Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1894

32 Bemühungen, ihn zu erwecken, großen passiven Widerstand entgegen. „Wach auf, Väterchen!" „Ein Vampir!" Dieses Schreckenswort erwies sich sogar mächtiger, als der Bann des Alkohols, der schwer auf ihm- lastete. Er taumelte empor und unter seiner Führung zog die ganze gläubige Gemeinde nach dem Ortsfriedhofe. Ein Dutzend Schaufeln wühlten geschäftig die frische Erde von Priska's Grab weg und nach kurzer Zeit könnte der Sarg, der die Leiche des Vampirs barg, von den Wüthenden aus der Grube gehoben werden. Ein kräftiger Axtschlag sprengte den Deckel. Bleich und lieblich, scheinbar noch unberührt von dem Hauche der VerKumovistisches. Krktärtich. „Ede, du wirst jaimmerverurtheilt?" — „Na, is des een Wunder? N'n paar hundert Paragraphen in's Jesetzbuch gegen mir eenen Menschen." Muster der Peinlichkeit. Jtzig Veiteles verlangt ein Billet zum Warmbad. „Eine Mark!" forderte der Cassierer. — „Gott, is das'n Preis!" — „Beim Dutzend haben Sie's billiger, fünfundsiebzig Pfennig das Stück" — „Nain, nain! Wer kann wissen ob ich noch' leb' die ßwölf Jahr!" Ein Schkaumaier. Unterofficier: „Weshalb darf der Soldat nie den Kopf verlieren. — Re- crut (nach längerer Pause): Weil — weil sonst ein Helm zu viel wäre, Herr Unterofficier." wesung, lag das Mädchen in dem Schrein. Die weißen, mageren Hände waren über die Brust gefaltet, die Augeu ein wenig geöffnet. Wildes Geheul erhob sich und lästerliche Flüche erfüllten die Luft, als man des Leichnams ansichtig ward. Die Weiber warfen mit Steinen nach dem Sarge und während der Pope mit lauter, heiserer Stimme Beschwörungsformeln vor sich hinlallte, setzte die alte Eudoxia auf die Brust der Todten einen Pfahl, dessen Spitze ein wuchtiger Schlag in den Körper trieb .... Der Simon verschied auf der Stelle vor Entsetzen, als er vernommen, was sich zugetragen. Aber er blieb das einzige Opfer. Der böse Zauber des Vampirs war gebrochen. LeAensweisheit. Die Tochter: „Ich kann ohne ihn nicht leben." Der Vater: „Hier ist aber die Frage, ob du mit ihm leben kannst!" OemieHdtich. (Auf dem Dresdner Bahnhof in Leipzig.) „Här'n Se, Herr Locomotiv- fiehrer, wär'n Se wohl so freindlich und legten die zwee Siedewärschtcheu in'n Dampfkessel?! Wenn mer inDräs- den ankomm'n, hol' ich se wieder!" Wom Kasernenhofe. Unterofficier (zu einem schwer begreifenden Polen): „Kohlinsky, Jammermensch, nach meinem preußischen Schätzungsvermögen kommt mir die chinesische Mauer wie 'ne spanische Wand gegen Ihren polnischen Dickschädel vor!" die Hauptstadt Oesterreichs - vor zehn Jahren — das zweihundertjährige Jubiläum ^üi ihrer Befreiung aus der Tür- kengefahr festlich beging, stöberten die Geschichtsschreiber in vergilbten Chrom- kcit und es wurde da manche Episode zu Tage gefördert. Ein solches interessantes Geschehniß sei hier wieder erzählt. An einem vorgeschobenen Punkte der strategisch äußerst wichtigen „Melkerbastion" befand sich, von den Wällen durch einen dichten, dunklen Garten geschieden, Wohnhaus und Werkstätte des wohlehrsamen Bürgers und allbe- bekannten Waffenschmiedes Gottfried Schweudtlein. Der Meister erfreute sich nicht nur in der Stadt selbst bei allen Jenen, die mit Wehr und Waffen zn thun hatten — und deren gab es in jenen kriegerischen Zeiten nicht Wenige — wegen seiner Erzeugnisse eines vortrefflichen Leumunds, auch aus weiter Ferne zogen die Edelleute zu ihm, um sich einen blanken Küraß oder ein sinnreich geflochtenes Panzerhemd zu verschaffen und dadurch geschützt zn sein sowohl gegen feindlichen Schwertstreich, als bleierne Pillen. . Wohl -behaupteten Viele, daß gar mancher feine Ritter nur deshalb seine Armiruug dem Meister Schweudtlein empfahl, um dem wunder- Holden Töchterlein desselben, der Jungfer- Minna, öfter in die großen himmelblauen Augen schauen zu können, und das gemeine Kriegsvolk schwur Stein und Bein, daß er das Geheimniß besaß, seine Eisengewänder „sicher" zu machen w>- kein Zweiter. Ob sich aber Beides in Wahrheit so verhielt, wollen wir dahin gestellt sein lassen. Während nun alle anderen Gewerbe in der arg gefährdeten Stadt feiern mußten, jeglicher Handel und Wandel Meister Schwendtlein und fein Gesell. Eine Geschichte aus der Zeit der Türkenb'elagerung 1683. Von K. Fietgrev. aufgehört hatte, steigerte sich die kriegerische Arbeit des Meisters selbstverständlich aufs Aeußerste. Fast nie erlosch die flackernde Flamme in der rauchschwarzen Esse und bis spät in die Nächte hinein sprühten lustig die Funken unter dem fleißigen Tactschlage der Hämmer. Es war ein herrlicher Spätsommer- abend, so mild, so labend, als wollte sich der Sommer vor seinem baldigen Scheiden den Menschen noch einmal in seiner ganzen Schönheit zeigen; die Sonne versank langsam hinter den Donaubergen, Spätrosen dufteten, Glühwürmchen schwirrten um die schattigen Büsche und der Hinimel war wie ein fleckenloser blauer Baldachin über die Erde gespannt. Zu so gottbegnadigter Stunde saß. der alte Waffenschmied auf der Moosbank im Gartenwinkel, um sich nach der schweren Mühe des Tages an der würzigen Luft zu erquicken. Seine Blicke schweiften über das herrliche Land, welches vor ihm ausgebreitet lag, er sah die blitzenden Wogen des gewaltigen Stromes, er sah die fernen Berge in nebelhafter, duftiger Bläue und in weitem Bogen die weinreicheu Gelände. Wenn nicht plötzlich hie und da um die Stadt blutige Feuerzeichen aufgezuckt hätten — die Lagerfeuer der Musel- mannen — Niemand hätte wohl denken können, daß sich die belagerte Stadt nur mehr mit dem Löwenmuthe der Verzweiflung ihrer wüthenden Bedränger erwehre. Wie lange wär's möglich, im äußersten Falle sich noch zu erhalten? Und dann? Die Betrachtungen, welche die Stirne des Alten so runzelten, mochten wohl keine absonderlich erbaulichen gewesen sein, als Schön-Minna leichtfüßig, fast unhörbar wie die Engel, näher kam 3

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