Gemeinderatsprotokoll vom 23. September 1921

Herr Vizebürgermeister Nothhaft bemerkt, daß die Sektion nicht weiter gehen konnte, weil bezüglich der Ueber¬ nahme der Schule durch den Staat noch keine endgiltige Ent¬ scheidung vorliege; andererseits weist die Schule 85 Frequen¬ tanten nach und beweist damit ihre Lebensfähigkeit. Die Sektion sagte sich daher, daß sie vorläuflg 15.000 Kronen gebe. Die Schule könnte aber auch ein höheres Schulgeld einheben, wodurch die Gemeinde entlastet werden könnte. Redner befür¬ wortet den Sektionsantrag. Herr Vizebürgermeister Dedic erklärt sich weder dafür noch dagegen aussprechen zu wollen, weil eine Entscheidung des Staates wegen Uebernahme des Lyzeums noch nicht gefällt ist. Ueber das Begehren des Lyzeums, welches knapp vor der Gemeinderatssitzung einlangte, solle auch noch das Gemeinde¬ ratspräsidium sprechen, weshalb er den Vertagungsantrag bis zur nächsten Gemeinderatssitzung stelle. Der Herr Vorsitzende leitet über den Vertagungsantrag die Abstimmung ein. Der Antrag wird vom Gemeinderate angenommen. 14. Erhöhung der Verpflegsgebühren für die Frau Oberin im Krankenhause. Referent Herr Vizebürgermeister Nothhaft. Von der Frau Oberin liegt die Halbjahrsabrechnung vor welches mit einem Defizite von 125.362 Kronen 52 Heller und von 44.014 Kronen 65 Heller, wovon der letztere Betrag an die Approvisionierung rückzuzahlen ist, abschließt. Das Gesamt¬ defizit beträgt somit 169.376 Kronen 87 Heller. Es war dies vorauszusehen, als das Defizit vom Vorjahre herübergeschleppt wurde; schließlich muß aber tabula-rasa gemacht werden. Der Sektionsantrag lautet daher, daß der Barabgang im Betrage von 125.362 Kronen 52 Heller an die Frau Oberin überwiesen und der Betrag von 44.014 Kronen 65 Heller an den Appro¬ visionierungsfond rückgegeben werde. Die Verpflegsgebühren für die Frau Oberin wollen für die dritte Klasse mit 50 Kronen und für die zweite und erste Klasse mit 70 Kronen bemessen werden, mit welchen Betrag das Auslagen vorläufig zu finden sein wird. Herr GR Professor Brand erinnert daran, daß die Spitalskommission unlängst beschlossen hat, die Spitalsver¬ waltung aufzufordern, daß die Kostenrückstände eingefordert werden; es ist bis zur Stunde nicht bekannt, ob in dieser Hinsicht etwas geschehen ist. Weiters muß gefordert werden, daß ein Inventar anzulegen ist; zu dieser Inventaraufnahme ist ebenfalls noch keine Einladung ergangen. Herr GR. Witzany bekrittelt diese fortwährenden Nach¬ tragsforderungen, so könne die Sache nicht weitergehen; es sind auch keine Ausgabe=Belege zu sehen und verursachen solche Nachtragsforderungen langwierige Prüfungen. Die Kranken¬ hausverwaltung wolle daher auf die rechtzeitige Beibringung von Ausgaben=Belegen dringen. Herr Vorsitzender Vizebürgermeister Mayrhofer erklärt. daß die Beschlüsse der Spitalskommission nach Rückkunft des Krankenhausverwalters vom Urlaube strickte eingehalten werden. Herr GR. Professor Brand sagt, daß es wohl kaum jemanden unangenehmer sei, als der Frau Oberin selbst mit solchen Nachtragsforderungen kommen zu müssen; die Folge davon sind die herrschenden außerordentlichen Verhältnisse. Die Staatsangestellten haben ja auch durch die besonderen Verhält¬ nisse eine Besoldungsreform mit Festsetzung der Gehalte be¬ kommen und trotz der Besoldungsreform muß schon eine Er höhung derselben wegen der steigenden Preise der Lebensmittel eintreten. Die Frau Oberin muß schon wegen dieser Nachtrags¬ forderung entschuldigt werden. Wenn diese Verhältnisse nicht bestehen würden, wäre ich der erste, der sagen würde, das tun wir nicht. Herr GR. Reisinger frägt sich an, welche Bedeutung die ausgegebenen Sammellisten für das Krankenhaus haben; ob diese vom Präsidium ausgehe, weil man im Gemeinderate nichts erfahren habe. Herr Vorsitzender bemerkt, daß dies vom Präsidium aus¬ gegangen sei und Hauptsache bleibe, wenn recht viel gegeben werde, weil die Spenden der Allgemeinheit zugute kommen. Der Sektionsantrag wird sodann vom Gemeinderate an¬ genommen. 16. Festsetzung der Kehrichtabfuhrgebühren. Referent Herr Vizebürgermeister Nothhaft. Dieser Punkt ist noch auf die Tagesordnung gekommen, weil im November bereits die letzte Rate für die Kehricht¬ abfuhr vorzuschreiben wäre und daher ein rascher Beschluß notwendig wird. Die Sektion war nicht in der Lage, heute einen Voranschag mit festen Beträgen zu machen, und steht nach den heutigen Verhältnissen auf dem Standpunkt, die Kehrichtabfuhrgebühren erst gelegentlich der Präliminarbe¬ ratungen einer Neuordnung zu unterziehen. Diesen Beratungen soll die Einberufung einer Enquete vorausgehen. Auf Grund der detailierten Ausführungen des Herrn Referenten stimmt der Gemeinderat zu, daß die Kehrichtabfuhr¬ gebühren für das heurige Jahr mit 270 Kronen per Kübel zu belassen sei und die Neuordnung, einer vorausgehenden Enquete gemäß, der Präliminarberatung vorzubehalten ist. Dritte Sektion. 17. Verkleiden der Gitterstäbe an beiden Ennsbrücken. Referent Herr GR. Chalupka. Vom Stadtbauamte liegt folgender Amtsbericht vor: Wie sich beim Anstriche der unteren Ennsbrücke gezeigt hat, sind einige Konstruktionsteile der Brücke derart angerostet, daß ihre Verstärkung im Laufe der nächsten Jahre unbedingt notwendig erscheint. Die schlechtesten Stellen befinden sich knapp oberhalb der Fahrbahn und sind der Einwirkung von Hunde¬ urin zuzuschreiben. Um dieser Einwirkung vorzubeugen, wurden schon früher die Endständer der Brücken mit einem Schutzbleche umgeben, die diagonalen und mittleren Ständer aber ohne Schutz gelassen, wahrscheinlich aus Sparsamkeit, die, wie sich jetzt gezeigt hat, sich schlecht gelohnt hat. Es wird daher beantragt, alle Eisenkonstruktionsteile der Enns= und Neubrücke (zumindest die bereits am meisten be¬ schädigten, um sie vor weiterer Verrostung zu bewahren) mit einem Schutzblech von einem Millimeter Stärke und 50 Zenti¬ meter Höhe über der Brückenbahn einfassen zu lassen Die gesamte Einfassung würde 76.100 Kronen kosten. Der Sektionsantrag lautet: Die dritte Sektion beantragt, aus Gründen der Notwendigkeit die Anschaffung von Schutz¬ blechen für die Gitterstäbe beider Ennsbrücken und schlägt die Sicherstellung dieser Arbeiten auf Grund einer allgemeinen Konkurrenz im Stadtgebiete von Steyr vor. Angenommen 18 Bohrungen zum Zwecke der Untersuchung des Grund¬ wassers Referent GR. Dr. Furrer. Der Herr Referent bringt den Amtsbericht, sowie das Offert der Firma G. Rumpel, Aktiengesellschaft, zur Verlesung (17795 ex 10708). Der Sektionsantrag lautet: Der löbliche Gemeinderat wolle nach Bericht des Bauamtes die Bohrungen der Firma Rumpel, Aktiengesellschaft, übertragen. Herr GR. Professor Brand glaubt, daß man die Ab¬ stimmung über den Sektionsantrag in zwei Teile teilen soll, erstens in die grundsätzliche Annahme des Bohrungsvorschlages und zweitens über das Offert der Firma Rumpel. Die Bohrungen selbst seien selbstverständlich notwendig, weil sie im Interesse der Wasserversorgung der Stadt liegen. Die zweite Frage würde wohl zu Gunsten der bestbekannten Firma Rumpel ausfallen. Herr GR. Tribrunner bemerkt, daß seinerzeit gesagt wurde, daß im Koburgbrunnen soviel Wasser vorhanden sei und derselbe nach Ausbauung soviel liefern könnte, daß er für die ganze Stadt zur Wasserversorgung genügen dürfte; nun hört man, daß die Ergibigkeit zurückgegangen; nur möchte ich sehr be¬ zweifeln, ob gerade in unmittelbarer Nähe dieses Brunnens die Bohrungen vorteilhaft sein werden, weil das Flußbett in der Nähe ist. Es wäre notwendig, nochmals mit Fachmännern zu sprechen, bevor diese Bohrungen beginnen sollen. Herr Vizebürgermeister Nothhaft betont ebenfalls, daß es gar keinem Zweifel unterliege, daß die Wasserversorgung der Stadt eine ernste Frage sei, es frage sich nur, ob schon jetzt, bevor das ganze Projekt der Wasserversorgung spruchreif ist, die Ausgaben für die Bohrungen zu machen sind; die finanzielle Kraft der Gemeinde erlaubt dies sicher nicht, denn von den angesprochenen 65 Millionen Anleihen werden vielleicht nur 30 bis 40 Millionen bewilligt werden; auch die Stadt¬ anleihe von 400 Millionen ist durchaus unsicher; es sollen daher zuerst alle diese großen Fragen erörtert werden, bevor die Gemeinde diese Auslagen für unsichere Bohrungsversuche mache. Herr GR. Steinbrecher macht aufmerksam, daß es früher geheißen habe, der Koburgbrunnen liefere 70 Sekunden¬ liter; diese Menge wäre genügend, um eine Stadt mit 80.000 Einwohnern zu versorgen. Gegenwärtig hat Steyr rund 30.000 Einwohner und steht mit Rücksicht auf die Lage der Stadt kaum zu erwarten, daß sie soviele Einwohner erreiche, daß die 70 Sekundenliter nicht mehr genügen durften. Er stelle daher den Antrag, die Angelegenheit bis zur Einholung eines neuerlichen fachmännischen Gutachtens zu vertagen Herr GR. Dr. Peyrer erklärt, daß er den Ausführungen des Stadtbauamtes skeptisch gegenüberstehe; die Bohrungen können Kosten bis zu mehreren Millionen verursachen; unter den gegen¬ wärtigen Verhältnissen könne man eine genügende Menge Wasser durch die Vertiefung und den Ausbau des Koburgbrunnen billiger haben.

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