Gemeinderatsprotokoll vom 7. Februar 1919

6 worden sein soll. Es besteht bei allen Väckereien eine Schlamastik. Auch bei den Kohlenhändlern ist es so. Es ist vorgekommen, daß den Kunden, wenn sie vormittags um Kohlen kamen, gesagt wurde, es werden keine Kohlen ausgegeben und am Nachmittag konnte man ehen, daß Kohlen vom Kohlenhändler kübelweise weggeschleppt wurden. Das sind Moglereien und so ist es bei jedem Geschäft. Ich möchte daher heute einen Antrag, den der Arbeiter= und Soldatenrat eingebracht hat, unterbreiten“ Redner beginnt den Antrag zu verlesen. Derselbe behandelt die Bestellung von Arbeiter= und Soldaten¬ räten als Abgeordnete in den städtischen Wirtschaftsrat mit Sitz und Stimme Herr Bürgermeister: „Gelegentlich der Angelobung der Volkswehr wurde mir ein Memorandum übergeben welches diesen Antrag behandelt und habe ich dasselbe auch der Landesregierung vorgelegt. Auch heute wurde im Wirtschaftsrate diese Frage ausgesprochen und ist auch schon von der Landesregierung die Bestätigung bzw. Genehmigung der Zuziehung je eines Soldatenrates und Arbeiterrates mit Sitz und Stimme in den Wirt¬ somit erledigt chaftsrat erfolgt, sodaß der Antrag erscheint“ Herr Vizebürgermeister Fendt: „Ich bin mit den Ausführungen des Herrn Prof. Erb vollkommen ein¬ verstanden. Herr GR. Mayr hat vorerst angezogen, daß er mit der Arbeit und Tätigkeit der Referenten bei der Landesregierung sehr zufrieden ist. Es ist gewiß ein schönes Zeugnis, was Herr GR. Mayr den Herren ausgestellt hat; ich glaube auch, daß es so gewesen ist und ist es klar, daß die Waffenfabrik als ein so wichtiger Faktor besonders während des Krieges bevorzugt wurde. Ich muß aber Herrn GR. Mayr erwidern, daß dies leider auf unsere Kosten geschehen ist. Unter der bestandenen Doppelversorgung hat die Stadt am meisten gelitten; ch weiß ganz genau, daß Herr Bürgermeister sich mehrmals gegen diese gewendet und eine einheit¬ liche Versorgung angestrebt hat, die aber nicht zustande jekommen ist und so ist es in der Natur der Sache gelegen, daß ein Teil der Bevölkerung bedeutend besser in der Versorgung abgeschnitten hat. Zu meinen ersten Ausführungen möchte ich noch anfügen, daß nachgewiesen wurde, daß in den Stallungen von Oekonomen des Innviertels, welche 60 bis 70 Joch Grund besitzen, heute noch 40 bis 45 Stück Rinder im Stalle stehen, während in unserem Bezirke bei Bauern mit ebensoviel Grundbesitz im strengsten Falle nur mehr 7 bis 8 Stück Rindvieh zu finden ist, daß also die Differenz eine ganz krasse ist und man daraus ganz deutlich ersieht, wie ungleich die Behandlung der ver¬ schiedenen Bezirke war“ Herr GReTribrunner: „Herr GR. Prof. Erb hat die Schuldfrage an den heutigen Verhältnissen aufge¬ worfen und nachzuweisen versucht, daß nur von oben aus alle Fehler geschehen sind, ich glaube, daß auch von unten herauf Fehler vorliegen und die Ursachen derselben zu erforschen gut wäre. Es wäre angezeigt, daß Herr Tierarzt Schopper hier seinen vormittags im Wirtschaftsrate erstatteten Bericht wiederholt, da er sagte, daß einzelne Gemeinden in unserem Landbezirke ganz und gar versagten, z. B. Gaflenz, Großraming und Reichraming. Dort soll es Vieh zum Verhandeln enug geben und wir müssen uns mit 20 Dekagramm die Woche — und die bekommt man nicht immer begnügen. Daß in diesen Gemeinden solche Zwischen¬ händel vorkommen, kann doch nur an der Bezirks¬ hauptmannschaft liegen. Es ist eben schon seinerzeit darauf hingewiesen worden, daß zwischen der Bezirks¬ hauptmannschaft Steyr und der Stadt Steyr nicht das richtige Einvernehmen besteht und es nie möglich war, von der Bezirkshauptmannschaft das zu erreichen, was die Stadt zu fordern berechtigt war; andererseits hat die Bezirkshauptmannschaft die Schuld wieder an die Stadigemeinde geschoben. Der während der Kriegszeit vorgenommene Wechsel in der Leitung der Bezirkshauptmannschaft hat auch eine Besserung gebracht. Gegenwärtig ist wieder ein Wechsel in der Leitung der Bezirkshauptmannschaft ein¬ getreten. Man sollte diesen Anlaß nicht vorübergehen assen, um dem neuen Leiter der Bezirkshauptmann¬ schaft auf die vorgeschilderten Vorgänge aufmerksam zu nachen und zu sagen, wenn in derselben Gleichgültigkeit veitergearbeitet wird, dann wird die Schuld an allen die Bezirkshauptmannschaft treffen. Es wäre gut, wenn Herr Tierarzt seinen vormittägigen Bericht wiederholen würde Herr Vizebürgermeister Wokral: „Ich glaube wir sind mit unserer Beratung etwas zu spät gekommen, da bereits von verschiedenen Stellen aus früher Vorschläge emacht und auch bereits, was rühmlich hervorzuheben ist, der Steyrer Arbeiter= und Soldatenrat bahnbrechend durch sein Wirken in der Landeskonferenz gewirkt hat Dieser hat aber auch schon vor etlichen Wochen auf eigene Faust sich mit Bezirksvertretern und Vertretern der Landwirtschaft zusammengefunden, um in gemein¬ amer Beratung die Versorgung der Stadt Steyr mit Lebensmitteln zu ermöglichen. Dieser Kommission ist auch die Eingabe entsprungen, die Herr GR. Vogl ver¬ lesen hat und denke ich, wenn alles durchgeführt wird was die Konferenz beschlossen hat, so wird es auch besser werden. In der Landeskonferenz ist, soweit ich unterrichtet bin, auch über die Tätigkeit der Referenten Gericht gehalten worden und sind Fälle aufgedeckt worden, die bedingen, daß die Leute nicht mehr in ihren Funk ionen behalten werden können. Es ist ganz klar, daß der Statthaltereirat Hopf, der die Ausfuhrbewilligungen illein und ohne Kontrolle (Zwischenruf: Unglaublich! und ohne daß das Präsidium nur eine Ahnung davon gehabt hat, gegeben hat, beseitigt werden muß. Es ist auch in dieser Konferenz verlangt worden, daß in Zu¬ kunft absolut nicht mehr gestattet werden darf, daß Er¬ leilungen von Bewilligungen jeder Art nur in der Hand eines einzelnen Beamten liegen. Durch die erteilten lusfuhrbewilligungen ist es gekommen, daß der Schleich¬ handel möglich war und ein Teil der beschlagnahmten Waren wieder zurückgegeben wurde Wenn ich mir verspreche, daß sich nun doch die Zustände bessern werden, so gründe ich dieses Vertrauen arauf, daß sich in der Landesregierung eine gründliche teinigung vollzieht und die Kommission aus Vertretern der politischen Behörden, aus Vertretern der Landwirte aus Städtevertretern und aus Vertretern der Arbeiter¬ und Soldatenräte, die alle direkt unter den Verhältnissen zu leiden haben, auch tatsächlich etwas leisten wird. Im übrigen ist aber unser Dringlichkeitsantrag überholt worden. Allerdings bestehen noch eine Reihe von Dingen zu besprechen, wie sie Herr GR. Prof. Erb in seinen Anträgen niedergelegt hat und hätte ich noch einen Zusatzantrag zu stellen, welcher sich auf die Zuziehung von Vertretern der Wirtschaftsvereinigungen Fest¬ besoldeter in den städtischen Wirtschaftsrat mit Sitz und Stimme bezieht. Das Sitz= und Stimmrecht der Ver¬ treter des Arbeiter= und Soldatenrates im städtischen Wirtschaftsrate ist bereits geregelt. Im städtischen Wirt¬ chaftsrate ist es seit längerer Zeit Gepflogenheit, Ver¬ treter verschiedener Gruppen von Verbrauchern beizu¬ iehen, ohne jedoch denselben Stimmrecht zu gewähren Das wiederholt gestellte Verlangen auf Stimmrecht dieser Gruppenvertreter wurde jedoch mehrmals mit dem Hinweits abgelehnt, daß die Bestimmungen über die Rechte der Mitglieder des Wirtschaftsrates schon bei dessen Gründung festgelegt wurden und der erweiterte Wirtschaftsrat nur eine beratende Organisation sein soll. Nun ist aber das Eis gebrochen. Die Landes egierung hat eine andere Stellung genommen und elbst erklärt, daß der städtische Wirtschaftsrat nicht nur aus Vertretern der Gemeinde bestehen soll, sondern daß auch anderen Vertretern der Verbrauchergruppen Sitz und Stimmrecht erteilt werden kann

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