Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1914

der ihm in Petersburg zuerkannten An¬ sprüche brachte, da eine faktische Abtretung der ihm zugewiesenen Gebiete nicht er¬ folgte. Als aber dann die Türkei nieder¬ gerungen und die Sieger unter sich Kriegs¬ händel begannen, mobilisierte Rumänien, überschritt die bulgarische Grenze, nahm sich ohne einen Mann zu opfern das, was es von allem Anfang verlangte, die Grenz¬ linie Turtukaja—Baltschik und trat dann, nachdem Bulgarien nunmehr auch aus¬ drücklich diese Grenzlinie anerkannte, als König Carol v. Friedensvermittler zwischen den streitenden Balkanbrüdern auf. Auch Österreich=Ungarn nahm stets eine korrekte Haltung ein: es erklärte von An¬ fang an, daß es für sich keine Gebiets¬ erweiterung verlange, daß es aber darauf bestehen müsse, daß Albanien unabhängig und ein selbständiges Staatsgebilde werde, und daß Serbien ein eigener Hafen an der Adria nicht zugestanden werden könne. Dem Wunsch seines ehrwürdigen Friedens¬ fürsten gemäß ertrug es wohl, zur Ver¬ wunderung seiner eigenen Völker ruhig Unarten und Provokationen Serbiens und auch Montenegros, aber sein Stand¬ 69 punkt in Sachen Albanien und Adriahafen blieb unverändert aufrecht und ward schließlich auch von den Mächten der Tripelentente akzeptiert; es verstand übri¬ gens auch im gegebenen Moment mit dem nötigen Druck auf unbotmäßige Geister, und zwar mit Erfolg einzuwirken —die Räumung Skutaris von seiten der Monte¬ negriner ist der beste Beweis dafür. Und auch als Rußland auf dem Höhepunkt der Balkankrise, die damals auch eine gesamt¬ europäische Krise bedeutete, es für nötig Aumänien. fand, an der nordöstlichen Grenze Öster¬ reichs Truppenzusammenziehungen vorzu¬ nehmen und so die Monarchie zwang, mit militärischen Gegenmaßregeln, wie solche Maßregeln auch in der Nähe der kriegfüh¬ renden Balkanstaaten an der Südgrenze des Reiches nötig geworden waren, zu ant¬ worten, blieb Österreich=Ungarn fest bei einen Ansprüchen, und der direkten Inter¬ vention des an seiner Spitze stehenden Be¬ schützers des europäischen Friedens gelang es, auch mit Rußland ein Abkommen zu erzielen, das die Rückgängigmachung der an unserer Grenze von seiten Rußlands getroffenen militärischen Vorbereitungen

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