Gemeinderatsprotokoll vom 10. März 1919

Neubau eines Maschinenhauses und seinen Einrichtungen soweit möglich gemacht werden muß, daß das Krankenhaus in seiner Beleuchtung von außen her unabhängig wird, oder doch eine Reserveanlage hat. Weiters muß die Schaffung von Leuchtgas vorgesorgt werden, das in einem Krankenhausbetrieb geradezi unentbehrlich ist; unentbehrlich ist Gas auch für Wärme= und Kochzwecke usw. Einen Hauptpunkt wird die Schaffung von Aufbewahrungsräumlichkeiten, Schupfen usw., bilden und nicht zu vergessen eine Wohnung für den Primarius und Wohnungen für die Dienerschaft des Krankenhauses so Was die Ueberschreitungen der Bausumme betrifft, muß darauf hingewiesen werden, daß der größte Teil de Bauzeit schon in die Kriegszeit fiel, welche die Bauführung selbstverständlich verteuerte. Die Teuerung betraf insbesondere die Einrichtungen für das Krankenhaus, die zu einem sehr be¬ bedeutend erhöhten Preise beschafft werden mußten Alle die vorgedachten Fragen der Verbesserung und der notwendigen Erweiterungsbauten werden den Gemeinderat in der nächsten Zeit intensiv beschäftigen müssen. Die Kosten der¬ elben werden wohl in die Millionen gehen. Die Fragen sind in zwei Teile zu teilen, in das, was sofort zu geschehen hat und in das, was in späterer Zeit durchgeführt werden muß Für die Schuldfrage an Verfehlungen gibt es aber gewiß mildernde Umstände, die ich schon vorher angeführt habe und die den vergangenen Gemeinderat gewiß entlasten. Daß es aber höchste Zeit ist, sich mit den Verbesserungsfragen eingehend zu eschäftigen, ist richtig und wünsche ich lebhaft, daß die heutigen Ausführungen und Anregungen für das Krankenhaus zu einem recht guten Erfolge führen. Herr G.=R. Kirchberger: „Ich erlaube mir in erster Linie auf den Bericht der Krankenhauskommission zurückzukommen und behalte mir vor, Herrn G.=R. Zwicker auf die gegen mich gerichteten Anwürfe später zu antworten. Die Anträge der Krankenhauskommission haben den Zweck, die Uebelstände im Krankenhause gänzlich aus der Welt zu schaffen, wovon der ver¬ lesene Bericht genau spricht. In erster Linie trifft die Um¬ gestaltung die Maschinenanlage, wobei bei der Neuschaffung derselben schon darauf Rücksicht zu nehmen ist, daß die Neu¬ inlage so erfolgt, daß dabei auch schon auf die Zubauten, als In¬ fektionspavillon, Frauenabteilung, Tuberkulosen= und Geschlechts krankheitsabteilung usw. Rücksicht genommen wird. Der Bau des Maschinenhauses ist sofort in Angriff zu nehmen, da das Krankenhaus sonst im kommenden Winter vor der Gefahr steht einen Betrieb mangels Heizungsmöglichkeit und Warmwasser mangel einstellen zu müssen; was das bedeuten würde, kann man sich leicht erklären. Die Klagen über die in dem Berichte angezogenen Uebel¬ stände sind aber nicht, wie Herr G.=R. Zwicker ausführt, erst etzt zum erstenmale erwähnt worden. Ich habe sowohl in den Gemeinderats=, wie in den Sektionssitzungen immer wieder auf dieselben verwiesen und schon längst aufmerksam gemacht, daß eine Abhilfe unumgänglich notwendig ist. Leider war kein Abhilfe zu erhalten, da das Bauamt nicht funktionierte. Aus den vorliegenden Protokollen können sich die Herren überzeugen, daß ich oftmals vom Bauamte Abhilfe verlangte und auch er suchte, demselben den bezüglichen Auftrag zu geben. Ob dies geschehen ist, weiß ich nicht Das Bauamt hat sich aber während der Bauzeit nie um den Bau gekümmert und nur gelegentlich der Kollaudierung war das Bauamt vertreten. Als ich die Ver¬ waltung des Krankenhauses freiwillig übernahm, herrschte die größte Unordnung; durch 1½ Jahre waren keine Rechnungen über Verpflegskosten herausgeschrieben. Ich habe dann persönlich die Rückstände aufgearbeitet und wird Herr G.=R. Tribrunner bestätigen können, daß auch dann der Krankenkasse ganze Stöße von Rechnungen zugekommen sind. Auch sonst herrschten im Krankenhause willkürliche Zustände und ist damals die Gemeind durch verschiedene Manipulationen Bediensteter zu Schaden gekommen. Statt meinen Anträgen zu entsprechen, wurden mit stets Prügel unter die Füße geworfen und der ganze Dienst er¬ hwert. Der Vorwurf des Herrn G.=R. Zwicker ist daher für mich eine unberechtigte Kränkung. Ich kann Sie versichern, wenn mir nicht das öffentliche Interesse am Herzen gelegen wäre, ätte ich die Stellung im Krankenhause längst über Bord ge¬ worfen. (Zwischenruf: „Wer hat dann die Schuld?“) Ich war aber doch überzeugt, daß nach geschaffener Ordnung im Kranken¬ hause ein Vorwärtskommen sein muß und wenn der Herr Bürgermeister im Bauamte eine tatkräftige Unterstützung ge¬ unden hätte, wäre dies auch schon viel früher auf Grund meiner protokollarisch festgelegten Anträge und Verlangen möglich gewesen. Die Ausrede des Bauamtes, daß es keinen ja Auftrag hatte, sich um das Krankenhaus umzusehen, mag richtig sein, aber im Interesse der Gemeinde hätte das Bauamt soviel Initiative aufbringen können, selbst nachzuforschen und seine Wahrnehmungen zu melden. Nach einem Jahre war es erst möglich, die Pläne des Krankenhauses zu erlangen. Wären meine Anträge damals durchgegangen, wäre manches besser ge¬ vorden; es wurde ihnen jedoch nicht Rechnung getragen. Dies zu meiner Rechtfertigung zur Sache selbst muß ich betonen, daß es so nicht weiter jehen kann. Ich würde mir die Sache so vorstellen, daß sofort Herren bestimmt werden, welche sich mit der Beschaffung von Plänen für das Maschinenhaus und ein Wirtschaftsgebäude unter Zuziehung eines wirklich tüchtigen Sachverständigen auch in Heizungsfragen beschäftigen und so rasch als möglich ins besondere der Bau des Maschinenhauses in Angriff genommen wird. Diese Anlagen müssen so geschaffen werden, daß sie sich 9 dann auch in die künftigen Bauten des Infektionspavillons, der Frauenklinik, der Tuberkulosenfürsorgeabteilung und der Abteilung für Geschlechtskranke hineinfügen. Ich bitte, über die lngelegenheit schlüssig zu werden, damit die Gefahr, das Krankenhaus im Herbste schließen zu müssen, beseitigt werde. Herr Vizebürgermeister Wokral: „Es ist sehr bedauerlich, was wir heute über die Zustände im Krankenhause hören mußten. Nichtsdestoweniger muß ich sagen, daß ich eine gewisse Befriedigung empfinde, wenn endlich die Möglichkeit gegeben wird, eingehend über die Zustände zu sprechen. Es ist nicht das rstemal, daß Beschwerden hierüber laut wurden; es ist aber in der Regel nicht viel darüber gesprochen worden. Zu Beginn des Baues bin auch ich im Krankenhauskomitee gesessen und ist s nur zu bedauern, daß von den vielen Sitzungen desselben ar keine Aufschreibungen vorhanden sind. Der seinerzeitige err Stadtrat Gall hat sich nur private Notizen gemacht; in¬ vieweit solche vorhandene Notizen verläßlich sind, weiß ich licht. Infolgedessen ist es auch heute schwer nachzuweisen, wie die Verhandlungen damals waren und wie das Krankenhaus¬ baukomitee damals gewirschaftet und gearbeitet hat. Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß ich mich wiederholt und ganz entschieden gegen gewisse Absichten des Bauplanes ausgesprochen habe und auch dagegen, daß es nicht gleichgültig ist, ob das Maschinenhaus im Hause selbst oder außer dem Hause, wie es heute gefordert wird, errichtet wird. Ich habe wiederholt darauf erwiesen, daß das Kesselhaus im Hause selbst Störungen ver¬ rsachen wird und habe auf das Krankenhaus in Scheibbs auf¬ nerksam gemacht, wo derselbe Fehler gemacht wurde und schon nach kurzem Bestande des dortigen Krankenhauses dieselben lebelstände wie bei uns aufgetreten sind. Leider konnte ich egen die Mehrheit, die anderer Meinung war, nicht durch ringen. Schon bei der Ausschreibung hat es mehrere Konflikte gegeben, weil ich auf den Standpunkt stand, besondere Ein¬ richtungen nur Spezialfirmen zu übertragen. Die hauptsächlichsten Verhandlungen in der Vergebung von Arbeiten sind vom Architekten geführt worden, was in mir Bedenken erregte; auf meine Stellungnahme hiezu, wurde mir versichert, das alles adellos ausgeführt werden wird und es ausgeschlossen sei, daß die Vergebung der Arbeiten von Provisionen abhängig gemacht werde. Im Jahre 1915 mußte ich von Steyr weg und konnte eider an den weiteren Verhandlungen nicht mehr teilnehmen. Es sind aber inzwischen eine Reihe von Dingen geschehen und kann ich es nicht begreifen, daß man nicht im ersten Moment wo man auf solche Fehler darauf gekommen ist, sofort daran gegangen ist, diese zu beheben. Es besteht eine ganze Reihe von Protokollen über Verhandlungen im Spitalbaukomitee, die auch im Gemeinderate zur Kenntnis gebracht wurden; es ist aber immer nur bei den Berichten geblieben, aber geschehen ist nichts Es muß doch wirklich gefragt werden, wer nun dafür ver¬ ntwortlich ist. Ein Fehler liegt aber in der Einteilung der lufgaben in der Gemeinde, wo immer einer für alles ver antwortlich gemacht wird und da dies nicht möglich ist, eigentlich niemand. Es heißt immer, der Bürgermeister hat zu haften, das Bauamt war zur Bauaufsicht nicht beauftragt und das Spitalbaukomitee sei nur ein Beratungskörper. Wie mir er innerlich ist, wurde seinerzeit die Forderung gestellt, daß ein Wirtschaftsgebäude errichtet werde; vergessen ist auf die Er richtung eines Wirtschaftsgebäudes also nicht worden, sondern es ist ausdrücklich abgelehnt worden. (Rufe: „Hört"!) Ich glaube, die Ablehnung ist nicht vom Spitalbaukomitee, sondern vom Gemeinderate selbst erfolgt. Auch die Erbauung eines Wohnhauses für den Primarius wurde gelegentlich der Bau¬ ährung des Krankenhauses vom Gemeinderate abgelehnt. Herr H.=R. Kirchberger hat gewiß oftmals auf diese Notwendigkeiten hingewiesen und auf die durch Fehler entstandenen Uebelstände tufmerksam gemacht. Seinen Anregungen ist aber nicht Rechnung gjetragen worden. Mir ist nach meiner Rückkehr nach Steyr er¬ zählt worden, daß schon während meiner Abwesenheit eine An¬ zahl von Beschwerden vorhanden waren und daß gelegentlick einer Kesselrevision der Experte der Gemeinde über die Ursachen der so ungeheuer raschen Abnützung der Kessel gefragt wurd und auch der Maschinist schon damals die Schuld dem Steyr¬ wasser zuschob, worauf vom Experten erwidert worden sein ollte, was versteht so ein Maschinist, ich bin der Sachverständige. Es zeigt sich auch hier wieder, daß mit dem System, die Ratschläge von praktisch erfahrenen Berufsleuten in den Wind zu schlagen, gebrochen werden muß. Hätte man damals über die Ergebnisse von Verhandlungen protokollarische Aufzeichnungen und keine Notizen geführt, hätte den Beschwerden nachgegangen verden können, so aber ist alles verloren gegangen. Wenn nun ie neuen Zubauten ansgeführt werden, muß getrachtet werden, daß die alten Fehler vermieden und die Pläne so ausgearbeitet werden, daß im bestehenden Baue selbst kein Flickwerk entsteht. Das Maschinenhaus und das Wirschaftsgebäude sind, besonders das erstere, sofort in Angriff zu nehmen und dabei so zu dimensionieren, daß es für alle Ansprüche der künftigen Er weiterung des Krankenhauses vollkommen entspricht. Ich hakte es für viel besser, daß heute einmal gründlich über die dem neuen Krankenhause anhaftenden Mängel gesprochen wurde und urch keine Verschleierungen die alten Fehler wieder ge¬ macht werden können. Die III. Sektion wäre sohin zu be¬ auftragen, unter Zuziehung praktisch erfahrener Personen Pläne zu beschaffen. Vielleicht wäre es auch praktisch, ein eigenes Komitee für die künftigen Bauten zu schaffen, welches auch eine jewisse Verantwortlichkeit zu übernehmen hätte; ich halte es für besser, die Sektionen zu entlasten und eine Reihe von Per¬

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