Gemeinderatsprotokoll vom 27. Juli 1921

GR Schickl befürchtet, daß die hiesigen Fuhrwerksbesitzer jenen gegenüber, die vom Lande im Stadtgebiete Speditions¬ dienste versehen, nicht mehr konkurrenzfähig sein werden, nach¬ dem doch diese keine Abgabe entrichten brauchen. Der Referent hegt diese Befürchtung nicht, außerdem teilt der Vorsitzende mit, daß auch Pferde, die vorwiegend im Stadtgebiete Verwendung finden, besteuert werden Der Antrag wird angenommen. i) Abgabe von gemeinem Bodenwerte. Referent GR. Saiber: Die Sektion stellt den Antrag: Der Gemeinderat beschließe die Einhebung einer Abgabe im Sinne folgender Vorlage: Gesetz betreffend die Einführung einer Ab¬ gabe von gemeinem Bodenwerte (Bodenwertabgabe) im Gebiete der Stadt Steyr § 1. 362 Abgabepflicht. Die Gemeinde Steyr wird ermächtigt, von allen im Steyrer Gemeindegebiete gelegenen verbauten und unverbauten Liegen¬ schaften eine Bodenwertabgabe zu erheben. § 2. a) Kraft des Gesetzes. Von der Bodenwertabgabe sind befreit: 1. Liegenschaften, welche im Eigentum d:s Bundes, des Landes Oberösterreich, der Gemeinde Steyr oder eines von ihnen verwalteten oder dotierten Fonds stehen. 2 Alle in das Eisenbahnbuch eingetragenen, im Besitz einer Eisenbahnunternehmung stehenden Grundstücke, welche zum Be¬ triebe der Eisenbahn zu dienen haben (sogenannte Eisenbahn¬ grundstücke im Sinne des Gesetzes vom 19. Mai 1874, R.=G.¬ Bl. Nr. 70). l.) Kraft besonderer Zuerkennung. Von der Entrichtung der Bodenwertabgabe können über Ansuchen gegen Widerruf befreit werden: 1. Anstalten, Körperschaften und Unternehmungen, ins¬ besondere die gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaften, sämtlich, sofern sie von der Gemeinde Steyr als gemeinnützig anerkannt werden, für jene Liegenschaften, welche den gemeinnützigen Zwecken dienen. 2 Die Besitzer von Garten= und Parkanlagen für eben diese Anlagen, wenn sie der allgemeinen Benützung dauernd geöffnet sind Bemessungsgrundlage. § 3. Der Abgabebemessung wird der gemeine Bodenwert der Liegenschaft (im Uebergangsjahr 1922 mit 10 Kronen per Quadratmeter) zugrunde gelegt Als solcher gilt jener Wert, den der Boden bei einem Ver kaufe für jedermann hat Der gemeine Bodenwert wird das erstemal für die Zeit bis Ende Dezember 1924, in Hinkunft für eine dreijährige Ver¬ anlagungsperiode nach dem im § 8 geregelten Verfahren fest¬ gestellt. Als Stichtag für die Bodenbewertung gilt für die erste Veranlagungsperiode der 1. Jänner 1922, für jede weitere Periode der ihrem Beginn vorangehende 1. Jänner Im Laufe der Veranlagungsperiode eintretende Verände¬ rungen im gemeinen Bod uwert einer abgabepflichtigen Liegen¬ schaft begründen keinen Anspruch auf Abänderung der Bemessung. § 5. Anzeigepflichtige Veränderungen während der Veranlagungs periode. Wenn erstens eine abgabefreie Liegenschaft abgabepflichtig wird oder zweitens eine abgabepflichtige Liegenschaft abgabefrei wird, so ist der Eigentümer der Liegenschaft verpflichtet, unter Vorlegung der betreffenden Urkunden binnen 50 Tagen nach Eintritt der Veränderung der Behörde die Anzeige zu machen. Die durch diese Veränderuugen bedingte Abgabepflicht bezw Abgabefreiheit tritt mit dem nächsten Zahlungstermin (§ 11) in Kraft Ist jedoch die Veränderung nicht bis zu diesem Tage in der vorgeschriebenen Weise angezeigt, so tritt eine dadurch bedingte bgabefreiheit erst mit dem auf die Anzeige folgenden Zahlungstermin in Kraft. Ausmaß der Abgabe. Die Abgabe beträgt jährlich fünf vom Tausend des gemeinen Bodenwertes. § 7. Veranlagungsverfahren. Behörden. Die Bemessung, Vorschreibung und Einhebung der Boden¬ wertabgabe obliegt dem Steyrer Magistrate. Wertfeststellung. 1. Jeder Eigentümer einer abgabepflichtigen Liegenschaft oder sein gesetzlicher Vertreter oder der von ihm für die Liegenschaft bestellte Verwalter ist verpflichtet, in der Zeit vom 1. Jänner bis 31. März vor Beginn jeder neuen Veranlagungsperiode unter Benützung der im Verordnungswege zu bestimmenden Formulare der Behörde eine Selbsteinschätzung des gemeinen Bodenwertes vorzulegen und hiebei über bestimmte für die Abgabebemessung oder die Abgabefreiheit wesentliche Tatsachen Auskunft zu erteilen. 2. Erstmalig sind diese Selbsteinschätzungen innerhalb sechs Wochen nach Wirksamkeitsbeginn dieses Gesetzes vorzulegen. 3. Die Behörde kann die Abgabe so'ort auf Grund der Selbsteinschätzung bemessen; sie hat jedoch während anderthalb Jahren nach Zustellung des Zahlungsauftrages das Recht, Selbsteinschätzung zu beanständen. Diese Beanständung ist der Partei mit der Aufforderung mitzuteilen, binnen einer Frist von 30 Tagen ihre Einwendungen dagegen vorzubringen Beanständung hat jene Bewertung zu enthalten, die nach dem Dafürhalten der Behörde für die Veranlagungsperiode die ent¬ sprechende ist. 4. Erhebt die Partei innerhalb der gestellten Frist gegen die Wertannahmen der Behörde Einwendungen, so hat die Wert¬ ermittlung, sofern nicht ein gütliches Uebereinkommen erfolgt, im Wege der gerichtlichen Schätzung, der nötigenfalls die Ein¬ vernahme von Auskunftspersonen vorauszugehen hat, statt¬ zufinden. 5. Die Kosten der gerichtlichen Schätzung fallen dem Ab¬ gabepflichtigen nur dann zur Last, wenn ihr Ergebnis den Selbsteinschätzungswert um mindestens 12½ Prozent übersteigt. 6. Wenn die Partei keine Selbsteinschätzung vorlegt, ob¬ wohl sie hiezu unter Hinweis auf die Rechtsfolgen der Unter¬ lassung aufgefordert wurde, oder gegen die amtlichen Wert¬ annahmen innerhalb der ihr gestellten Frist keine Einwendung erhebt, so kann mit der Bemessung auf Grund der amtlichen Wertannahmen vorgegangen werden und die Partei verliert das Beschwerderecht gegen die Wertfestsetzung 7. Die Wertfestsetzung im Beanständungsverfahren wirkt für die ganze Veranlagungsperiode 8. Unter Partei wird der jeweilige Eigentümer der Liegen¬ schaft verstanden. 9. Die Miteigentümer einer Liegenschaft sind verpflichtet, schon in der Selbsteinschätzung einen gemeinsamen Bevoll¬ mächtigten anzuführen, widrigenfalls die Bemessungsbehörde berechtigt ist, jeden der Miteigentümer als Bevollmächtigten der anderen anzusehen. 10 Für den Fall der Einführung einer staatlichen Ver¬ mögensbesteuerung haben die für diese Besteuerung angenomme¬ nen Bewertungen als Grundlage für die Bemessung der Boden¬ wertabgabe zu gelten. Die näheren Bestimmungen werden durch Vollzugsanweisung erlassen Zahlungsauftrag. Zustellung Von der Bemessung der Abgabe ist der Eigentümer der Liegenschaft mittels Zahlungsauftrages, aus welchem der der Bemessung zugrunde gelegte Wert, der Abgabesatz und der zu entrichtende Abgabebetrag zu entnehmen sein muß, zu ver¬ ständigen Hat das Beanständungsverfahren nach § 8 eine Aenderung des auf Grund der Selbsteinschätzung bereits vorgeschriebenen Abgabebetrages zum Ergebnis, so ist ein neuer, die Richtig¬ stellung aussprechender Zahlungsauftrag zu erlassen Die Zustellung der Zahlungsaufträge hat in der in den §§ 267 und 263 des Gesetzes, betreffend die direkten Personal¬ steuern, geregelten Weise zu erfolgen. § 10 Rechtsmittel. 1. Gegen die Bemessung der Bodenwertabgave, dann gegen spätere Verfügungen der Bemessungsbehörde ist innerhalb der Frist von 30 Tagen beim Steyrer Magistrate einzubringende Beschwerde an eine Kommission zulässig, die unter dem Vorsitze des Bürgermeisters oder eines von ihm bestellten Vertreters, aus sechs weiteren vom Steyrer Gemeinderate aus seiner Mitte zu wählenden Mitgliedern und aus vier vom Bürgermeister zu bestimmenden rechtskundigen Beamten des Steyrer Magistrates besteht und deren Geschäftsordnung der Gemeinderat beschließt. Die Wahl hat nach den analogen Bestimmungen der Gemeinde¬ wahlordnung zu erfolgen und für fünf Jahre oder bis zum allfälligen früheren Ablauf der Mandatsdauer zu gelten Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. 2. Vor der Bemessung ergangene Verfügungen sind nicht durch ein abgesondertes Rechtsmittel, sondern erst durch die Beschwerde gegen die Bemessung anfechtbar. 3 Im übrigen haben die Bestimmungen des Gesetzes vom 19, März 1876, R=G.=Bl. Nr. 28, sinngemäße Anwendung zu finden

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2