Gemeinderatsprotokoll vom 17. Jänner 1919

Aktienbesitzer von Steyr heimlich durch alle möglichen Banken und Juden sogar in das Ausland gekommen, womit das wich tigste, nämlich die Aktien, in fremde Hände gingen. Aber noch ein weiterer großer Wert ist durch die heimliche Arbeit dieser fremden Elemente, welche zum Teile heute noch unbekannt sind oder doch zu wenig genau bezeichnet werden können, um die Sache einer näheren Verfolgung zu unterziehen, entschwunden und zwar durch einen heimlichen Vertrag, welcher von dieser fremden Aktienbesitzern mit der Firma Stern und Hafferl be¬ züglich Stromlieferung geschlossen wurde. Nachdem dieses große Perk dafür interessiert wurde, hat man auch seitens der Elektrizitätsgesellschaft in Linz mehr und mehr Interesse ge¬ zeigt, mit der Stadtgemeinde in Verhandlungen zu treten und war jene Zeit gekommen, wo bereits Herr Bürgermeister Bschaider amtierte, während alles das, wovon ich vorher sprach, n die Zeiten früherer Bürgermeister fällt. Nunmehr haben die Verhandlungen begonnen und war ich von allem Anfange an dabei. Das, was uns bei diesen Verhandlungen geboten worden wäre, wäre eigentlich sehr wenig und sehr drückend für die Stadtgemeinde gewesen, kurz und gut ein miserabler Vertrag den uns das Elektrizitätswerk oder die hinter demselben stehenden Macher vorzulegen erlaubten, weil sie dachten, sie haben so vie so alles in der Hand. Sie hatten auch tatsächlich sehr große Trümpfe in der Hand und das war das durch einen früheren Vertrag gewährleistete Recht, für immerwährende Zeiten allein in Steyr elektrischen Strom zum Vertrieb und Verkauf zu bringen; ein außerordentlich großes Recht, das sie ja ausschließlich ausnützen konnten. Weiters hatten sie noch das Schwergewicht des Aktienbesitzes auf ihrer Seite. Durch diese Umstände und besonders durch den mit der Firma Stern und Hafferl seitens der fremden Aktienbesitzer geschlossenen Vertrag und des Aus schließlichkeitsrechtes des Elekektrizitätswerkes, war es der Stadt auch unmöglich, anderswo Strom zu beziehen, außer, es hätt sich die Stadtgemeinde aufgeschwungen, irgend ein großes Wasserwerk zu errichten; hiefür wäre aber damals kaum der Mut zu einer solchen Zustimmung gefunden worden. Die Stadt war damals in kleineren Verhältnissen, verfügte nicht über solche Summen, wie sie die Stadt heute einnimmt. Solche Summen hätte man sich damals nicht einmal träumen lassen. Ich verweise darauf, daß damals die Einnahmen der Stadt aus der Waffenfabriksunternehmung jährlich kaum 70.000 bis 80.000 K betragen haben, also eine Summe, die die Stadt¬ jemeinde bei ihrer seinerzeitigen Schuldenlast kaum in die Lage gebracht hätte, irgend ein Millionen kostendes Werk zu erbauen. Eine Anlegung solcher Kosten wäre auch damals aus der Bevölkerung gar nicht herauszuholen gewesen. Dies wollte ich noch vorausschicken Nachdem nun zu den Verhandlungen über den vorliegenden Vertrag an die Beleuchtungskommission der Auftrag ergangen war, haben in derselben lange und zahlreiche Beratungen statt gefunden. Ich möchte darauf verweisen, daß der Vertrag infolge jedesmaliger beantragter Umänderungen mindestens zwölfmal im Entwurfe geändert wurde. Sie können daraus ersehen welche Unsumme von Arbeit an dieser Vertragserrichtung hing. Die zahllosen Verhandlungen und Beratungen führten endlich zu dem Ergebnisse, daß das Ausschließlichkeitsrecht mit den Dauer auf immerwährende Zeiten auf 25 Jahre und das Heimfallsrecht auf 45 Jahre herabgesetzt wurde. Es wurde einerzeit das wahnsinnige Verlangen gestellt, daß sämtliche vor¬ handene Wasserkräfte seitens der Gemeinde nicht für elektrische Zwecke ausgenützt werden dürfen. Ich habe mich energisch da gegen gewendet und mit den schärfsten Repressalien dagegen gedroht. Eine sehr wichtige Sache waren die Beratungen über das Leitungsnetz selbst, sowie über Strompreis, die Errichtung der Reserveanlage und Motorenfrage usw Nun, gar so einfach war die Sache auch für die Gegenpartei nicht; ich habe seinerzeit darauf hingewiesen, daß die Ueberschrift des alten Elektrizitäts¬ vertrages der Gegenpartei dadurch gefährlich werden könnte, weil es darin heißt, daß die Elektrizitätsgesellschaft nur das Necht habe, eine Zentralstation nur in Steyr zu halten und daß daher ein Strombezug von außen diesem widersprechen nürde. Das hat schließlich auch gewirkt und zu den Einigungen geführt, die in dem heute uns vorliegendem Vertrage nieder gelegt sind. Dieser Betrag wird aber, wie auch in der Protest. ersammlung nachgewiesen wurde, seitens der Elektrizitäts gesellschaft sehr wenig eingehalten. Dies habe ich zur Aufklärung sagen wollen, weil es durch die Auffassung der Oeffentlichkeit möglich wäre, die Tätigkeit des Beleuchtungskomitees in ein schiefes Licht zu setzen und zurch die Einberufung der heutigen außerordentlichen Gemeinde ratssitzung als Folge der Protestversammlung die Meinung auftauchen könnte, als ob das Beleuchtungskomitee zu wenig getan hat. Ich kann Ihnen wirklich für meine Person mit ruhigem Gewissen sagen, daß ich gegenüber den vorliegenden klagen schon viel früher auf ein Einschreiten gedrängt habe. Wenn nichts geschehen ist, so liegt gewiß nicht die Schuld an mir und auch nicht an dem Beleuchtungskomitee. Das Beleuchtungs¬ omitee ist kein Vollzugsorgan, sondern hat nur Beratungen zu führen. Wenn in der Protestversammlung gegen das Be¬ leuchtungskomitee ein Angriff erfolgt wäre, hätte ich es gewiß nicht versäumt dort zu sprechen; dies ist nicht geschehen und so hatte ich keinen Anlaß dort zu reden. derr G.=R. Ing. Zwicker: „Meine Herren! Aus den Ausführungen des Herrn G.=R. Ing. Huber ist zu entnehmen, daß es der Stadtgemeinde zwar gelungen ist, mit dem Elektri¬ itätswerk einen Vertrag zu schließen. Den neuen Gemeinderat vird es aber in erster Linie interessieren, daß der seitens der Stadtgemeinde abgeschlossene Vertrag einfach nicht eingehalten vird und haben wir dies auch aus den Ausführungen des Herrn Referenten Vizebürgermeister Fendt entnehmen können Ich möchte den Antrag stellen, daß unser berufener Vertreter, der als solcher in den Ausschuß der Elektrizitätsgesellschaft ge¬ ählt wurde, Aufklärung darüber gibt, wie so es möglich war aß alle bisherigen Beschwerden der Stadtgemeinde gegen das Elektrizitätswerk resultatlos verlaufen sind, daß zwar die Stadt gemeinde immer auf die Paragraphen des Vertrages hingewiesen hat, diese aber trotzdem nicht eingehalten wurden usw. Ich bitte Herrn Bürgermeister, uns hierüber Aufklärung zu geben, wie es möglich war, daß derartige Vorkommnisse, wie sie in der Protestversammlung zum Ausdrucke gebracht wurden, entstehen onnten. Herr Bürgermeister: „Bevor ich hiezu Antwort jebe, möchte ich die Frage stellen, ob Sie meine Antwort nur als Mitteilung auffassen; im anderen Falle würde ich den Vorsitz nach der Geschäftsordnung bis nach Beendigung der Ver¬ andlungen abtreten. err G.=R. Ing. Huber: „Ich möchte den Antrag stellen, daß Herr Bürgermeister den Vorsitz abtritt, und zwar us dem Grunde, weil der Herr Bürgermeister der Vertreter unserer Vevölkerung im Elektrizitätsausschusse ist und sich an eine Aeußerungen jedenfalls eine längere Wechselrede an¬ hließen wird. err Vizebürgermeister Wokral übernimmt den Vorsitz. Herr Bürgermeister: „Ich habe mir heute bereits vorgenommen, dem Wunsche des Gemeinderates nach Aussprache in der Angelegenheit im vorhinein nachzukommen und pflicht¬ gemäß zu berichten. Ich muß vorausschicken, daß ich als Ver¬ treter der Stadt in der Elektrizitätsgesellschaft dem weiteren und nicht dem engeren Vollzugsausschusse angehöre und der Vertrag die Bestimmung vorsieht, daß der Vertreter der Stadtgemeinde nur dem weiteren Vollzugsausschuß angehört. Leider Gottes nd die Sitzungen des weiteren Vollzugsausschusses äußerst elten, bloß ein= bis zweimal im Jahre, so daß es selten eine Gelegenheit gibt, dort das Wort zu ergreifen. Ich habe es unangenehm empfunden, daß fast sämtliche Geschäfte im engeren Vollzugsausschusse erledigt werden und habe bereits wiederhol eantragt, daß der Wirkungskreis des engeren und des weiteren Vollzugsausschusses nicht genau abgegrenzt werde wie bisher. einem diesbezüglichen Antrage wurde aber bisher noch nicht attgegeben. Ebenso habe ich wiederholt angestrebt, daß die lrbeiten des engeren Vollzugsausschusses in den Sitzungen des weiteren Vollzugsausschusses mitgeteilt werden. Dies ist erst in er letzten Vollzugsausschußsitzung geschehen; in der früheren nicht. Bezüglich der hier geführten Beschwerden kann ich mit eilen, daß ich über die meisten der gegen das Elektrizitätswerk heute vorgebrachten Anwürfe vorstellig wurde und habe ich be¬ zöglich der Beschwerde über die Auflassung der Dampfzentrale dieselbe Antwort erhalten wie das Beleuchtungskomitee, nämlich, daß ohnehin den Wünschen durch Schaffung einer Zwischen zentrale entsprochen wurde, da diese bei Störungen einspringen ll. Es wurde auch gesagt, daß die Dampfmaschinen ausgelaufen eien und die Kessel nicht mehr für einen betriebsfähigen Zu¬ tand in Betracht kommen. Ich habe verlangt, daß statt dieser Dampfreserveanlage eine Dieselmotorenanlage geschaffen werde, die unseren Bedürfnissen überhaupt viel mehr entsprechen würde da die Reserveanlage nur für eine verhältnismäßig kurze Dauer in Frage käme, weshalb eben diese Motore, die sofort an¬ jeworfen werden könnten, für eine rasch wirkende Reserve am jeeignetsten sind. Meine Forderung ist bereits in die Kriegszeit efallen, wo die Preise für solche Motore so gestiegen sind, daß diese Anregung aussichtlos wurde Bezüglich der Reserveanlage in Zwischenbrücken möchte ich insbesondere bemerken, daß ich gelegentlich einer auffallend uten Beleuchtung der Enge zum Betriebsleiter Schaffenberger ierüber eine Aeußerung machte, die dieser damit beantwortete „Sehen Sie, das ist schon die Wohltat der Reserveanlage in Zwischenbrücken.“ Diese Aeußerung ist ein praktisches Beispiel. Ich mußte also glauben, daß dieses Reservewerk zur Zufriedenheit unktioniert. Die Frage des Umtausches der Motoren habe ich oftmals angeschnitten. Es wurde mir geantwortet, daß die Motore seit langer Zeit bestellt sind, daß sie noch zu einem erhältnismäßig billigen Preis beschafft werden, daß aber die herrschenden Verhältnisse die Hierherbringung der Motore aus ngarn, welches jede Ausfuhr untersagt, unmöglich macht. Das gleiche hat sich bezüglich der Transformatoren ergeben. Be¬ kanntlich sind die Trausformatorenhäuschen jetzt fertig gestellt, ion den Transformatoren selbst ist aber bis zur Stunde nichts zu sehen. Die Transformatoren sollen nun in einer Fabrik sein, ie im Gebiete des tschechoslowakischen Staates liegt, welcher benfalls nichts herausgibt. Mit dem Momente der Verbots iufhebung für derartige Durchfuhrtransporte werden nach Ver¬ icherung der Fabrik sofort die Absendungen erfolgen. Bezüglich der Aufgrabungen habe ich wiederholt bei der Betriebsleitung Beschwerde geführt, gegen welche dieselbe die erschiedensten Ausreden gebrauchte. Einmal hieß es, der Mangel an Arbeitskräften sei Schuld, dann redete man sich auf die Pflasterungen aus. Ich bemerke, daß ich fast jeden Tag auf Herstellung des früheren Zustandes gedrängt habe, bis endlich die Zuschüttungen am Stadtplatze erfolgt sind; ebenso habe ich nich über die mangelhafte Beleuchtung aufgehalten. Dies¬ 5

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