an¬ statt der bisherigen, ganz ungenügenden Oelbeleuchtung, welche letztere bei 140 öffentlichen, zum Teil argantischen Lampen jetzt jährlich bei 2300 fl. kostet, Verhandlungen statt, welche aber vorder¬ hand zu keinem Ergebnisse führten. 23 Die Opposition des gegenwärti¬ gen Gemeinderates und eines gro¬ ßen Teiles der Bevölkerung gegen den Bürgermeister, Anton Haller dauert auch im November fort und hemmt be¬ reits dessen ganze Amtswirksamkeit. Im Dezember stachelt der hiesige Ad¬ vokat Dr. Jakob Kompaß, dessen be¬ reits jahrelange Bemühungen wegen Zustandebringung einer Eisenbahn¬ verbindung zwischen der Süd= und Westbahn hier bei der Gemeinde¬ vorstehung bisher keinen rechten An¬ klang gefunden hatten, nun auch un¬ seren Gemeinderat zu einer energischen diesfälligen Einflußnahme auf. 1864. Dieses Jahr beginnt unter weniger günstigen Verhältnissen als das vorige, denn in Deutschland herrscht ein gewal¬ tiges Zerwürfnis wegen Schleswig=Hol¬ stein gegen Dänemark, die polnische Re¬ volution ist noch immer nicht ganz be¬ endigt und die Revolutionspartei er¬ hebt, sogar sehr kühn ihr Haupt in Galizien und den Donaufürstentümern, besonders aber in Italien, daher auch von einem allgemeinen belebenden Ver¬ trauen keine Rede sein kann und bei der andauernden Geschäftslosigkeit und der neuerdings gewaltig erhöhten Steuern Landwirtschaft, Industrie und Handel gleichmäßig ganz erschöpft dar¬ niederliegen. Die von dem hiesigen Advokaten und Vizebürgermeister Dr. Jakob Kompaß schon durch mehrere Jahre unermüdet verfolgte Idee einer Verbindungs¬ eisenbahn der Süd= mit der Westbahn von Bruck an der Mur über Eisenerz und Steyr, welche sich in der Folge bis Budweis verlängern, dort an die böhmischen Bahnen anschlie¬ ßen und dadurch den Charakter einer europäischen Hauptverkehrsstraße erhal¬ ten könnte, und natürlich auch für die k. k. hauptgewerkschaftlichen Eisenwerke, den ganzen wichtigen Eisen=Industriebe¬ zirk in den Enns= und Steyrtälern,

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