Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1908

„Med (mit) onsrer Macht ist's net ge¬ tan, wenn's onsre Fru (Frau) will 7 anders han. singen noch heute die Ehe¬ männer scherzend auf den Dörfern in Niederdeutschland; wer unserem biederen Meister Wambach gesagt hätte, daß es ihm in seinem Hausregiment auch nicht besser wie jenen Bauern ginge, hätte sicher auf derben Widerspruch bei ihm rechnen können. Frau Wilhelmine kannte aber ihren lieben Hangörg viel zu gut, als daß sie nicht in Liebe und Güte bei ihm alles, was sie wollte, hätte durchsetzen können. Bei solcher Lage der Dinge kam es in der Tat dazu, daß zu Lieschens Hochzeit doch Dortchen im vollen Putz und dem landesüblichen Bänderschmuck mit Hans zur Kirche und zum Tanze ging; dem verständigen Zureden seiner Ehehälfte hatte der Meister sich auf die Dauer nicht verschließen können und endlich die Erlaubnis dafür gegeben. Aber in der Hauptsache sollte der Alte doch recht behalten, wenn er jede zu große Annäherung der beiden jungen Leute gefürchtet hatte, denn vierzehn Tage nach jener Festlichkeit erschien eines Sonntags nach der Kirche der Ober¬ geselle bei ihm, sagte es frank und frei heraus, daß Dortchen und er sich herzlich lieb hätten, und — hielt in aller Form um ihre Hand an. Es hätte wenig gefehlt, so hätte der T. Meister den jungen Burschen zur Tur hinausgeworfen, so erzürnt war er über die „Unverschämtheit“ desselben, wie er es nannte; so aber wies er den unange¬ nehmen Freier noch ziemlich ruhig, doch desto bestimmter ab. Im Innern der Familie dagegen ließ er seinem Ingrimm die vollen Zügel schießen; so stürmische Tage, wie in dieser Zeit sich über Frau Wilhelmine und ihrer schönen Tochter st austobten, hatte man in dem sonst stillen Hause Meister Hangörgs noch nich erlebt. Der Alte ging von früh bis spät wetternd und fluchend treppauf, treppab Schön=Dortchen schwamm ganz in Tränen und wagte sich kaum hinaus auf die offene Straße, aus Furcht, man möchte aus ihren bleichen Wangen das traurige Liebesleid ihres Herzens her¬ 53 auslesen. Nur die Hausfrau behielt in den häuslichen Stürmen den Kopf oben und waltete mit gewohnter Ruhe und Würde ihres Regiments im Hause un¬ bekümmert um die böse Laune ihres Gatten, unbewegt durch die rotgewein¬ ten Augen Dortchens! Sie wußte es daß erst der Sturm bei ihrem lieben Alten ausgetobt haben müßte, ehe ein gutes Wort auch einen guten Ort bei ihm finden würde. — Der erste Versuch freilich, fur die beiden Liebenden bei Meister Hangörg zu sprechen, schlug ihr noch fehl, als aber eines Tages der alte, biedere Köhler kam und dem Gevatter ein tüchtiges Licht aufsteckte über die ganz außerge¬ wöhnliche Tüchtigkeit und die trefflicher Sitten seines Obergesellen, da begann auch Meister Wambach allmählich einzu¬ sehen, daß er im Grunde genommen gar keine Ursache habe, einer Verbindung seines Dortchens mit Hans Buhmann so sehr entgegen zu sein, und daß es ein Unrecht gewesen, den Freier nur deshalb abzuweisen, weil ihm das Geld gefehlt, während derselbe doch noch eine viel solidere Grundlage als dieses zu bieten hatte, nämlich seine außergewöhn¬ liche Geschicklichkeit in seinem Hand¬ werk. Und als Meister Köhler nach einigen Tagen wiederkam, um sich Be¬ scheid zu holen, hatte Frau Wilhelmine ihren „Tyrannen“ schon so weit ge¬ zähmt, daß er meinte: „Nun, Gevatter, ich hab' mir's über¬ legt, mag's denn drum sein! Euer Ober¬ gesell' soll Dortchen haben, aber eins mach' ich mir dabei aus, er muß ein Meisterstück zum Losspruch vom Gewerk bringen, wie es noch keiner unserer Lade vorgelegt hat; bis dahin aber bleibt der Verspruch zwischen uns! „Abgemacht!“ hatte da der Meister ge¬ freudig geantwortet ihm die Hand schüttelt und war nach Hause geeilt, um seinem Obergesellen die frohe Botschaft zu bringen. 3. Seit diesem Tage ging mit dem Ober¬ gesellen Hans Bühmann eine große Ver¬

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