Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1896

24 warum Sie so wunderbareMißerfolge auf Ihren Patrouillen erzielt haben.“ „Hexen kann ich so wenig wie Sie! „Aber Ihren Dienst haben Sie zu er¬ füllen, verstanden!“ donnerte der Respicient „Für heute Nacht bleiben Sie noch dienst¬ frei, morgen Früh aber gehen Sie ver proviantirt ins Jamthal und halten den Paß, bis Sie abgelöst werden oder sonstigen Befehl erhalten. Abtreten! Damit war Fuchs entlassen und konnte sein Feldbett im Wachtzimmer aufsuchen Zum erstenmal, seit er den Diensteid ge¬ schworen, ist ihm sein Beruf vergällt Widerwillen erfaßt ihn und zugleich Sorge, was daraus werden wird, wenn er ge¬ zwungen werden sollte, den grünen Rock auszuziehen. Eines aber wird ihm klar: er liebt Zischkerl treu und ehrlich und darf sie nicht lieben, weil der Dienst eine solche Liebe nicht duldet. Immer trübseliger werden seine Gedanken, bis endlich der Schlaf sich auf die müden Lider senkt. Ein trüber Morgen ist angebrochen. Regenschauer schlägt gegen die Fenster¬ scheiben, dichter Nebel hängt an den Bergen und düster liegt das verstreute Dorf, als Fuchs hochgestiefelt, in seinen Mantel ge¬ hüllt und das Dienstgewehr mit dem Lau nach abwärts umgehangen hinaustritt, um in die Gletscher=Einsamkeit einzudringen und dem erhaltenen Befehl nachzukommen. Etwas Speck und Schwarzbrod nebst einem Fläschlein Schnaps steckt in der Mantel¬ tasche, sparsam genossen kann dieser karge Mundvorrath auf drei Tage ausreichen. Finanzer im Dienst sind ja genügsame Leute, die karge Löhnung zwingt zur Ge¬ nügsamkeit und in der Berg=Einsamkeit fehlt zudem jede Gelegenheit, Geld aus¬ zugeben. Wenn es in den Bergen stetig regnet werden die Felsen lebendig, von den Wänden plätschern im Schaumsturz die Bächlein von den Fichten und Lärchen träufelt das Naß des Himmels. Bald kommen die Wasser auch schon den Saumpfad herab und der Gletscherbach tritt über seine steinigen Ufer. Der Marsch wird mühselig es drückt das Gewicht des durchnäßter Mantels, die Dienstmütze ist vollgesaugt und dicke Tropfen laufen über den Leder¬ schirm des Käppi. Fuchs weicht den Alp¬ hütten aus, um möglichst ungesehen das Moränenfeld zu erreichen, so gern er auf Schnapfentheja um eine Morgensuppe vor¬ gesprochen hätte. Der Dienst verbietet olchen Besuch, der ein sicheres Zeichen für die Besetzung der Jochhöhe wäre und zweifellos in wenigen Stunden zur Kennt¬ niß der Schmuggler gebracht werden würde. Möglichst lautlos dringt der Finanzer daher in den die Almgründe umschließenden Hoch¬ wald ein und bahnt sich einen Pfad auf¬ wärts, bis die Grenze des Baumwuchses erreicht ist. Auf eine kurze Strecke geben dem durch¬ näßten Wachmann Legföhren noch das Geleite, dann bleiben auch die Latschen zurück, es beginnt die wüste Unwirthlichkeit des Moränenschuttes, nackt und kahl ragen die Berge auf, die das Gletscherfeld um¬ säumen. Wuchtige Blöcke, die der Eisstrom herabgeworfen hat von eisiger Höhe, liegen im immer enger werdenden Hochthal, dessen Schluß die gigantischen Ferner bilden. Steil ragt das Fluchthorn auf, aus breiter Eis¬ fläche erhebt sich die wild zersägte Spitze des Jamthaler=Ferners, wenn der schneidig kalte Bergwind ab und zu die wirren Nebelballen verjagt. Aufathmend nach beschwerlicher Wan¬ derung in voller Uniform macht der Grenzer Halt zu einer kurzen Rast und sucht Schutz unter einem vorspringenden wuchtigen Moränenblock. Zusammenge¬ kauert lauscht der Finanzer dem schauer¬ lichen Concert, das Wind, Regen und der tosende Gletscherbach vollführen. Bald röstelt es den Mann und ein Schluck Schnaps muß etwas Labung spenden Wenn es so fortstürmt bis zur Nacht, dann kann der Aufenthalt auf der Joch¬ höhe böse werden. Und wohin flüchten während der eisigen Nacht? Für den Grenzer im Dienst gibt es kein Nächtquartier, er darf sich glücklich schätzen, wenn er in einer Gusel Unterschlupf findet und wenigstens vor dem Regen geschützt ist; mehr zu ver¬ langen, wäre Vermessenheit. Schlasen dars

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