Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1908

mich vom Boden auf. Er muß gemerkt haben, daß ich von einem Kreuzl red', denn weg war er, wie weggeblasen.!) Mir aber ist die Lust zum wildern vergangen für diese Nacht und ich mach mich auf den Heimweg. Wie ich zur Laurenzi¬ kapelle komme, tritt der Mond aus den Wolken und ich schau mich an. Schaust gut aus, denk ich, wie ich mein zerrissenes Gewand und meine zer¬ kratzten Händ seh und mein Gesicht betast, gehst nimmer wildern, könnt der 25 Schwarze“ nit immer so gut aufg’legt sein, wie heut Nacht! 1) Gegen den „Bösen“ hilft nur ein Mittel: ein Krenzeszeichen schlagen oder ihm ein Krenz vorhalten und den Namen „Jesus“ dazu aussprechen. II. Der Schatz im Wenn man von Stadt Steyr nach der Wallfartskirche Christkindl geht und längs der Steyr einschlägt, so bemerkt man am rechten Ufer derselben auf einer Kuppe ein mittelalterliches Gebäude mit Ringmauern und Türmen. Gegen die Steyr fällt der Hügel fast senkrecht ab und während die Umgebung Wiesenland zeigt, ist diese Wand kahler Fels. Ueber diesen Fels hinab stürzt sich der ob seiner Wildheit bei Hochwasser sogenannte „Teufelsbach“ bildet einen sehr hübschen Wasserfall, füllt unten ein ziemlich ge¬ räumiges Becken aus und ergießt sich etwa zweihundert Schritte davon in die Steyr. In dieses Wasserbecken, in das der kleine Bach tosend und schäumend sein Wasser ergießt, soll ein Schatz ver¬ senkt worden sein; hier die Geschichte dieses Schatzes. Zur Zeit als die Franzosen Oester¬ reich durchzogen!) und überall plünderten, kam auch solch eine beutemachende Schar in ein Bauernhaus, das ganz in der Nähe des Wasserfalles des Teufelsbaches stand. Nachdem die Soldaten das Häus¬ chen rein ausgeplündert hatten, entfernten 1) 1809. Marschall Lannes, Napoleons I. Freund der bei Aspern fiel, war anfangs Mai in Stadt Steyr im Gasthof „Schiff“ einquartiert. 99 So hab' ich seit langer Zeit wieder einmal bet' und dem hl. Laurenzi mein Verspechen geben, deswegen — aus is mit'n wildern bei mir, der „Böse“ hat mir ein Deuter geben — und der Schwarze' war's, das laß i mir nit nehmen, denn kein Jäger hat mich noch berührt, hätt sich auch keiner traut. Wegen den Jägern hab' ich's nit aufgeben, das Wildern, aber mit dem „Schwarzen“ fang i nit mehr an! So, jetzt wißt ihr's, Leutl!“ Der „rote Filz“ trank sein Bier aus und begab sich lautlos heimwärts „wildern“ ist er aber wirklich nimmer gegangen. Teufelsbach. sie sich bis auf einen, welcher, habgieriger als alle anderen, dem Bauer den Lauf seines Gewehres in das Gesicht hielt und da er wenig oder gar nichts deutsch ver¬ tand, nur mehreremale das Wort „Geld“ zu rief. Umsonst beteuerte der Bauer, er habe kein Geld, der Soldat legte sein Gewehr an und sagte drohend: „Ick chießen!“ Dies wirkte. Der geängstigte Bauer zog aus dem Backofen, der in der Stube stand, einen sehr großen Beutel mit Du¬ katen gefüllt hervor, überreichte ihn dem Soldaten, welcher das Gewehr sinken ließ und, den Bauer immer dabei beobachtend, mit leuchtenden Augen das Geld zählte, das eine namhafte Summe ausmachte. Dann nahm er zwei Stück Dukaten und übergab sie dem Bauer, einige Worte in seiner Muttersprache dabei murmelnd, die wahrscheinlich sagen sollten, er wolle den Bauer nicht ganz aller Mittel ent¬ blößen und er gebe ihm diese zwei Du¬ katen als Notpfennig. Hierauf entfernte sich der Soldat in der Richtung gegen den Wasserfall des Teufelsbaches. Kaum war der Soldat aus der Stube, als zwei junge, kräftige Männer, die Söhne des Bauers, in die Stube traten.

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