Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1915

10 und Tochter des Torwarts hießen den Ankömmling herzlich willkommen, die Frau eilte in die Küche um einen Imbiß und Eva holte einen Krug Wein herbei, den sie mit freundlichem: „Gott segne eure Einkehr,“ auf den Tisch stellte. „Woher des Weges, Freund Kuno?“ fragte der Torwart den Fremden, der sich an den Kamin gestellt hatte, um seine nassen Kleider etwas zu trocknen. „In einem Ritt von Admont,“ ent¬ gegnete Kuno, ein älterer, nicht sehr aufgeweckt aussehender Mann in der Kleidung eines Kriegsknechtes und riel sich die erstarrten Finger. „Sankt Jo¬ sef, ddas war ein Botenritt — seit gestern früh bin ich unterwegs — bis Hieflau ging's, aber von da an lag Schnee, mußt' das Sträßlein knapp an der Enns verfolgen und viel Um¬ weg, erst von Weyer an traf ich guten Weg.“ „Muß eine wichtige Botschaft sein, so ihr zu vermelden habt,“ sagte der Torwart und sah zu, wie der An¬ kömmling einen tüchtigen Zug aus dem Kruge tat, „ist wohl für uns Ge¬ □ heimnis, was ihr bringt: „Ei, nicht doch,“ erklärte Kuno, „dank euch für die Labung recht sehr, hat mir not getan, wahrhaftig — kann ich hinauf zum gnädigen Herrn?“ „Hm,“ machte der Torwart bedäch¬ tig, „der Herr Herzog hat sich die edlen Herrn zu Gast geladen, so zu Wien Brautwerber gewesen, wird wohl nicht gestört sein wollen.“ „Alles schön,“ sagte Kuno, sich ver¬ legen am Kopfe krauend, „aber ich habe vom Herrn Abt zu Admont den Auftrag, so bald als tunlich meine Botschaft dem Herrn Herzog auszu¬ richten — freilich wird das die Freude droben stören, das seh' ich ein — Potz Blitz, was tu ich da nur gleich?“ [Und er sah hilfesuchend auf den Tor¬ wart und die Frauen, die neugierig den Worten des Gastes lauschten. „So lang ihr nicht sagt, was los ist, kann ich euch wohl nicht raten, entgegnete Aribo, den es schon lange drückte zu erfahren, was den Boten hierhergeführt habe, der aber seine Neu¬ gierde immer zu mäßigen verstand, „gibt's Fehde irgendwo? „Wenn's nur das wär'“ schüttelte der Fremde verneinend den Kopf, des¬ en Antlitz eine sorgenvolle Miene zeigte, „viel Schlimmeres — fürcht' sehr ungelegen zu kommen droben.“ „Ei, so legt doch endlich einmal los, zum Kuckuck,“ rief Aribo ungeduldig. „Ist wohl nicht alles richtig zu Ad¬ mont, he?“ „Nein,“ sagte Kuno bedächtig, „rich¬ tig schon gar nicht — unsere gnädigste Frau Kunigunde, so sich im Frauen¬ 77 kloster") bei uns befindet „Schickt euch her?“ „Nein, die schickt niemand mehr,“ platzte Kuno schwerfällig heraus, „denn sie ist vorgestern in der Nacht gestor¬ — Gott hab sie selig!“ ben Der Torwart und seine Familie schlugen vor Entsetzen ob dieser Nach¬ richt die Hände zusammen und stießen Rufe des Schreckens aus. „Hast du die schlimme Mär gehört, Hellwig,“ rief Eva dem eben eintreten¬ den Troßknechte entgegen, „wird der gnädige Herr erschrecken, wenn er's er¬ fährt.“ „Ja, das wohl, aber wie soll er's erfahren?“ sagte jetzt Aribo, sich von seinem Schrecken ob der unheilvollen Nachricht ermannend. „Ihr dürft nicht hinauf, bevor ich Herrn Gerung ge¬ sprochen. — Gott sei Dank, daß euch niemand kommen sah und ihr mir ge¬ radaus in die Hände laufen mußtet, ihr hättet mit eurer Dickköpfigkeit Schönes angerichtet, wenn ihr dem gnä¬ digen Herrn, der ohnehin leicht er¬ regbar ist, so mir nichts, dir nichts ins Gesicht gesagt hättet, seine hoch¬ edle (Frau Mutter sei gestorben. Tut euch nur ein Gutes hier bei mir, ich besorge es schon, daß ihr eure Nach¬ 2 Kunigunde, Ottokars VIII. Mutter, hatte sich dorthin zurückgezogen. — Das Frauenkloster in Admont ging in der Reformationszeit mangels an Insassinnen ein.

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