Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1896

20 amten höflich grüßten und der Thüre zugingen. Wird morgen gezont?“ fragt der Re¬ spicient einen der Bauern. „As sall schua, Hearr!“ „Und ist wohl wieder der Gemeinde¬ vorstand Alpmeister? „Decht wohl, Seppele hätt's auch werden wollen; aber die Alten wöllen ihn nicht. „So, so! Na, Seppele, geh' nur mor¬ gen in eigenen Stiefeln gen Alm, gel!“ spottet der Beamte. „Freilich!“ versetzt gutmüthig der an der Thüre stehende Seppele, blickt zu Boden für einen Augenblick, damit der Beamte den giftig funkelnden Blick nicht sehen kann und verläßt die Stube. Mit ihm gehen die meisten Burschen und Bauern. Bis der Respicient sein Viertele auf dem Tisch stehen hat, ist die Stube leer, die beabsichtigte Ueberrumpelung fehlgeschlagen. Hol' der Kuckuck die ganze verschlagene Gesellschaft Und dann sinnirt der Beamte wieder dar¬ über, warum die Dörfler sich wohl so zahlreich im Rößle versammelt haben? Alpmeister ist der Gemeindevorstand, der elbst bei der Finanz im Geruche eines ehrlichen Mannes steht, insoweit wenigstens daß er nicht unmittelbar am Schmuggeln betheiligt ist. Ob er freilich nicht doch irgendwie an der Unterbringung der Waaren mithilft, das weiß der liebe Himmel, die Finanzwache weiß es leider nicht. Oh, wenn es nur einmal gelänge, das ganze Nest von Schmugglern und Helfershelfern auszuheben! Ein — nein fünf Jahres¬ gehälter gäbe der Respicient darum, wenn es ihm einmal gelänge, die ganze Bande sammt den Waaren auf frischer That ab¬ zufangen. Wenn nun der Gemeindevorstand der Alpmeister für den bevorstehenden Zontag ist, was wollte dann der verflixte Seppele mit der ganzen Sippschaft? Sie sprachen von dem Milcherträgniß; das ist allerdings vor dem Zontag der allgemein beliebte Gesprächsstoff für die Galtürer Alpberech¬ tigten, und Seppele ist ja Pächter der Schnapfentheja, wie Andere auf den Alm¬ gründen auf Scheibentheja und Bürgertheja im Jamthal. Aber kann nicht etwas Anderes dahinterstecken? Vielleicht gar ein neuer Plan für einen Zug ins Engadin und mit frischer Waare über das Joch zurück! Wenn nur die Direction nicht garso knauserig wäre und beim Minister darauf dringen würde, daß die Expositur in Gal¬ tür durch den Telegraphen mit Ischgl und Landeck verbunden würde. Wie bequem könnte jetzt angefragt werden, ob auf der Post“ oder beim Welschen Wirth in Ischgt ein Fuhrwerk angekommen ist, dessen In¬ haber auf Paschwaare wartet? Das wäre ja von der Finanzwache in Ischgl unschwer herauszubringen. Fangen soll man die Schwärzer — unterstützt beim Abfangen aber wird man nicht. Im Gegentheil, man erschwert jede Haussuchung durch die Schwierigkeit, die Erlaubniß zur Visitation zu erlangen. Den Gedankengang des sinnirenden Beamten unterbricht der Rößlewirth, der die landesübliche Pflicht der Höflichkeit doch nicht ganz außer Acht lassen will und sich deshalb an den Tisch des Gastes etzt, um ihm Gesellschaft zu leisten. Ob der Herr Respicient dem Zontag wohl bei¬ wohnen wird, fragt der Wirth mit einem unschuldigen Augenaufschlag. Schon möglich; schon deshalb, um zu sehen, was der Seppele für eine Rolle beim Schlutencontroliren spielt!“ „Der Seppele? „Ja, der Seppele, der ehrlichste Mensch von ganz Paznaun!“ höhnt der Beamte. „Sall ischt er aa! „Na, na! Bis auf Schwyzer Tabak und Kaffee! Sall glob' i decht nitta! Seppele ischt Mandli, des Neamd appas schuldig ischt, nitt amal im Wirthshaus.“ „Das ist allerdings ein schwerwiegender Beweis für die sonstige Ehrlichkeit. Aber ein höchst verdächtiger Mensch ist er doch! „Glauben S' nur das nitta, Herr Reschpicinent. Sie wittern hinter Jedem einen Schwärzer, und allemal ischt 's decht nitta wahr. Da hätten S' ehnder in Ischgl und See Reacht und am Plattjoch unterm

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