Gemeinderatsprotokoll vom 21. Dezember 1929

Hungertuch nagende Menschen in Bausch und Bogen eine blutige Räuberbande nennen. Ich betrachte es bei diesem Anlasse als Bürgermeister dieser Stadt für meine Pflicht, meine Mitbürger gegen derartige unerhörte Angriffe in Schutz zu nehmen. Es ist gar kein Zweifel, dass die Aufmachung über die sogenannten Vorfälle in Steyr das Wirtschaftsleben in Steyr auf das Schwerste gefährden. Zum Schlusse sage ich noch, dass es eine Anmessung sondergleichen ist, wenn Herr Starhemberg aus Waxenberg sich berufen fühlt, für die Ordnung und Sicherheit in Steyr beim Herrn Bundeskanzler vorzusprechen. Was soll man dazu sagen, wenn der Herr aus Waxenberg nach einem Bericht der Grazer-Tagespost im ganzen Bundesgebiete die Bevölkerung dieser Stadt auf das Niederträchtigste schmäht und behauptet, dass der blosse Verdacht, Heimwehrmann zu sein, in Steyr genüge, auf offener Strasse niedergeschlagen zu werden. Im übrigen bin ich bereits in der Lage, dem Gemeinderate das Ergebnis der Erhebungen der Bundes- und Landesorgane mitzuteilen. Das betreffende Communique des Bundeskanzlers lautet: "Die vom Bundeskanzleramte und vom Amte der o.ö. Landesregierung zur Prüfung der Sicherheitsverhältnisse nach Steyr entsendete Kommission hat festgestellt, dass die mehrfachen Ruhestörungen, die sich seit Oktober 1929 - zuletzt am 8.Dezember l.J. - in Steyr ereignet haben, obwohl sie als Ausschreitungen grösseren Umfanges nicht bezeichnet werden können, bei einem grossen Teile der Bevölkerung dieser Stadt einen Zustand lebhafter Beunruhigung hervorgerufen haben. Die Stimmung eines Teiles der Einwohnerschaft von Steyr wird überdies dadurch nachteilig beeinflusst, dass der städtische Polizeiapparat auch bei redlichem Bemühen aller verantwortlichen Personen für nicht ausreichend gehalten wird, auf die Dauer die Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Ordnung bei etwaigen Ruhestörungen zu gewährleisten.

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