Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1907

23 Mahmuds Kinderchen. sich der Oberst, ein kleiner, dicker Mann, I. wen¬ an einen großen, mageren Soldaten Sin heftiges Kleinfeuer wurde von dend, der einen Arm in der Binde trug. — P den russischen Vorposten abge¬ Beide saßen auf der Terrasse eines tür 1geben und von den türkischen kischen Hauses. 85 Vorposten ebenso lebhaft er¬ „Da haben Sie recht! Und nicht ein¬ widert. Der Nebel war so dicht, daß man mal Briefe aus der Heimat gibt's!“ ich die dunklen Gebirgsmassen des Balkan „Das ist meine geringste Sorge; kaum zu unterscheiden vermochte, und kenne unsere Militärpost leider nur zu ge¬ die Berge glichen den Wolken, die auf nau! die Erde herabgestiegen zu sein schienen, „Gleichviel, mit welcher Freude sieht um dort die Nacht zuzubringen. In der man nicht die Handschrift seiner Lieben Ferne zerriß ein rötlicher Flecken den Ne¬ wieder! Aber das Weihnachtsfest im Schip¬ bel, vielleicht ein türkisches Bivouakfeuer kapaß zuzubringen und den Neujahrstag oder der Reflex des Brandes irgend eines hier, das ist nicht angenehm! Und inzwi¬ vereinzelt liegenden Pachthofes. Die Ko¬ schen ist in der Heimat der Weihnachts¬ saken hefteten ihre scharfen Augen nach baum angezündet, und die Kinder springen dieser Richtung, doch umsonst, denn es um ihn herum. Ihre Frau und Ihre war ganz unmöglich zu unterscheiden, was Man Kinder sind sicher bei den Meinen. hinter diesen undurchdringlichen Schatten sind spricht von uns. Und wahrscheinlich verborgen lag un¬ sie über unser Stillschweigen ebenso — Die Turken hatten das Feuer eröffnet, ruhig wie wir über das ihre. Als ob und die Russen begnügten sich, es zu er¬ wir schreiben könnten, wir, die wir auf widern. Weder die einen noch die andern die Gefahr, uns den Hals zu brechen, nur konnten den Feind sehen, auf den sie immer vorrücken. Übrigens, wie steht es schossen. Übrigens schoß man nur aus denn mit Iyrem Arm? Furcht vor dem Nebel, dessen außerordent¬ „Sie wissen ja, nicht besonders.“ liche Dichtigkeit dem Feinde hätte gestatten „Benutzen Sie die Gelegenheit! können, ohne bemerkt zu werden, ganz „Wie!“ nahe heranzukommen. In solchen Fällen „Bitten Sie um Urlaub und pflegen schießt man immer, es ist das gleichsam eine Sie sich!“ gegenseitige Mitteilung: „Hörst du wohl, ich „Das sollten Sie mir nicht sagen!“ schlase nicht, nimm dich also in Acht ... „Weshalb nicht? Die Schüsse waren in der feuchten Luft „Weil es uns, wie Sie sehr wohl kaum vernehmbar. Langsam brach die wissen, bereits an Offizieren fehlt. In Nacht herein und entzog nach und nach meinem Bataillon befehligen Unteroffiziere den Blicken das Schlachtfeld und die noch ganze Kompagnien. Dann glaube ich, auf dem Schnee liegenden Leichname. pflegen wir beide, Sie und ich, uns auch Alles verstummte; nur das Stöhnen eines nicht zu trennen ... Wir werden zu¬ Verwundeten oder das Röcheln eines ver¬ sammen nach Hause zurückkehren. Reden endenden Pferdes drang von Zeit zu Zeit wir also nicht mehr davon.“ durch die Stille. Das war Alles, und Die Nacht war vollständig hereingebro¬ die von dem Tagesmarsche und den abend¬ chen und überzog den ganzen Horizont lichen Kämpfen ermüdeten Soldaten hatten wie mit einem Schleier. Hie und da keine Kraft mehr, die Körper ihrer Ka¬ wurde das Dunkel von dem Schimmer meraden fortzutragen. Man sehnte sich nur aus einigen Fenstern des Dorfes, die noch nach Ruhe, nach Schlummer. erleuchtet waren, durchbrochen. Plötzlich „Diese Neujahrsnacht ist nicht beson¬ bemerkte man auf der Straße die rötliche ders heiter für uns, Kommandant!“ sagte Flamme einer Fackel, aus diesem von der

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2