Gemeinderatsprotokoll vom 15. Dezember 1922

Bemerken möchte ich hiezu, daß durch die beantragten Neuaufnahmen eine Vermehrung des Personals nicht erfolgen würde, weil anderseits eine weit größere Anzahl Angestellter entbehrlich werden wird. Die Zuteilung der Angestellten zu den einzelnen Abteilungen ist vorläufig provisorisch, bis man einen Ueberblick erhält, wie sich die Einteilung bewährt. Die desinitive Besetzung wird mit der Organisation der Angestellten besprochen werden. Wenn der Gemeinderat der Vorlage zustimmt, werder wir einen ganz bedeutenden Schritt nach vorwärts getan und einen Beschluß von weittragenster Bedeutung gefaßt haben. Ich bitte um Annahme des Antrages Herr GR. Kletzmayr erinnert daran, daß nach der Vorlage das Magistrats=Präsidium verschiedene Rechte zur Durchführung dieser Organ sation bekommen solle, daß zirka zehn Beamte in Pension kommen sollen und daß zwei Fach¬ referenten und drei Konzeptsbeamte aufgenommen werden sollen. Bei dieser Gelegenheit muß verlangt werden, daß im Bauamte ein Sparsystem eintritt Im Winter ist der Stand im Bauamt entschieden zu groß Wenn man schon vom Abbau spricht, so muß man diese Frage auch noch etwas weiter unter die Lupe nehmen Wenn der Herr Bürgermeister unter anderem bemerkt hat, daß das Präsidium Rechte bekommen soll, sei es Neuauf¬ nahmen, Entlassungen oder Pensionierungen vorzunehmen, so bin ich der Meinung, daß dies in die Rechte des Gemeinderates zu tief einschneiden dürfte. Diese aufgerollte Frage beweist, daß sich de Angelegenheit nicht in einer einzigen Sitzung erledigen läßt. Ich beantrage daher, den Entwurf nochmals zurückzustellen Referent Herr Bürgermeister Wokral erklärt, hiezu Stellung nehmen zu müssen und teilt mit, daß die Vorlage schon vor ziemlich geraumer Zeit den Klubobmännern aller drei Parteien zugemittelt wurde, so daß dieselben sicherlich Gelegenheit genug gehabt haben, sich zu besprechen. Des weiteren ist die Sache doch zu Beginn eines neuen Jahres einzuführen. Was das An¬ stellungserfordernis anbelangt, so ist dies deshalb notwendig, weil die Gemeinde trachten muß, neue Steuern zu erfinden, denn der Bund reißt alles an sich Früher hatte die Gemeinde die Annehmlichkeit vier fünftel ihrer Ausgaben von der Waffen¬ fabrik durch die Umlagen decken zu können; wir müssen durch Fachleute die Möglichkeit erhalten, eine scharfe Kontrolle über die Vorschreibung und die Steuerabfuhr zu besitzen. Erst vor kurzem wurde in einem Prozeß entschieden, daß das Gehalt von Direktoren, die zugleich Verwaltungsräte sind, in die Lohn¬ abgabe einbezogen werden soll. Es würde sich lohnen, in der Waffenfabrik diesbezüglich nachzuschauen, wozu die Gemeinde auch die Pflicht hat. Von einer Berechtigung des Präsidiums, Angestellte zu entlassen oder zu pensionieren, ist im Antrage nichts enthalten Das Präsidium ist kollegial zusammengesetzt und Sie haben jederzeit das Recht der Kontrolle. Nach der Ge¬ schäftsordnung ist es eine selbstverständliche Sache, daß die eigentlichen Agenden durch den Bürgermeister und den Magistrat zu besorgen sind und es gerade nicht notwendig wäre, die Ein¬ teilung der Agenden dem Gemeinderate vorzulegen; da indes die Sache immerhin mit den Interessen des Gemeinderates zu¬ sammenhing, war es für uns selbstverständlich, dem Gemeinde¬ rate die Schaffung der Aemterabteilung vorzulegen. Im übrigen muß ich schon darauf hinweisen, daß es mir sonderbar vorkommt, weil die Herren der Minorität in der Sitzung der ersten Sektion keine Einwendung erhoben haben, sondern einvernehmlich sich dahin geeinigt haben, daß die Vorlage so gemacht werde, wie sie heute vorliegt In der ersten Sektion bleibt es jeden über¬ lassen, sich auszustreiten und Vorlagen zu bekämpfen; im Plenum muß bereits alles klar liegen. So ist es in anderen Körper¬ schaften; bei uns ist es umgekehrt; es ist sonderbar, daß dies in letzter Zeit sehr häufig vorkommt. Vielleicht liegt dies darin, daß wir im nächsten Jahr die Wahlen haben, aber dann muß man auch verzeihen, wenn man hier öffentlich festlegt, daß diese Taktik eine gewisse Hinterhältigkeit enthält, gegen welche ich ent¬ schreden Stellung nehme Wenn von der ersten Sektion von allen drei Parteien ein gemeinsamer Antrag vorliegt, warum wird im Plenum opponiert? Diese Taktik ist nicht zu erklären, es sei denn als vorbereitende Stimmung für die nächsten Wahlen. Da wäre wohl die Aemterorganisation als das ungeeignetste Mittel zu verwenden, denn als nun die Aemterorganisation vorliegt, sind Sie die Minorität) diejenigen, die die Durch¬ führung verhindern. Ich würde bedauern, wenn durch eine der artige Taktik für die Zukunft ein sachliches Zusammenarbeiten ausgeschaltet würde. Ich würde bitten, den Antrag auf Ver¬ tagung zurückzuziehen. Herr GR Kletzmayr: Der Herr Bürgermeister ersucht mich um Zurücknahme meines Ver agungsantrages; ich modifiziere meinen Antrag dahin, daß ich die Rückstellung nur bes zur nächsten Sitzung beantrage. Der Herr Vorsitzende leitet über den Vertagungsantrag die Abstimmung ein, welcher mit Stimmenmehrheit abgelehnt wird. Herr GR Dr. Peyrer=Angermann erinnert daran, daß in der Sektionssitzung gegen die Neuanstellungen Bedenken ge¬ äußert wurden, es wurde die Anstellung zweier neuer Steuer¬ beamten genannt, welche uns 50 Millionen Kronen kosten, diese müssen wir also ausgeben, um neue Steuern zu erfinden. Hie¬ durch dürfte das wirtschaftliche Leben unserer armen Stadt nicht flott zu machen sein. Redner polemisiert gegen die Majoritä und bemerkt schließlich, daß die Vorlage noch eines Studium¬ bedarf und schließlich solle der neue Gemeinderat sich damit befassen Es können sich aus der Vorlage weittragende Kon¬ sequenzen ergeben, welche das Präsidium selbst nicht gut ver¬ antworten könnte; deshalb muß ich unter den jetzigen Verhält¬ nissen gegen den Antrag stimmen. Herr GR. Prof. Brand nimmt Bezug auf die Aeuße¬ rung des Herrn Referenten, daß zehn Angestellte abgebaut werden und erklärt, daß die Minorität wissen wolle, wer diese Angestellten seien. Herr Magistratsdirektor Dr. Häuslmayr: Es ist für mich sehr peinlich, zur Begründung dieser Vorlage das Wort und dies ist ergreifen zu müssen, weil ich über meinen Chef er ja doch immer noch — eine scharfe, aber berechtigte Krikik fällen muß und zwar gegen die Zustände; wie sie im Magistrate ohne Verschulden der Beamtenschaft herrschen, und die eine Organisation notwendig machen Der Herr Magistratsdirektor Dr. Habl hat vermutlich hiezu nicht Zeit gefunden. Im übrigen wird es Sache des Gerichtes sein, alles klar zu stellen. Jeden¬ falls wird auch die Disziplinaruntersuchung, wenn er vom Ge¬ richte freigesprochen werden sollte, woran ich jedoch nicht glaube, genügend Unhalt zur Verfolgung bieten Es ist selbstverständlich, daß sich der amtsführende Bürgermeister auf seinen ersten Be¬ amten unter allen Umständen muß verlassen können, weil der Bürgermeister nicht jeden Akt durchsehen kann. Betonen muß ich, daß wir mit der Organisation aus sachlichen Gründen nicht mehr warten können, damit mit dem neuen Jahr ein klag¬ loser Geschäftsgang eintrete und müßte ich sonst auch jede Ver¬ antwortung ablehnen Die Anstellung der zwei Steuer=Fach¬ beamten ist unbedingt notwendig, denn es geht nicht an, die Steuerverwaltung nur so nebenbei zu behandeln, weil schon das Wiederaufbaugesetz in dieser Frage der Gemeinde große Auf¬ gaben stellt. Redner erörtert in kurzen Zügen die Wirkungs¬ kreise der einzelnen Abteilungen und appelliert schließlich noch¬ mals an den Gemeinderat, der Vorlage zuzustimmen. Es entwickelt sich eine neue Wechselrede, an welcher sich die Gemeinderäte Frühwald und Prof. Brand beteiligen, und wo Prof. Brand erklärt, der Vorlage nur dann zustimmen zu können, wenn die drei Klubobmänner den Beratungen des Prä¬ sidiums beigezogen werden und die Herren Referenten Bürger¬ meister Wokral und Vizebürgermeister Dedic, welcher gegen das Begehren des Herrn Prof Brand spricht, sich beteiligen. Ueber Wunsch der Minorität wird die Sitzung um 8 Uhr 25 Minuten auf fünf Minuten zwecks Besprechung unterbrochen. Nach Wiederaufnahme der Sitzung erklärt Herr GR Doktor Peyrer=Angermann namens der Minorität, daß das Begehren durch die Klubobmänner, mitarbeiten zu wollen, darin seinen Grund habe, weil die Vorlage von einem einzigen Be¬ amten, welcher die Beschwerden der Oeffentlichkeit nicht so genau kennen kann, verfaßt ist, und es daher nur vorteilhaft sein kann, wenn die Klubobmänner mitarbeiten Wir erkennen die Wichtigkeit der ganzen Vorlage und dürfte es dem Präsidium nur erwünscht sein, wenn es sich auf die Mitarbeit der Klub¬ obmänner berufen kann. Dies ist der Stanpunkt der Minorität, Referent Herr Bürgermeister Wokral verweist auf die §§ 61 und 67 der Geschäftsordnung, worin klar und deutlich der Wirkungskreis des Bürgermeisters bestimmt ist. Wenn die Herren Klubobmänner als Privatmänner zum Präsidium kommen, wird man jederzeit bereit sein, Wünsche entgegen zu nehmen. Das Begehren der Minorität kann als den Bestimmungen des Gemeindestatutes entgegenstehend daher nicht akzeptiert werden. Gerade deshalb, weil Beschwerden gegen einzelne Abteilungen vorgekommen sind, ist die Notwendigkeit der Aemterorganisation gegeben. Die Ausführungen des Herrn Dr Peyret=Angermann könnten fast so aufgefaßt werden, als ob man den Gemeinderat betrügen wollte, als ob man in der Sektion ganz etwas anderes vorlegte, als dem Gemeinderate. Die Minorität hat sich sicher¬ lich nicht über die Behandlung zu beklagen, freilich wirkt es in der öffentlichen Gemeinderatssitzung mehr, eine solche Debatte heraufzubeschwören. Herr Dr. Habel war nie unser Mann und warum sollen wir jetzt dafür büßen, daß die seinerzeitige Majorität ihm als ihren Mann aufgenommen hat, es wäre wohl besser gewesen, er wäre nie gekommen. Die Vorlage spricht klar und deutlich die Notwendigkeit der Aemterorganisation und deren Einführung mit 1. Jänner 1923 aus. Herr GR Dr Peyrer=Angermann erklärt, daß von einem Betrug an dem Gemeinderate keine Rede sein könne; meine Ausführung war nur in dem Sinne gemeint, weil in der Verlesung des Beschlusses der ersten Sektion es übersehen wurde, einen Passus zu streichen. Nachdem kein Redner mehr vorgemerkt und die Erklärung des Herrn Dr. Peyrer=Angermann zur Kenntnis genommen wurde, schreitet der Herr Vorsitzende über den Sektionsantrag zur Abstimmung, welcher mit Stimmenmehrheit angenommen wird. Z. 3/VP Herr Bürgermeister Wolral übernimmt wieder den Vorsitz. 9. Zuschlag zu den Immobiliargebühren. Referent GR Tridrunner verliest den vorliegenden Amtsbericht und stellt sodann den nachstehenden Antrag: „Der Ge¬ meinderat beschließe auf Grund des § 3 des Gesetzes vom 8 Juli 1922, L.=G= u V.=Bl Nr. 104, betreffend die Ein¬ hebung eines Landeszuschlages zu den Bundesgebühren für

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