Gemeinderatsprotokoll vom 7. Februar 1920

5. Ausgestaltung der h.=o. Fachschule für Eisen= und Stahlbearbeitung. Referent Herr G.=R. Reisinger. Mit der Angelegenheit der Ausgestaltung der Fachschule hat sich der Gemeinderat schon des öfteren befaßt, da das Ge¬ bäude, in welches gegenwärtig die Fachschule untergebracht ist, viel zu klein ist und keine gedeihliche Entwicklung der Schule zuläßt. Es wurde nun die ehemalige Jägerkaserne zur Unter¬ bringung der Fachschule ausersehen und sind auch Verhandlungen mit den Staatsämtern und der Landesregierung diesbezüglich im Zuge, welche jedoch noch zu keinem endgiltigen Ergebnisse geführt haben, da sich die Staatsämter zu einigen Forderungen nicht herbeilassen wollen; das Staatsamt für Finanzen will nur ie Bestellung der Lehrkräfte übernehmen, alles andere sollte die emeinde tragen. Die Gemeinde ist aber außerstande, allein diese hohen Kosten der Adaptierung, der Inneneinrichtung, der Beleuchtung und Beheizung zu übernehmen. Der Fachschulausschuß wird sich daher demnächst wieder eingehend mit der Frage be¬ chäftigen und wird zu den weiteren Verhandlungen ein Ver¬ treter des Staatsamtes erwartet. Der Gemeinderat möge heue seine grundsätzliche Zustimmung zur Adaptierung der Jäger kaserne für die Fachschulzwecke aussprechen, worauf dem Gemeinde rate seinerzeit über das Ergebnis der Verhandlungen und Be¬ ratungen berichtet werden wird Herr Vorsitzender Vizebürgermeister Dedic nimmt Bezug auf die den Gemeinderäten auf den Tisch gelegten Berichte über die Kosten der Ausgestaltung der Jägerkaserne zur Fachschult und verweist darauf, daß die baulichen Adaptierungs= bezw erstellungskosten 1,052 000 K und der Neubau des Werkstätten¬ gebäudes 1,300 000 K betragen; samt allem Anhange würden die Gesamtkosten 2,382.000 K betragen, welchen Kosten ein Betrag von nur 215.000 K als Schadenersatzleistung durch die Hieres¬ verwaltung gegenüberst hi Herr G.=R. Prof. Brand erklärt, die Notwendigkeit der Ausgestaltung der Fachschule durchaus nicht zu verkennen, glaub aber, daß man doch vorsichtig sein solle und zunächst die Sub¬ entionen des Staates, des Landes und der anderen interessierten Faktoren gesichert werden sollen. Diese Kosten würden für das Gemeinde-Budget geradezu katastrophal wirken, wenn ohne vor¬ herige Sicherstellung der Subventionen ein Beschluß auf Durch¬ ührung der Ausgestaltung nach dem vorliegenden Berichte gefaßt werden würde. Herr G.=R. Witzany berichtet, daß der Fachschulausschuß seinem in dessen Sitzung gestellten Antrag zugestimmt hat, welcher lautet: „Der löbliche Gemeinderat beschließe, um die Ausgestaltung ind Erweiterung der Fachschule und Versuchsanstalt für Eisen¬ und Stahlbearbeitung in Steyr zu fördern, wird die derzeitige Jägerkaserne samt Nebengebäuden und dem zur Ausgestaltung nötigen Grundkomplexe — siehe Plan — dem Staatsamt für Handel und Industrie übergeben. Das Besitzrecht am Gebäude leibt der Gemeinde gewahrt Des weiteren wird die Gemeinde das Gebäude im Einvernehmen mit der Direktion der Fachschule so in Stand setzen, daß der Betrieb der Fachschule mit dem Schuljahre 1920/21 beginnen kann. Die Adaptierungskosten gehen zu Lasten der Gemeinde und ist die Garantie einer Verrechnung mit der Kasernenverwaltung Innsbruck auf Grund des seinerzei gefaßten Protokolles sicherzustellen. Die Haus= bezw. Schulgebäude Erhaltungskosten gehen, da die Gemeinde Besitzerin bleibt, zu ihren Lasten. Für interne Schulbetriebskosten kann die Gemeinde der malen nicht aufkommen. Aus der Angliederung eines Internates dürfen der Gemeinde keine Kosten erwachsen. Des weiteren wird der Bürgermeister beauftragt, sofort an die Landesregierung im Gewährung einer jährlichen Subvention heranzutreten. Da die Gemeinde enorme Lasten hiemit übernimmt und selbe in Ansehung der Wichtigkeit der Sache gerne diese Opfer bringt kann auch vom Lande, da es sich hier um ein Werk der Gewerbe und Industrieförderung handel, erwartet werden, daß es die geplante Ausgestaltung der Fachschule Steyr mit entsprechenden Mitteln ausreichend fördern werde. Des weiteren wolle der Sparkasse, Bürgermeister sich mit allen lokalen Faktoren — Großindustrie, Gewerbe= und Handelskammer 2c. — für Bei¬ tragsleistungen und sonstige Zuschüsse in Verbindung treten. Als Zusatzantrag wolle angenommen werden: „Die Er¬ wveiterung der Fachs ule und die Werkstättenabteilung im Sinne bes Antrages der Direktion wird zugestimmt, selbe nach Eröffnung der Schule innerhalb zwei Jahren durchzuführen, vorausgesetzt daß das Staatsamt für Handel und Industrie zustimmt, innerhalb wei Jahren nach Fertigstellung dieser Werkstätte die Innen¬ einrichtung zu besorgen. Dadurch findet auch der ganze Plan der Ausgestaltung eine nähere Erklärung Es wolle daher der Gemeinderat diesem Antrage zustimmen, damit mit den Arbeiten sogleich begonnen werden könne Herr G.=R. Dr. Furrer glaubt, daß die Angelegenheit dennoch im Gemeinderate noch näherer Erörterungen bedarf vofür Vorberatungen notwendig sind, weshalb er den Vertagungs¬ antrag bis zur nächsten Gemeinderatssitzung stellt Herr G.=R. Witzany erwidert, daß den Beratungen des Fachschulausschusses auch die Mitglieder der II. und IV. Sektior ugezogen waren, so daß ein großer Teil des Gemeinderates von allem unterrichtet ist. Der Antrag sei wirklich so vorsichtig ge¬ halten, daß er auf die möglichst ertragbare Belastung der Ge¬ meinde durch Aufteilung der Ausgestaltung auf mehrere Jahre Rücksibt nimmt. Redner spricht sich gegen den Vertagungsantraß aus und beantragt, dem von ihm verlesenen Antrage zuzustimmen 3 Herr Vorsitzender leitet sodann über den Vertagungs¬ antrag des Herrn Dr. Furrer die Abstimmung ein, welche von emeinderate abgelehnt wird. Es sprechen noch die Herren Vizebürgermeister Mayr ofer und Gemeinderat Eisterlehner, welche sich für den lntrag der Sektion bezw. des Fachschulausschusses aussprechen Herr Vizebürgermeister Nothhaft schließt sich den Aus¬ ührungen des Herrn G.=R Prof. Brand an und wünscht gleich¬ alls, daß die die Gemeinde treffende finanzielle Belastung vorerst ichergestellt und die Staats=, Landes= und sonstigen Beitrags¬ eistungen gesichert werden Herr G.=R. Aigner erklärt, die baldigste Ausgestaltung der Fachschule vom Gewerbeförderungsstandpunkte aus nur be¬ rüßen zu können. Der früheren Gemeindevertretung war es eider mangels finanzieller Mittel nie möglich gewesen, diese in Angriff zu nehmen, obwohl die Absicht der Ausgestaltung de Fachschule schon auf lange Jahre zurückgeht. Nachdem die Ge¬ meinde zur Zeit die finanziellen Mittel besitzt, sei es notwendig, die Sache energisch in die Hand zu nehmen und zwar in einer Weise, daß damit doch nicht die Mittel der Gemeinde zu sehe belastet werden. Es solle heute wenigstens grundsätzlich beschlossen werden, nach dem Antrage des Herrn G.=R. Witzany die Adap¬ tierungsarbeiten zu beginnen Es sei aber auch notwendig, sofort um die Subventionen des Staates und Landes usw. einzuschreiten und diese sicherzustellen, denn, wenn der Bau einmal fertig sei ekomme man erfahrungsgemäß vom Staate wenig oder garnichts, mit der Begründung, daß die Gemeinde ja nicht gebaut hätte venn sie nicht selbst die Mittel hiezu besessen hätte. In diesem Sinne appelliert Redner an die Herren Nationalräte und Land¬ agsabgeordneten der Stadt, um die Subventionen möglichst rasch u sichern. Nachdem Herr G=R. Witzany eingehende Aufklärungen gegeben und seinen Antrag nochmals zur Verlesung gebracht hat leitet der Herr Vorfitzende über denselben die Abstimmung ein und vird der Antrag samt Zusatzantrag vom Gemeinderate mit Mehrheit angenommen. 6. Ordnung und anderweitige Unterbringung des städt Archives. Referent Herr G.=R Reisinger In dieser Sache liegt vom Herrn Bürgermeister Wokral eine Zuschrift vor, welche lautet: „Herr G.=R. Steinbrecher hat in der letzten Gemeinderats¬ itzung eine Anfrage wegen des städt Archives an den Vorsitzende. gerichte Anknüpfend an die Anfrage beehre ich mich mitzuteilen, daß die Sichtung des Archivs dringend nötig ist. Es wäre Ge¬ egenheit, einen Teil des Archives beim Landesarchiv unter Wah¬ rung unseres Eigentumsrechtes unterzubringen aher lade ich den Gemeinderat ein zu beschließen, das ädt. Archiv ist einer fachmännischen Sichtung zu unterziehen, ie Gegenstände, welche Musealw.rt besitzen, sind dem städt. Museum einzuverleiben Die anderen Gegenstände sind, soweit sie nicht aus den letzieren Jahrzehnten stammen und daher allenfalls noch aktuell ind, dem Landesarchiv unter der Bedingung der Sicherung des Eigentumsrechtes der Stadt Steyr und der Evidenzhaltung mit em Rechte, jederzeit einzelne Stücke für Amts= und Studien¬ gebrauch zu entlehnen, einzuverleiben Der Landesrat ist zu ersuchen, die Einverleibung und fach gemäße Behandlung und unter obgenannten Voraussetzungen das Archiv der Stadt Steyr zu besichtigen und einen fachkundigen Beamten hiezu zu entsenden, welcher mit Herrn Lehrer Sager ie Sichtung und Uebernahme bezw Uebergabe durchführen kann. Gleichzeitig erlaube ich mir aufmerksam zu machen, daß es im Interesse des städt. Museums dringend geboten ist, geeignete Räume für dessen Unterbringung zu beschaffen.“ 30 Steyr, am 20. Jänner 1920. Der Bürgermeister: Wokral. Der Sektionsantrag lautet Das städt. Archiv ist zu sichten, die Gegenstände welche Musealwert besitzen, sind dem städt. Museum einzuverleiben Zur Ordnung des Archivs sei der Landesrat zu ersuchen inen Fachmann nach Steyr zu entsenden, welchem allenfalls in oder zwei Personen zur Mithilfe von der Stadtgemeinde zu gewiesen werden Ueber die Unterbringung wird der Gemeinderat zu jenem Zeitpunkte beschließen, wenn die Sichtung durchgeführt worden ist. Herr G=R Bachmayr verweist darauf, doß die Unter¬ bringung verschiedener Sachen in das städt. Museum wegen essen Feuergefährlichkeit nichs ratsam sei. herr Vorsitzender Vizebürgermeister Dedic erwidert, daß es sich dermalen nur um eine Sichtung handle und hiezu die Zustimmung notwendig sei Der Sektionsantrag wird vom Gemeinderate angenommen. . Ansuchen umErhöhung der Verpflegsgebühren im tädt. Gefangenhaufe. Referent Herr G.=R. Reisinger. Der Polizei=Gefangenhaus=Inspektor Hinterreiter hat ein umfangreiches Ansuchen um Erhöhung der Verpflegsgebühren

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