Gemeinderatsprotokoll vom 15. Dezember 1922

2. Wahl eines Ersatzmannes für den Landesfortbildungs¬ ausschuß. Referent Herr GR. Reisinger. Als Ersatzmann schlägt Ihnen die erste Sektion Herrn GR. Pof Brand vor. Angenommen. 3. Steuerrekurs. Reserent Herr Dr. Peyrer=Angermann Franz Mayr hat gegen die Vorschreibung einer Kraftwagen¬ steuer für sein in Nichtbenützung stehendes Lastenautomobil den Rekurs eingebracht; nach den Erhebungen ist das Auto faktisch nicht in Benützung, weshalb der Antrag ergeht, dem Rekurse stattzugeben Angenommen Zahl 29 643. 4. Armenrekurs (Marie Sedlazek). Referent Herr GR. Dr. Peyrer=Angermann Die im Gegenstande genannte Partei hat um die Erhöhung ihrer Unterstützung angesucht. Nach den derzeit geltenden Be¬ schlüssen ist dies jedoch nicht möglich, weshalb der Antrag ge¬ stellt wird, die Erledigung für einen späteren günstigeren Zeit¬ punkt zurückzustellen. Angenommen. Z. 29.209. 5. Aufnahmen in den Gemeindeverband und Regelung der Gebühren. Referent Herr GR. Dr. Peyrer=Angermann. Die Landesregierung hat die Gemeinde aufgefordert, zu einem Gesetzentwurf und der dazugehörigen Tabelle Stellung zu nehmen. Das Präsidium und die erste Sektion legen nun eine Tabelle über die Gebühren der Landesregierung vor, welche der eigene Vorschlag der Gemeinde ist und welcher lautet: Dieser neu ausgearbeitete Tarif basiert außer auf Monats¬ einkommen und Aufenthaltsdauer auch noch mit Rücksicht auf die Wichtigkeit dieses Umstandes auf die Anzahl der Familien¬ mitglieder. Demnach werden Gesuchsteller um freiwillige Aufnahme mit einem Einkommen bis zu 1 Million Kronen bei einer Aufent¬ haltsdauer bis zu fünf Jahren mit 10.000 Kronen, bei einer Aufenthaltsdauer bis zehn Jahren mit 9000 Kronen und so weiter fallend, bei einer Aufenthaltsdauer bis über 20 Jahren mit 1000 Kronen bemessen. Für Familienmitglieder werden Zu¬ schläge von 500 bis 1000 Kronen eingehoben. Bei höherem Monatseinkommen steigt die Taxe bei 500.000 Kr. auf 50.000 bis 100.000 Kronen und der Zuschlag für Familien¬ mitglieder 12 500 bis 50.000 Kronen. Der Tarif für Zusicherungen bewegt sich in gleichen Ver¬ hältnissen, jedoch mit 50 bis 100 Prozent Zuschlag. Für Gesuch¬ steller, die außerhalb Steyr in Oesterreich wohnen, sind weitere 50 Prozent, für solche, die im Auslande wohnen, 100 Prozent Zuschlag vorgesehen Angenommen. 6. Neuregelung der Lustbarkeitssteuer Referent Herr GR. Tribrunner. Betreffend die Neuregelung der Lustbarkeitssteuer liegt ein Amtsbericht und ein Gesetzentwurf vor. Der Amtsbericht lautet: Nach 8 7 des Abgabenteilungsgesetzes vom 3. März 1922, B.=G=Bl Nr 125, können die Ortsgemeinden durch Beschluß der Gemeindevertretung vorbehaltlich weitergehender Ermächti¬ gung durch die Landesgesetzgebung Lustbarkeitsabgaben bis zum Ausmasse von 50 Prozent der Bemessungsgrundlage einheben. Auf Grund dieses Amtsberichtes stellt die erste Sektion den Antrag: Der Gemeinderat beschließe: 1. Eine weitergehende Ermächtigung durch die Landesgesetzgebung zu erreichen und schlägt folgenden Gesetzentwurf vor: Gesetz vom wodurch die Stadtgemeinde in Steyr ermächtigt wird, Lustbar¬ keitsabgaben in beliebiger, jeweils durch Gemeinderatsbeschluß festzusetzender Höhe einzuheben. Der oberösterr. Landtag hat beschlossen: § 1. Auf Grund des § 7, Absatz 3 des Artikels 7, Gesetz vom 3. März 1922, B.=G.=Bl Nr. 125, wird die Stadtgemeinde Steyr ermächtigt, durch Beschluß des Gemeinderates Lustbarkeitsabgaben ohne Rücksicht auf ihre Höhe einzuheven. § 2. Dieses Gesetz tritt mit dem Tage der Kundmachung im L.=G. u. V=Bl. in Wirksamkeit. Von der Erhöhung der Lustbarkeitsabgabe bis zum Ausmaße von 50 Prozent schon jetzt bei dem im § 4, lit. c, des Gesetzes vom 24. Mai 1921, L.=G. u V.=Bl. Nr. 102, angeführten Veranstaltungen (hier kommen hauptsächlich die Faschingsunter¬ haltungen in Betracht) Gebrauch zu machen. Herr GR. Dr. Peyrer¬ Angermann findet, daß mit 50 Prozent zu hoch gegangen set weil das Erträgnis von Veranstaltungen schwer in Frage gestellt ist; es würden dadurch, wenn über diese 50 Prozent noch hinausgegangen würde, alle Unternehmungen von auswärtigen Künstlern unmöglich gemacht werden. Referent Herr GR Tribrunner erwidert, daß nicht beabsichtigt sei, ernstzunehmenden Veranstaltungen Schwierigkeiten zu machen; der Gemeinderat habe es noch immer in der Hand, für die einzelnen Gruppen eine eigene Grenze festzulegen. Herr GR. Steinbrecher schließt sich Herrn R Dr. Peyrer=Angermann an und verlangt, daß Ver¬ anstaltungen ohne künstlerischen Wert besonders besteuert werden sollen. Der Sektionsantrag wurde dann vom Gemeinderat angenommen. Z. 29.242. 7. Neuregelung der Pferdesteuer. Referent Herr GR. Tribrunner. Auf Grund des vorliegenden Amtsberichtes, mit welchem sich die erste Sektion eingehend beschäftigte, stellt die erste Sektion folgenden Antrag: Der Gemeinderat beschließe, die Regelung der Abgabe für den Besitz von Pferden ab 1. Februar 1923 im folgenden Ausmaße festzusetzen: 1. für Luxuspferde 20 Goldkronen = 300 000 Kr. (für jedes weitere um 10 Goldkr. mehr) 2. für Nutzpferde 10 Goldkronen = 19,500.000 3. für lizenzierte Hengste 75 000 „ Zusammen 19,875.000 „ Diese Ansätze haben mit 1. Februar 1923 in Kraft zu treten. Herr GR Professor Brand befürchtet, daß die Ansätze für Nutzpferde zu hoch gegriffen seien und dadurch das Speditions¬ gewerbe zu schwer belastet werde, anderseits treffe diese Be¬ lastung die Bewohnerschaft selbst, weil die Spediteure diese Steuer wieder auf ihre Kunden überwälzen. In Linz wurden die Spediteure von dieser Steuer ausgenommen. Redner stellt den Gegenantrag, für Nutzpferde auf fünf Goldkronen herab¬ zugehen Herr Vizebürgermeister Dedic erwidert, daß die Steuer für das ganze Jahr für ein Nutzpferd 300 000 Kronen betrage, eine Summe, die gewiß noch zu ertragen sei und bei den heutigen hohen Fuhrlöhnen gar nicht in Frage komme Der Referent Herr GR Tribrunner bemerkt im Schlußwort, daß sich eben aus der Menge der Nutzpferde eine wesentliche Steuer herausschlagen lasse; durch den Antrag des Herrn GR. Professor Brand würden neun Millionen Kronen verloren gehen. Die eingeleitete Abstimmung über den Gegenantrag des Herrn Professor Brand ergibt die Ablehnung desselben. In zweiter Abstimmung wird der Sektionsantrag mit Stimmenmehrheit angenommen. Z 29.076, 8. Aemterorganisation. Herr Vizebürgermeister Mayrhofer übernimmt den Vorsitz. Referent Herr Bürgermeister Wokral führt aus: Das bekannte Sprichwort: „Gut Ding braucht Weil" scheint hier fast seine Bestätigung zu finden, denn schon vor fast vier Jahren, als der Gemeinderat in seiner heutigen Zusammen¬ setzung zusammengetreten ist, war es klar, daß ohne Organi¬ sation der Aemter auf die Dauer das Auslangen nicht zu finden sein wird, und man erkannte schön damals, daß in die gesamte Gemeindeverwaltung überhaupt erst eine Organi¬ sation hineinzubringen sei Es war durch die ganze Zeit fast nie möglich, für bestimmte Verwaltungszweige einen bestimmten Referenten zu haben; es war ein fortwährender Wechsel Mit dieser unorganisierten Arbeit war auch logischer Weise Zeit¬ und Kräfteverschwendung verbunden; diese Organisation durch¬ zuführen ist nunmehr dringlich. Schon vor zirka über ein Jahr wurde mit Herrn Dr. Habl ein Entwurf beraten, welcher jedoch liegen geblieben ist. Nun drängt aber die Zeit, um endlich Ordnung in die Gemeindeverwaltung zu bringen Der Herr Referent verliest einen Amtsbericht und bemerkt dazu, daß sich eine bedeutende Ersparnis an Verwaltungskosten machen lasse. Daß eine solche Organisation notwendig ist und diese mit 1. Jänner (also mit dem Beginn eines Verwaltungs¬ jahres in Kraft treten zu lassen), wird wohl jeder begreifen und zugeben müssen. Der vorliegende Entwurf wurde auch in der ersten Sektion einmütig angenommen und stellt diese daher nachstehenden Antrag: 1. Den vom Magistrats=Präsidium ausgearbeiteten Entwurf einer Aemterorganisation mit Wirksamkeitsbeginn ab 1. Jänner 1923 zu genehmigen; 2. das Gemeinderats-Präsidium zu ermächtigen, die durch die Veränderung im Organismus der städt. Verwaltung not¬ wendigen Verfügungen im Sinne des § 90 der Dienstordnung zu treffen; 3. das Gemeinderats=Präsidium zu ermächtigen, eine Konzeptsbeamtenstelle und zwei Stellen für die Steuerverwaltung auszuschreiben Kommunale oder Staatspraxis Vorbedingung); Amtsantritt 1. Februar 1923; 4 den Herrn Bürgermeister zu ermächtigen, die durch die neue Organisation notwendig werdenden Geschäftsordnungen, Dienstinstruktionen 2c zu erlassen; 5. den Herrn Bürgermeister zu ermächtigen, die provi¬ sorische Zuteilung zu den einzelnen Abteilungen vorzunehmen; 6. mit dem provisorischen Stellenplan tritt in den Be¬ zügen rc. dermalen keine Aenderung ein.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2