Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1912

Eine Ratzengeschichte. Humoreske vonMax Dürr. (Nachdruck verboten.) itten auf der Grenze, empor¬ Annchen! Der Referendar und sein 84 6 Schwiegersohn, nein, so was! Die M### ragend aus der übermanns¬ hohen Hecke, welche den Juristen waren ihm ein für allemal S zuwider! Wenn ihm während seiner Garten des Oberförsters a. D. Eisenbart von dem seiner Nach¬ Dienstzeit etwas Unangenehmes pas¬ barin, des alten Fräuleins v. Ebingen sierte, so kam es, weil irgend ein Jurist die Nase hineinsteckte, wo er nichts zu trennte, stand ein schöner großer suchen hatte, wenigstens nichts nach der Apfelbaum. Halb gehörte er herüber Ansicht des Oberförsters Eisenbart! halb hinüber und schon manchen Streit Und nun war es wieder gerade so! hatte es seinetwegen gegeben. In Soeben hatte er den Fall mit der dem dichten Blätterdache regte sich Katze auf die einfachste Art und Weise etwas, kaum merklich, langsam, Spanne erledigt, da führte der Teufel den Re¬ um Spanne kam es höher. Jetzt duckte ferendar herbei! Damit die alte Schach¬ es sich zum Sprunge, regungslos, un¬ tel einen Zeugen hatte! Das konnte beweglich, mit glühenden Augen ver¬ eine böse Geschichte werden! Daß Fräu¬ folgte es das ahnungslose Rotkehlchen, lein v. Ebingen Himmel und Hölle in das munter von Zweigchen zu Zweig¬ chen hüpfte. Bewegung setzte, war zweifellos! Wenn er in seinen alten Tagen noch Plötzlich ein Knall! Ein Rascheln, vor Gericht gestellt wurde! Ein leichter ein dumpfer, matter Fall, und die Schweiß trat ihm auf die Stirn. Er Katze des Fräuleins v. Ebingen fiel von erinnerte sich dunkel eines Paragra¬ dem Baume herunter! phen über Sachbeschädigung.—Was Drüben über die Hecke setzte der hatte auch dieser Mensch immer um sein Oberförster Eisenbart das Gewehr ab Haus zu schleichen! Aber die Weibs¬ und ein Zug grimmiger Zufriedenheit leute, die Weibsleute! Sie begünstigten flog über sein Gesicht. Dann sah er ihn ja noch! etwas scheu um sich und zuckte zusam¬ men. Bei dem Mittagessen herrschte eine „Bravo! Bravo! Herr Oberförster! schwüle Gewitterstimmung. Der Ober¬ Ein Kernschuß!“ Auf dem Fußwege, förster las die Zeitung, Frau Johanna der an den beiden Gärten vorüber¬ schwieg unmutig und das holde Töch¬ terchen starrte trübselig auf ihren führte, ging ein junger Mann, mit Teller. Die Unterhaltung war auf dem verbindlichem Lächeln zog er den Hut. Nullpunkt. Der alte Oberförster sah aus, als habe er Essig getrunken. Nicht eben „Aber, lieber Mann, begann Frau sehr freundlich erwiderte er den Gruß Johanna, „das ist doch gewiß nichts und ohne sich weiter auf ein Gespräch Unrechtes, das Picknick! Edelmanns einzulassen, schlug er sich in die dichten sind dabei, Lehmanns ... Büsche seines Gartens. Der Oberförster warf die Zeitung Zwei Dinge konnte der alte Ober¬ weg. „Und ich sage, es wird nichts dar¬ förster für seinen Tod nicht ausstehen, aus!“ rief er wütend, daß die Gattin nämlich die Katze seiner Gutsnachbarin erschrocken verstummte. „Und wenn er und sodann den Referendar Reineke. mir noch einmal in das Haus kommt, Erstere stellte seinen gefiederten Lieb¬ der Schleicher, so werfe ich ihn die lingen nach, letzterer aber ... seinem Treppe hinab!“

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