Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1907

Donau hinabgezogen, die Ungarn zu be¬ fehden. Zuerst war es nur ein kleines Fähnlein, das wir in Oberschwaben ge¬ worben, aber wie wir in die österreichi¬ schen Lande kamen, da war des Jubels kein Ende, und unser Haufen wuchs von Stunde zu Stunde, so zahlreich eilten die Landleute zu uns! Wie wir also fast ohne Widerstand vor Wien kommen, haben die Burschen die Stadt schon ge¬ räumt nur in der Burg hielt sich noch ein feindlicher Haufe — es waren tapfere Leute, muß ich sagen, wenn auch schlechte Christenmenschen. Jede Aufforderung zur Uebergabe wiesen sie ab, und da wir kein Geschütz hatten außer einer kleinen Feldschlange und der König auch sein väterliches Schloß nicht zu arg schädigen wollte, hieß erwarten bis der Hungen ihren harten Sinn brechen würde. Und so kam es. Nach acht Tagen versuchten sie sich durchzuschlagen und machten einen Ausfall nach der Donau zu. Da wollte nun der Zufall, daß ich gerade da befehligte und der Herr auch zufällig dort war, um die Feldschanze zu besich¬ tigen, die wir auf seinen Befehl aufge¬ worfen. Er war gar nicht 'mal gerüstet aber du kennst ja den Max, wie der Blitz war er im Sattel und mitten unter ihnen. Ich natürlich immer an seiner Seite. Kommen da plötzlich zwei von den Burschen über mich her und wie ich mich ihrer kaum erwehrt habe und um¬ schaue, hat den König eine ganze Horde von den Kerlen angefallen, und wäh¬ rend einer dem Pferd von vorn über die Nase haut, daß es gleich hinstürzt, grei¬ fen zwei andere meinen Herrn an, der nur sein Schwert hat und ohne alle da andere Rüstung ist. Schon wankt er, komme ich grad' noch zurecht und na, das Uebrige könnt Ihr Euch ja denken, da wir alle beide, der Max und ich, heute hier munter und wohlgemu in Worms sind. Hab' nur einen harten Schmiß da oben am Kopf bekommen, das war alles. Dürkheim war aufgesprungen. „Und das nennst du nichts,“ rief er erregt aus, „wenn du deinem König das Leben, 55 dem Reich seinen Herrn gerettet hast? Aber so ist der Junge, nicht ein Wort hat er davon gesprochen, womit sich manch anderer eine Grafschaft ergattert 77 hätte. Und der Alte umhalste Bodo, vor Freude außer sich, bis er endlich in die C Worte ausbrach: „Ich hab' dich immer mein Junge genannt, von heute al nenn' ich dich mein Sohn! Maximilian I. war damals sechsund¬ dreißig Jahre alt und stand in der Voll¬ blüte seiner männlichen Kraft. Ein schöner hochgewachsener Mann mit edel¬ gewölbter Stirne, stolz gebogener Adler¬ nase und lebhaften blauen Augen konnte er wahrlich gar wohl als das Bild des stolzen Rittertums gelten, dessen höchsten Führer er war, ein echter und rechter deutscher Mann und Held Bei ihm war nun heute Bodo von Scharffenstein zum Ehrendienst befohlen. ge¬ In glänzender Tracht, auf prächtig zum schirrten Rossen ritten sie hinaus der Turnierfest, dicht neben dem König Schildträger, weiter zurück die Gefolg¬ und schaft. War gar ein Flimmern Glänzen die breite Straße nach Pfifflig¬ heim hinaus, wo der Zug vorbeikam; so neugierig und fast geblendet von schimmerndem Glanze, schauten die Frauen und Mädchen aus den Fenstern und winkten mit Fahnen und Tüchern dem kaiserlichen Herrn zu. „Habt Euch rar gemacht, Ritter, wandte sich der König gnädig zu seinem Schildträger, „'s ist nicht recht von Euch daß Ihr Euch zu meinem Gefolg be¬ fehlen laßt, wo doch grad' Euch Euer Platz gewiß ist. Der Ritter errötete und stammelte einige verlegene Worte. wollt „Weiß wohl, Scharffenstein, Euch nicht vordrängen. Aber man hört doch von Euch; 's ist mir wohl erzählt worden, wie mutig Ihr Euch neulich vor dem Dom benommen habt, als Ihr dem — war eine Kindlein das Leben rettetet brave Tat, die ich loben muß. Wieder ritten sie ein Stück Wegs schweigsam nebeneinander. Dann hob

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