Gemeinderatsprotokoll vom 10. März 1919

betrieb lange geführt werden muß, wogegen bei richtiger Di¬ mensionierung der Reservoire viel Kohle dadurch erspart würde, weil man den Betrieb ganz bedeutend verkürzen könnte. Die mit der Kesselanlage zusammenhängenden Heiz=, Warmwasser=Rohrstränge usw. besitzen z. B. keine Vorrichtung um einzelne Gruppen abzuschalten, was natürlich Folgen und schwerwiegende Umstände nach sich zieht. Wenn z. B. im Kellergeschoß ein Rohr undicht wird oder ein Heizkörper, muß die ganze Heizanlage des Krankenhauses außer Betrieb gesetzt werden und wenn diese Reparatur 3 Tage dauert, welche zu¬ nindest nur in den Winter hineinfallen kann, so muß während dieser Zeit das Krankenhaus ohne Heizung sein. Die ganze Anlage muß entleert werden, ferner muß man das Frischfüllen beschleunigen, wobei wiederum nur Rohwasser genommen wird und die Kesselsteinbildung im erhöhten Maße zur Ver topfung der Rohre und späteren Auswechslung führt Mit der Heizanlage kommt die ganze Zufuhr der Kohle und Abfuhr der Schlacke in Frage Wie es möglich war, daß gerade diese Frage eine so klägliche Lösung gefunden hat, ist wiederum rätselhaft und auch auffallend, wenn man beim Betreten des Haupteinganges sieht daß daselbst Kohle abgeladen und Asche aufgeladen wird Wenn dies bei einem anderen Neubau als gewöhnliches Wohnhaus passiert, könnte man hierüber hinweggehen, aber bei einem Bau angeblich modernster Ausführung und dienend als Krankenhaus, sollte man doch glauben, daß jede Staubentwicklung vor dem Gebäude zu vermeiden wäre. Letzteres ist aber nich der Fall, und man kann durch die von Hand aus durch zuführenden Manipulationen des Kohlenabladens und Schlacke aufladens sehen, daß die ganze Vorderfront des Kranken hauses bereits verschmutzt ist und was wichtig ist, durch die mangelhaften Arbeiten schließen die Fenster nicht und ist in en Krankensälen die Staubentwicklung bei obigen Mani¬ ulationen empfindlich bemerkbar Daß das Schlucken des Staubes für die Patienten ge¬ undheitsschädlich ist, ist vollkommen klar. Um diesem Uebel¬ tande teilweise abzuhelfen, hat man sich entschlossen, hinter dem Krankenhause einen Schupfen im ungefähren Werte von K 10.000 — zu erbauen, und dieser wurde wiederum so glücklich angelegt, daß beim Abladen und Aufladen der Kohle die Mängel, die vor dem Krankenhause auftraten, sich jetzt in den Operationssälen bemerkbar machen. Das Kohlenlager befindet ich gerade unter diesen Sälen und nachdem dort die Fenster auch nichts weniger als gut schließen, werden die Räume ver aut und man kann hier ebenfalls sagen, daß derartige Mani¬ pulationen eine eminente Gefahr für die Patienten bedeuten. Ich komme nun zu den elektrischen Installationen. Ein Beweis, mit welchen Firmen man es zu tun hat, ist der, aß heute Teile der Befestigungen losgerissen sind und durch das Halten von Hühnerfarmen in Räumen, wie z B Wäscherei, Tobsüchtigenzellen, werden selbstverständlich alle auf die elektrischen Installationen bezughabenden Einrichtungen deshalb beschmutzt, weil die Hühner nicht darnach fragen, wo ie sich Luft zu machen haben Wird diese Anlage nicht dringend und von einer einwand freien Firma instandgesetzt, so wird selbstverständlich auch hier das eintreten, was bei der Kesselanlage der Fall ist. Es wurde auch hinsichtlich der elektrischen Anlage nicht Vorsorge getroffen für eine entsprechende Reserve, was sich in der letzten Zeit durch die bekannten Verhältnisse der Strom¬ lieferung in Steyr durch Ausbleiben des Stromes be¬ nerkbar machte Es ist unbedingt notwendig und dies geeichgültig daven ob mit einer während des ganzen Jahres vollkommen sicheren Stromabnahme zu rechnen ist, eine entsprechende Reserve zu schoffen, damit nicht Fälle wie seinerzeit eintreten, daß man im Krankenhaus keine Heizung hat, daß kein Wasser und kein Licht zur Verfügung seht, daß keine Operationen ausgeführt werden können usw. Dies bedingt die Schaffung einer eigenen Hauszentrale, u. zw. wie auch Herr G.=R. Kirchberger bemerkt hat, außerhalb des Gebäudes im Verein mit allen jenen Einrichtungen, die jetzt im Krankenhause untergebracht sind, störend wirken und Räume in Anspruch nehmen, die für die Manipulation Räume ür das Krankenhaus selbst wegnehmen. Ich wiederhole also, mit der Errichtung der Hauszentrale hätte die Errichtung einer neuen Kesselanlage, eines neuen Wirtschaftsgebäudes vereint zu werden, u. zw. Küche, Wäscherei Kellerräume für Gemüse, Kohle, Holz usw Einen interessanten Anblick bietet auch der Trinkwasser¬ brunnen mit der vorhandenen Gestängepumpe, welche über ein Rädervorgelege mittelst Riemen von einem Motor ange trieben wird Nan baut heute keine Gestängepumpe in einem 30 Meter tiefen Brunnen, da man über moderne Kreiselpumpen verfügt, die einen bedeutend geringeren Kraftverbrauch haben als die Gestängepumpe und auch weniger unter der Abnützung leiden. Letztere Anlage beweist, daß nach kurzer Zeit alle Bestand¬ teile ausgelaufen und ausgeschlagen sind und man dies tat¬ sächlich als Schande betrachten muß. Auch noch heute sollte man an den sofortigen Einbau einer Kreiselpumpe denken, hat doch die Montage der Gestängepumpe, ehe die Anlage in Betrieb kam, soviele Schmerzen gebracht, daß eine ganze Wand des Brunnenhauses zusammenfiel. Hat dies nicht wesentlich mehr Kosten verursacht und von wem wurden die Kosten bezahlt: Wer war der Lieferant di ser Pumpe? Eine Steyrer Firma. Hätte dieselbe sehr großes Interesse an der Ausführung des Krankenhauses gehabt, so hätte sie im Interesse des Kranken¬ hauses diese Lieferung ablehnen müssen Es steht auch den Herren in dieser Hinsicht frei, sich an Ort und Stelle von meinen Ausführungen zu überzeugen und werde ich im übrigen auf die Lieferung der einzelnen Firmen zurückkommen Wenn ich vorhin Erwähnung machte, daß einzelne Räume die für die Manipulation im Krankenhause selbst notwendig sind aus Tobsüchtigenzellen und Bädern bestehen, so ist dies ein sehr trauriger Zustand. Es wird tatsächlich eine Tobsüchtigenzelle, veil Raummangel vorhanden, durch Primarios O. für seine Hühnerfarm verwendet, in der Wäscherei sind die Hühner für das Krankenhaus selbst untergebracht, die Infektions= und Krätzen¬ äder dienen als Magazine. Gemüse konnte nirgends unter¬ gebracht werden und wurden hiezu auf der rückwärtigen Seite des Krankenhaufes zwei Lichthöfe überdeckt und führt der Zugang zu diesem Raume, wo das Gemüse untergebracht ist, durch ein Bad Die Tobsüchtigenzellen wurden unter der Anordnung des bekannten Architekten Sch. gebaut. Bei diesen Zellen war die Türe, das Fenster, welches bis zum Fußboden hinunterreichte mußte schon vorher zugemauert werden, in einer Stunde de¬ moliert, und die zweite Zelle, wo der Tobsüchtige untergebracht wurde, in einer weiteren Stunde, und kann man von Glück rechen, daß dabei nicht viele Menschenleben zugrunde gegangen ind, und nur das rechtzeitige Einschreiten hat dies verhindert Der Tobsüchtige hätte in die Lage kommen können, auf en Gängen sein Unwesen zu treiben In ganz Oesterreich gibt s wahrscheinlich keine Zellen, wo Tobsüchtige untergebracht sind so daß man sich an der Ausführung einer solchen Zelle hätte ein Beispiel nehmen können? Bei uns in Steyr projektiert ein Architekt, es werden ausende von Kronen für diese Zellen ausgegeben und diese en sprechen ihrem Zwecke nicht Daß, wie auch vom Herrn G.=R. Kirchberger vorgeschlagen vurde, durch Erweiterung des Krankenhauses allen diesen Uebel ständen abgeholfen und Remedur geschaffen wird, ist vollkommer lar, aber dies kann nicht in der gleichen Weise geschehen, wie es jetzt der Fall ist; es muß ein Ganzes geschaffen werden und ind die Anordnungen wohl überlegt zu treffen, damit nicht tat¬ sächlich wiederum das Geld mit vollen Händen hinausgeworfen wird. Und wie war es möglich, daß solche Zustände eintreten onnten? luf das Bauamt wird immer verwiesen, nun, nicht allein dieses ist schuld, sondern alle jene der Gemeindevertretung welche sich in der Gemeinde vor Zusammenstellung der jetzigen Mitglieder befanden und die daselbst gepflogene und groß ge¬ zogene Freunderl=Wirtschaft Gewiß hat man in erster Linie einheimische Lieferanten zu berücksichtigen, aber es ist damit nicht gesagt, daß deshalb ie Aufsicht fehlen muß und daher die heutigen Zustände des Krankenhauses: es ist keine Tür dicht, es hält kein Fenster usw, nicht aufgetreten wären Diejenigen Mitglieder, die sich in erster Linie um das Krankenhaus zu kümmern hatten, hätten sich zur Aufgabe machen sollen, hie und da nachzusehen und vieles Geld wäre dadurch erspart geblieben Ich kann nichts anderes sagen, als daß die tausende und lausende der Sammelgelder der Bevölkerung, der Industrien und aller jener, die dazu beigetragen haben, das Krankenhaus zu erbauen, hinausgeworfen wurden, ein Vorgehen, was die Gemeindevertretung vom Bürgermeister angefangen, nicht ver¬ antworten kann. Die Herren werden vielleicht der Anschauung ein, daß meine Ausführungen etwas zu stark klingen, aber es scheint schon in der letzten Sitzung im Krankenhaus die Frage vegen des Architekten Sch gestreift worden zu sein. Dieser Mann hat K 47.500•—, als Honorar seitens der Stadtgemeinde bekommen und teilt mir ein auswärtiger Ge¬ häftsmann mit, an den Genannten Provision bezahlt zu haben ob dies der einzige Fall ist, kann ich nicht beurteilen, aber man muß schließlich die Möglichkeit ins Auge fassen, daß Sch. über¬ haupt nur mit Provisionen arbeitete Wenn die Gemeinderäte halbwegs das Interesse der Stadtgemeinde vertreten hätten, (da sie möglicherweise doch von den inhaltbaren Zuständen Kenntnis hatten) so wäre ein rechtzeitiges Eingreifen möglich gewesen und dadurch viel erspart worden Es scheint aber daß die Herren in erster Linie ihre eigenen Interessen vertreten haben. Wenn der betreffende Lieferant wußte, daß er bei einem Auftrage Abgaben an den Architekten leisten muß, so hate elbstverständlich das Anbot um den Betrag der Abgaben erhöht nd die Gemeinde mußte dies zahlen. War denn niemand da, der sich um so einschneidende Sachen kümmerte? Es ist dies einfach unverantwortlich. Die frühere Gemeindevertretung hat immer nur auf die Vorhergehenden Steine geworfen und selbst eine derartige Birtschaft geführt, daß es genügt, den Beweis mit den Zu¬ länden im Krankenhause zu erbringen. Die seinerzeitige Gemeindevertretung hat bei den so¬ zenannten Klubsitzungen die Rollen einfach an die einzelnen Mitglieder verteilt und diese wurden bei den Gemeinderats¬ itzungen eingehalten. Dieser Vorgang hat aber wiederum dazu beigetragen, daß diese Verhältnisse, wie auch von anderer Seite geschildert, ein¬ traten. 7

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