Gemeinderatsprotokoll vom 2. September 1920

Es entwickelt sich eine lebhafte Wechselrede, in welcher der Herr Vorsitzende über die Verhandlungen im Gemeinderats¬ präsidium mit dem Vertreter der Firma Kröger berichtet und Herr GR. Saiber betont, daß auch mit dem (vertragsmäßigen Pönale von 10.000 K nichts anzufangen wäre. Man könne der Firma Kröger ja sagen, daß man vor der Lieferung der Schichtenpläne über eine weitere Entschädigung nicht sprechen könne Herr Referent Vizebürgermeister Mayrhofer macht auf merksam, daß derzeit für den Hektar eine Vermessungsgebühr von 200 K gezahlt wird. Es könnte also die Bezahlung so er¬ olgen, daß die Firma Kröger nur für die tatsächlich fertig gestellten Arbeiten entschädigt wird. Herr GR. Witzany stellt den Antrag, daß die Firma Kröger verpflichtet werde, bis 31. Dezember l. J. ohne vor¬ herigen Anspruch auf Entschädigung über das Offert das Operat zu liefern Herr GR. Rudda stellt den Zusatzantrag, daß die Firma Kröger die Garantie übernehmen müsse, daß die Pläne auch timmen. Herr Referent Vizebürgermeister Mayrhofer erklärt, daß er gewiß keinen Anlaß habe, sich für die Firma Kröger einzusetzen und tue dies auch nicht. Die Sektion hat alle Mo¬ mente in Erwägung gezogen und ist zu folgenden Antrag gelangt: Der Gemeinderat genehmige das Nachtragsoffert des In¬ genieur Kröger bei Rücksichtnahme auf die Forderungen, welche der Magistrat mit seiner Zuschrift vom 16. August 1920 an den genannten Ingenieur gestellt hat. Herr Vorsitzender Bürgermeister Wokral erklärt die Debatte, nachdem Redner nicht mehr vorgemerkt erscheinen, ge¬ schlossen und läßt über den Gegenantrag, daß die Firma Kröger bei Aufrechthaltung der sonstigen Vertragsbedingungen bei letzter Terminsetzung bis 31. Dezember 1920 verpflichtet sei, das Operat einwandfrei zu liefern, abstimmen. Der Gegenantrag wird mit 12 Stimmen angenommen. Der Sektionsantrag ist somit gefallen. Beschlußfassung über die Verlegung des Jugend¬ 18. amtes und der Mutterberatungsstelle. Reserent Herr GR. Krottenau der Bericht des Bauamtes lautet: Bericht 2413 über die Unterbringung des Jugendamtes und der Mutter beratungsstelle im Lambergschen Schlosse. Im beiliegenden Plane ist die Widmung einzelner Räume im ersten Stockwerke des Schlosses ersichtlich gemacht. Daraus geht hervor, daß dieses Amt sowohl hinsichtlich der Lage zum Stadtgebiet, als auch in räumlicher Beziehung sehr zweckmäßig untergebracht erscheint Die Lokale sind im großen und ganzen so zu verwerten wie sie sich dermalen vorfinden. Es erscheint aus Gründen des Dienstbetriebes lediglich notwendig, daß für den Arzt bestimmte ärztliche Zimmer in direktem Zusammenhange mit einen Warte¬ raum zu bringen, damit hier die Parteien einen geschlossenen Raum haben, in dem nicht nur gewartet, sondern auch die kinder gewogen und gemessen werden können. Das gegenwärtig hiefür bestimmte Lokal erweist sich für diesen Zweck etwas zu klein (16 m2); dessen Vergrößerung auf 24 m2 ist jedoch mit jeringen Kosten möglich, da nur die aus Gipsdielen bestehende dünne Scheidewand bei Wiederverwendung des Materiales auf 2 m2 verschoben werden braucht Die direkte Zugänglichmachung des ärztlichen Zimmers von außen ist durch die Ausnützung eines vorhandenen schmalen Ganges möglich, der durch Abtragen eines daselbst eingebauten klosetts seiner ursprünglichen Widmung zugeführt werden könnte; in diesen wäre auch eine Tür vom Warteraum aus durchzubrechen Schließlich ist das vorhandene Klosett am Ende des vor genannten Ganges gegen diesen und einer Türe abzuschließen und im ärztlichen Zimmer eine Aschmulde mit direktem Wasser¬ zu= und ablauf herzustellen Die Kosten der erforderlichen Adaptierungen werden sich bei Rücksichtnahme auf die Herstellungen in eigener Regie und und Beigabe vorhandenen Materiales, wobei lediglich die Faßenze¬ Waschmulde beschafft werden müßte, auf 6500 K stellen. In diesen Betrag ist jedoch die Verlegung des Telephons und Schaffung einer Nebenstelle inbegriffen. Von der Schloßverwaltung müßte das Fällen einzelner abnorm hoher Bäume vor den Fenstern der Amtsräume ver angt werden, damit denselben mehr Licht gespendet wird Der Sektionsantrag lautet: Der Gemeinderat genehmige die Verlegung der Mutter¬ beratungsstell= und des Jugendamtes in das Lambergsche Schloß und bewillige die zu diesem Zwecke erforderlichen Mittel im Be¬ Angenommen — trage von 6500 K. 9. Bericht über die elektrische Bahn Enns —Steyr und Beschlußfassung über die Trayier ung. Referent Herr Vizebürgermeister Mayrhofer. S### In der vorigen Woche hat in der Bahnangelegenheit in Steyr eine Versammlung stattgefunden, welche leider schwach be¬ sucht war, obwohl es im Interesse der gesamten Geschäftswelt gelegen wäre, der Angelegenheit ein Augenmerk zuzuwenden. 7 Seit der Entstehung des ersten Projektes, welches keinen echten Fluß bekam, ist das Ennser=Projekt aufgetaucht, welches viele Interessenten aufbrachte und auch einen Betrag von neun Millionen bereits gesichert haben soll. Für Steyr ist diejenige Linie maßgebend, welche uns die besten wirtschaftlihen Vorteile bringt Die Ennser haben nun in letzter Zeit mitgeteilt, was ie eigentlich wollen, nämlich einen direkten Anschluß dieser fraglichen Bahn an den Bahnhof in Enns. Es mußte jedoch dabei um Enns herumgefahren werden. Dieser Standpunkt bringt ür Steyr keine Vorteile. Redner erläutert an der Hand eines Situationsplanes die von der Versammlung gewählte Trasse über den dritten Bezirk Stein, Wolfern im Tale der Ipf via Tillisburg zum Anschlusse in St. Florian und bringt sodann den Sektionsantrag zur Kenntnis: Der Gemeinderat entscheide sich unter Berücksichtigung der For¬ derungen, welche das Gros der Bevölkerung von Steyr in Angele¬ enheit der Trassenwahl eingenommen hat, für eine Verbindung von Steyr über den neuen dritten Bezirk Stein, Wolfern und m Tale der Ipf via Tillsburg zum Anschluße an St. Florian und gibt der Gemeinderat bei diesem Anlasse der Erwartung Ausdruck, daß sich auch Enns und Hargelsberg in Würdigung der Umstände, die die Steyrer Bevölkerung aus zwingenden virtschaftlichen Beweggründen veranlaßten, diese Trasse, als für ie am allervorteilhaftesten zu erklären, nunmehr entschließen werden, an den zu schaffenden Werke wie bisher regsten Anteil zu nehmen, da mit dieser Linie auch ihre bekannten Interessen durchaus gefördert werden. err GR. Tribrunner unterstützt den Sektionsantrag glaubt aber, daß sich der Gemeinderat nochmals mit der Frage verde beschäftigen müssen, als erst der Eisenbahnrat über die Zweckmäßigkeit der vorgeschlagenen Trasse entscheiden werde. err GR. Prof. Brand macht aufmerksam, daß auch hin¬ ichtlich der Beitragsleistung zur Trassierung ein Beschluß ver¬ langt wird; es müßte also auch in dieser Hinsicht ein Antrag uf Beitragsleistung für die Trassierung gestellt werden. Herr GR Rudda bespricht die beantragte Trasse und laubt, daß der Gemeinderat mit dem Landesrate und und der Tramway= und Elektrizitätsgesellschaft vorerst Fühlung nehmen solle, um die Stimmung und Stellung kennen zu lernen, welche diese Faktoren zu dem Projekte nehmen. Herr Vorsitzender Bürgermeister Wokral berichtet, daß die Ennser=Interessenten bereits die Vorkonzession für ihre Zwecke erworben haben; wenn im heurigen Herbste nicht trassiert werde aufe die Frist der Konzession ab. Die Ennser haben mit dieser Vorkonzession die Berechtigung für die Strecke St. Florian— Enns— Steyr bekommen und der Gemeinderat hatte beschlossen, zur Trassierung dieser Strecke beizutragen. Nun handelt es sich arum, für welche Strecke die Trassierung vorgenommen werden soll, da uns heute ein anderes Projekt zur Annahme vorliegt. Die Ennser hätten nun recht, wenn sie sagten, die Steyrer hätten nun die Kosten der Trassierung der neuen Strecke selbst zu tragen. Wir können also zwischen zwei Stühle auf die Erde ommen, wenn sich der Gemeinderat nicht auch bezüglich der Trassierungskosten zu dem vorliegenden Projekte zu einer Stellung¬ nahme entschließt. Noch vor den Trassierungsarbeiten können nit der Tramwy=Gesellschaft und dem Eisenbahnrate Fühlung genommen werden, weil erst diese Behörden entscheiden müssen, velche Trasse die vernünftigste ist Herr GR. Prof. Brand erklärt sich mit diesem Standpunkt ollkommen einverstanden. derr GR. Rudda erklärt sich auf keinen Fall einver tanden, daß die Entscheidung verzögert werde. Die Trassierungs¬ irbeiten müßen vor den Anbau erfolgen. Diese würden höchstens acht Wochen in Anspruch nehmen. derr Referent Vizebürgermeister Mayrhofer erklärt m Schlußworte, daß der direkte Anschluß an St. Florian ent¬ chieden die symphatischeste Trasse ist und sich auch die Ennser mit diesem Projekte bereits abgefunden haben, sobald ihnen ein Anschluß gewahrt bleibt. Regierungsrat Eckl erklärt, daß eine Abzweigung nach Enns die Kosten sehr wesentlich verteuern würde, weil dort ein Stationsgebäude errichtet und auch für dasselbe Angestellte gebraucht werden; dieser Ausspruch wider¬ pricht sich mit früheren Erklärungen. Was Herr Bürgermeister Wokral und Herr GR Prof Brand ausführten, ist vollkommen eichtig und muß daher der Sektionsantrag einen Zusatzantrag wegen Beitragsleistung zu den Trassierungskosten der vorge chlagenen Linie erhalten. Dieser Zusatzantrag würde lauten: Der Gemeinderat der Stadt Steyr beschließe zu den Trassierungs¬ kosten nach dem Schlüssel der Einwohnerzahl für die von der Sektion beantragte Linie beizutragen; allenfalls auch für eine bzweigung derselben nach Enns Die vom Vorsitzenden Herrn Bürgermeister Wokral ein¬ geleitete Abstimmung ergibt die Annahme des Sektionsantrages und in zw eiter Abstimmung auch die Annahme des Zusatzantrages IV. Sektion 20. Ansuchen um E höhung der Verpflegskosten Referent Herr Vizebürgermeister Dedic. Der Armenrat hat in seiner Sitzung vom 9 August 1920 aus Gründen der Teuerung der Erhöhung der Verpflegskosten in der Schutzanstalt von 80 X auf 1·0 K zugestimmt. Die IV. Sektion schließt sich diesem an und stellt den Antrag Der Gemeinderat wolle die Erhöhung des monatlichen Verp egskostenbeitrages von 80 K auf 100 K bewilligen Angenommen. 9916L

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