Gemeinderatsprotokoll vom 23. September 1921

Herr Vizebürgermeister Nothhaft empfiehlt, vom Bau¬ amte eine Kostenberechnung über den Ankauf des Koburg¬ brunnens, dessen Vertiefung und Erweiterung ausarbeiten zu lassen, erst dann solle man über Bohrungsversuche schlüssig werden. Nach längerer Wechselrede beschließt der Gemeinderat, das Gemeinderatspräsidium zu beauftragen, die Sicherung des Kaufes des Koburgbrunnens durchzuführen und die weiteren Anträge in der nächsten Gemeinderatssitzung vorzulegen. 19. Abänderung des Vertrages mit der Heeresverwaltung wegen Beistellung eines Artillerie=Munitions=Magazines statt eines Infanterie=Munitions=Magazines. Referent Herr GR. Chalupka bringt nachstehenden Bericht zur Kenntnis: Amtsbericht: Der Gemeinderat der Stadt Steyr hat in seiner Sitzung vom 10. April 1920 die seitens des Staatsamtes für Heerwesen in der Zuschrift vom 8. März 1920 gestellten Be¬ dingungen hinsichtlich der Freigabe und Rückstellung des Artillerieexerzierplatzes in Dornach angenommen. Unter diesen Bedingungen befand sich auch die Verpflichtung der Gemeinde, ein den gesetzlichen Bestimmungen entsprechendes Infanterie¬ Munitionsmagazin bei Bedarf beizustellen. Nun wurde nach Steyr nicht Infanterie, sondern Artillerie disloziert, sodaß naturgemäß bei Bedarf eventuell nicht ein Infanterie= sondern ein Artillerie=Munitionsmagazin beigestellt werden müßte. Bevor das Bundesministerium für Heerwesen die Einwilligung gibt, daß die Anmerkung der Bestimmung der zum Stadtgute gehörigen Gründe als Artillerieexerzierplatz im Grundbuche gelöscht werde, verlangt dasselbe die Abänderung des Gemeinderatsbeschlusses vom 10. April 1920 dahin, daß die Gemeinde sich verpflichtet, im Bedarfsfalle nicht ein Infanterie= sondern eventuell ein Artillerie=Munitionsmagazin beizustellen. Steyr, am 21. September 1921. Dr. Habl m. p. Magistratsdirektor. Die Sektion stellt folgenden Sektionsantrag: Der Gemeinderat beschließt, den Gemeinderatsbeschluß vom 10. April 1920 dahin abzuändern, daß die Gemeinde sich ver¬ pflichtet, im Bedarfsfalle nicht ein Infanterie= sondern eventuell ein Artillerie=Munitionsmagazin beizustellen. Angenommen. 20. Verbauung des Stadtteiles Karolinental. Referent Herr GR. Krottenau. Nach Vortrag des Amtsberichtes, stellt der Herr Referent nachstehenden Antrag, welcher sich mit dem des Stadtbauamtes deckt: Um für die Zukunft die Erhaltung des Stadtteiles Karo linental als sogenanntes Wohnviertel sicherzustellen und die allmähliche Einschränkung der freien Gärtenflächen durch Auf¬ führung diverser Zubauten zu vermeiden, wird für dieses Stadtviertel die Errichtung von größeren Anbauten (Gro߬ viehställe, größere Vorratsschupfen u dergl.) grundsätzlich untersagt. Die Erbauung von Kleintierställen ist nach § 12 der Bau¬ ordnung an die Bewilligung durch die Baubehörde gebunden und kann deren Errichtung fallweise nur dann gestattet werden, wenn sie den geltenden baulichen sanitären Vorschriften Genüge leisten. Betreffend die gegenständliche Angelegenheit Skendrowic wird vorgeschlagen, diesem eine Feist von 3 Jahren zu setzen, innerhalb welcher Zeit er den Pferdestall und Schupfen abzutragen und für eine anderweitige Unterbringung seines Fuhrwerks=Unternehmens an geeigneter Stelle Sorge zu tragen hat Nach kurzer Wechselrede, in welcher sich Herr GR. Dr. Peyrer gegen die schroffe Unterbindung der Errichtung von Kleintier¬ stallungen wendet und diesen als eine zu starke Bevormundung der Bevölkerung bezeichnet, weil ohnehin das Ortspolizeigesetz diese Angelegenheiten rüge und Herr Dr. Furrer die dortigen sanitätswidrigen Zustände schildert, und erklärt, daß diese Zustände nicht weiter geduldet werden können, wird der Sektions¬ antrag vom Gemeinderate angenommen. 21. Erhöhung der Rauchfangkehrergebühren. Referent Herr GR. Aigner erinnert zunächst daran, daß die Erhöhung der Rauchfangkehrergebühren schon mehrmals auf der Tagesordnung des Gemeinderates stand; durch die fortwährende Steigerung aller Lebensmittel und der Bedarfs¬ artikel, sowie der Löhne, sind selbsiverständlich die Rauchfang¬ kehrer gezwungen, mit ihren Tarifen in die Höhe zu gehen Bei allen Geschäftsbetrieben ist ein paritätisches Lohnkomitee eingeführt worden, welche die neuen Lohnforderungen gemeinsam festsetzen. Anders ist dies bei den Rauchfangkehrern, welche an sogenannte Maximaltarife gebunden erscheinen, welche von der Landesregierung zu genehmigen sind. Das Begehren der Rauchfangkehrer datiert nun schon geraume Zeit zurück und hat die Landesregierung nunmehr die Aeußerung des Gemeinde¬ rates über den begehrten Tarif verlangt In den meisten Städten Oesterreichs wurde auch bereits die Forderung der Rauchfangkehrer bewilligt und begehren auch die hiesigen Rauch¬ fangkehrer eine Gesamterhöhung vom Grundtarife aus, um 2300 Prozent, bezw. 750 Prozent auf die letzte Erhöhung. Redner empfiehlt mit Rücksicht auf die außerordentlichen Ver¬ hältnisse und dem Zwange hieraus, dem folgenden Sektions¬ antrage zuzustimmen: „Auf Grund des vorliegenden Materiales und den diversen Berichten von den verschiedenen Bezirkshauptmannschaften möge der Gemeinderat dem Ansuchen der Rauchfangkehrermeister um Erhöhung des Kehrtarifes und zwar um 2300 Prozent zum Maximaltarife ab 1. September laufenden Jahres zustimmen“. Herr GR. Frühwald erklärt, gewiß nicht die Schwierig¬ keiten zu verkennen, die auch über den Kleingewerbetreibenden hereingebrochen sind. Eine Reihe von Parteien sei aber heute durch den Abzug beim Lohne für Gebühren darauf gekommen, daß die Tarife ziemlich hohe sind und haben Parteien an Redner appelliert, daß keine Nachweise vorliegen, wie hoch sich die Ausgaben der Rauchfangkehrer belaufen. Die Angaben der Rauchfangkehrer über ihre Ausgaben sind nicht amtlich fest¬ gestellt, was jedenfalls geschehen muß, bevor der Gemeinderat endgültige Beschlüsse faßt. Herr Direktor Braun habe selbst erklärt, daß die Angaben über die Auslagen nicht stichhältig sind, weil die Rauchfangkehrer nicht Buch führen; wie sieht es dann erst mit der Fürsorgeabgabe aus, wenn hier schon soche Zustände herrschen; Redner stellt daher den Gegenantrag, die Entscheidung des Gemeinderates bis zur amtlichen Fest¬ stellung der Auslagen im Geschäftsbetriebe der Rauchfangkehrer zu vertagen. Herr GR. Aigner erklärt, den Gegenantrag bekämpfen zu müssen und verweist darauf, daß die Gehilfenschaft schon vom 2. bis 13. September gestreikt habe, weil ihre Forderungen von den Meistern nicht bewilligt werden konnten. In Erwartung, daß der Gemeinderat nunmehr die neuen Tarife genehmige, haben die Meister die Forderungen der Gehilfen bewilligt und müßten nun das Mehr aus eigenem daraufzahlen, was man füglich nicht verlangen kann. Es würden auch bei neuerlicher Verzögerung der Angelegenheit, weil die Meister nicht mehr soviel zahlen könnten, die Gehilfen neuerlich in Streik treten. Herr GR. Frühwald erklärt, bei seinem Gegenantrage zu bleiben, weil nicht genau festgestellt sei, was die Meister verdienen. Die Abstimmung über den Vertagungsantrag ergibt die Annahme desselben mit 12 gegen 11 Stimmen bei zwei Stimmenenthaltungen. 22. Anschaffung von Einrichtungsgenständen für die öffentliche Handelsschule. Referent Herr GR. Krottenau. Der Sektionsantrag lautet: Der Gemeinderat wolle dem An¬ suchen der Direktion der Handelsschule, und zwar um Herstellung von sechs Holzkisten, sechs Kohlenkisten, vier Spucknäpfe, dreieckig für Gänge und Stiegenhaus, zwei Waschtische für Konferenzzimmer und Direktionskanzlei, fünf Thermometer, eine Stehleiter, 40 Stück Sesseln aus weichem Holz, ein Lehrmittelkasten, im Betrage von 59.800 Kronen zustimmen, welcher Betrag im Vor¬ anschlage sich um die Differenz der harten auf weiche Sessel ver¬ ringert Die Anschaffung der übrigen noh gewünschten Gegen¬ stände, wie zwei Podien, sechs Schultafeln, drei Katheder samt Sesseln und ein Konferenztisch wird die dritte Sektion nach Lokalaugenschein feststellen und wolle den Gemeinderat dann nachträglich, wenn die Notwendigkeit anerkannt wird, seine Zu¬ stimmung erteilen. Angenommen 23. Ansuchen zu Errichtung eines Verkaufsstandes. Referent Herr Vizebürgermeister Mayrhofer. Den Vorsitz übernimmt Herr Vizebürgermeister Nothhaft. Herr Referent Vizebürgermeister Mayrhofer referiert über die vorliegenden Ansuchen und erinnert an die bereits über Aufstellung von Standeln im Stadtgebiete, insbesondere am Stadtplatze, gefaßten Beschlüsse. Mit Rücksicht darauf hat die Sektion beschlossen: „In Verfolg des Gemeinderatsbeschlusses über Aufstellen von Verkaufshütten im Stadtgebiete Steyr be schließe der Gemeinderat die Aufstellung von Verkaufsbuden jeder Art in geschlossenem, verbautem Stadtgebiete, in Straßen und auf Plätzen zu untersagen, die Bewilligung der Aufstellung solcher außerhalb des geschlossenen Stadtgebietes dem Gemeinde¬ rats=Präsidium zu überlassen". Angenommen.

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