Ratsprotokoll vom 16. November 1917

selbst keinen ordentlichen Handelsschulunterricht genossen aben, kann sich dieser Unterricht, wie gesagt, mit einen Handelsschule gar nicht in eine. Parallele stellen. Wir wollen eine ordentliche zweiklassige städtische Handelsschule nach staatlich vorgeschriebenem Statut und was aus dieser Schule kommt, muß gründlich ausgebilde ein und infolgedessen Tüchtiges leisten können. Es gib heute eine große Zahl von Mädchen, die Handelskurse be¬ ucht haben. Ich bitte, sich nur einmal umzusehen, wie viele von diesen Mädchen gut verwendbar sind. Ich kenne eine hiesige Firma, die ein halbes Hundert Mädchen be schäftigt. Diese Firma hat eine eigene Prüfung für die Aufnahme weiblicher Hilfskräfte vorgeschrieben. Wenn Si¬ ören würden, wie viele aber als unbrauchbar zurück¬ ewiesen werden müssen, weil sie nicht einmal imstande ind, richtig orthographisch schreiben zu können, so würden Sie staunen, was für ein Material sich als für den kommerziellen Kontordienst als geeignet ausgibt. Solche Bedenken fallen beim Besuche einer Handelsschule weg. Hier nuß eine Ausbildung Platz greifen, welche die Absolventen in den Stand setzt, ordentlich schreiben, verläßlich rechner und die Korrespondenz auch selbständig führen zu können; die Stenographie gehört ebenfalls hiezu; es muß so steno¬ graphiert werden, daß die Hilfskräfte ihr Stenogramm auch lesen und richtig sinngemäß übersetzen können; ferner aben sie eine außerordentliche Ausbildung im Maschin¬ schreiben zu genießen, weiter zumindest die einfache Buch¬ haltung, die Kenntnis der Kalkulationsrechnung und des aufmännischen Rechnens überhaupt und als Nebenfächer Geographie und vielleicht das Eisenbahnwesen zu erlernen. Das sino die Aufgaben einer Handelsschule und das Min deste, was man verlangen kann. Die Privathandelslehr¬ sind Autodidakten, die sich selbst gelernt haben räfte Die Leute, die am wenigsten gelernt haben, sind auch am wenigsten auffassungsfähig; erst durch die Schule be daß sie kommen die Leute gesunden Menschenverstand, auch das begreifen, was von ihnen verlangt und ihnen an¬ geschafft wird Was weiter die Aeußerung des Herrn Lyzeal=Direk¬ tors betrifft, so kann man das Lyzeum mit einer Handels¬ chule nicht vergleichen. Das Lyzeum ist eine Schule für höhere Ausbildung, gewiß aber für keine Berufsausbildung m Sinne der mittleren Handelsschulen. Manche Lyzeistinnen streben wiederum Lehrstellen an Lyzeen an. Das Lyzeun bezweckt vielfach den Ersatz des Gymnasiums für Mädcher und erreicht vielfach auch dieses Lehrziel. Das har aber mit einer Handelsschule, wo Leute herangezogen werden, die ich alle Erwerb suchen und ihr Leben selbst erhalten müssen nichts gemeinsam. Deshalb ist auch die Mädchenhandels¬ schule gar nicht an ein Lyzeum anzugliedern, am wenig¬ ten an ein privates Vor allem anderen stellt aber der Staat die Be¬ dingung, daß nur dann die städtische Handelsschule be¬ willigt und subventioniert wird, wenn für die einzelnen Fächer mindestens ein gevrüfter Lehrer der Handels¬ vissenschaften angestellt wird. Dies ist eine selbstverständ¬ iche Forderung des Staates. Im ersten Jahre soll die Handelsschule an die Oberrealschule schon wegen der Lokal¬ rage angegliedert werden. Das Realschulgebäude ist das einzige, wo Lehrzimmer frei sind. Ferner wird die Handelsschule vom Staate nur dann bewilligt und sub¬ entioniert werden, wenn die Realschule ihre reichen Lehr¬ mittel zur Verfügung stellt. Das Lyzeum hat diese Lehr¬ mittel nicht, daher sich diese letztere Frage nach keiner Richtung im Sinne des Herrn Kollegen Tribrunner lösen läßt. Ebenso wenig ist eine Analiederung an die bestehende Gremial=Fortbildungsschule tunlich, da diese eine Abend¬ ist. chule Redner schildert sohin die Schwierigkeit des Unter¬ richtes an dieser Schule, an der er selbst als Lehrkraft wirkte ind resumiert schließlich nochmals seine Ausführungen Zum Schlusse bemerkt Herr GR. Prof Erb, daß dei Gemeinderat zu der Kostenfrage erst Stellung nehmen nüsse, glaubt aber, daß für ein fortschrittliches Gemein vesen, wie es Steyr ist, und mit Rücksicht auf die Einwohner zahl von nahezu 35.000, der Kostenpunkt gewiß kein unüber¬ windlicher sein werde, nachdem jedenfalls vom Staate, vom Lande, von der Handelskammer und anderen Faktoren Subventionen gegeben werden und außerdem ein Schul¬ geld eingehoben werden wird Die Schule wird gewiß der Stadt zum Segen ge¬ reichen und mit der Errichtung der zweiklassigen städtischen Handelsschule auch dem Mädchenlyzeum nicht im gering¬ ten weh getan werden Der Herr Vorsitzende schreitet nunmehr über den Antrag der I. und IV. Sektion zur Abstimmung und wird der Antrag einstimmig angenommen. 2. Beschlußfassung über das Statut für das öffent¬ liche Krankenhaus in Steyr. Herr Referent GR. Dr. Karl Harant: Die Spitals¬ kommission hat das Statut für das neue Krankenhaus in Steyr in der letzten Gemeinderatssitzung vorgelegt, welches aber nicht zum Beschlusse erhoben, sondern der I. Sektion als Verwaltungskommission zur weiteren Beratung und Antragstellung übermittelt wurde. Die Sektion glaubt Ihnen zu den §§ 1, 2 und 3 Abänderungsvorschläge erstatten zu sollen, während gegen die Fassung der übrigen Para¬ graphen nichts einzuwenden ist Der § 1 alter Fassung lautet: „Das Krankenhaus ist Eigentum der Stadt Steyr und steht unter unmittelbarer Leitung der Gemeindevertretung und als Gemeindeanstalt unter der gesetzlichen Aufsicht des Landesausschusses Es besitzt den Charakter eines Allgemeinen öffentlichen Krankenhauses und untersteht im Sinne des Ministerial Erlasses vom 4. Dezember 1856, Zl. 26.641, der Ueber wachung der politischen Behörde. Umkehrung der Ab¬ hier empfiehlt die Sektion eine ätze und solle der § 1 wie folgt lauten: „§ 1. Allgemeines. Das Krankenhaus in Steyr besitzt den Charakter eines All¬ gemeinen öffentlichen Krankenhauses und untersteht im Sinne des Ministerial=Erlasses vom 4. Dezember 1856, Zl. 26.641, der Ueberwachung der politischen Behörde Es ist Eigentum der Stadt Steyr und steht unter un¬ mittelbarer Leitung der Gemeindevertretung und als Ge¬ meindeanstalt unter der gesetzlichen Ausicht des Landes¬ ausschusses. Zum § 2 „Oberaufsicht“ schlägt die Sektion folgende enderung vor: Die frühere Fassung lautet: „Der Gemeinderat mit dem Bürgermeister leitet das Krankenhaus durch die Ver¬ mittlung der Spitalskommission. Der Obmann derselben überwacht als Referent des Krankenhauses die wirtschaftliche Bebarung und die gesamte Führungen desselben Die neue Fassung lautet: „Der Gemeinderat mit dem Bürgermeister führt die Oberaufsicht über das Krankenhaus Vermittlung der Spitalskommission. urch Es hätte also der zweite Absatz des § 2 zu entfallen, weil aus der Fassung des folgenden § 3 eine gewisse Schwierigkeit in der Richtung entstünde, als die Ueber wachung der wirtschaftlichen Gebarung und der gesamten Führung des Krankenhauses, wie sie in der früheren Fassung des § 3 festgelegt wurde, den zukünftigen Verhält¬ nissen, welche in der Verwaltungsform noch nicht geklärt rscheinen, nicht recht angepaßt sind Die Fassung des früheren § 3 lautete: „Die ökonomi¬ sche und administrative Leitung wird einem vom Gemeinde rate bestellten Direktor übertragen, welcher Mitglied der Spitalskommission ist. Der Krankenhausdirektor ist für eine Amtsführung dem Bürgermeister und dem Gemeinde rate verantwortlich. Er bezieht für seine Tätigkeit eine Funktionsgebühr, deren Höhe vom Gemeinderat jeweils bestimmt wird. Mit der administrativen Leitung kann auc ine außerhalb des Gemeinderates stehende Persönlichkeit betraut werden. In diesem Falle werden die Rechte, Pflichten und Bezüge derselben durch besondere Bestimmun¬ jen geregelt. Aus den früher angeführten Erwägungen wird die Fassung des § 3 „Leitung wie folgt empfohlen: Insolange kein eigener Verwaltungsbeamter für das Krankenhaus bestellt ist, wird die Leitung der wirtschaft¬ lichen und Kanzlei=Angelegenheiten einem Gemeinderate ibertragen. Dieser ist für seine Amtsführung dem Bürger¬ meister und dem Gemeinderate verantwortlich Die Frage der Entschädigung für seine Mühewaltung, des Titels und des Umfanges und der Dauer seiner Amts¬ führung wird vom Gemeinderate durch besondere Be¬ stimmungen geregelt. Wird mit der Leitung ein eigener Verwaltungs¬ beamter betraut, so sind hinsichtlich seiner Bezüge. Rechte und Pflichten gleichfalls besondere Bestimmungen zu reffen Die §§ 4 bis 11 werden in bestehender Fassung wie folg als richtig erkannt: § 4 Bestellung der Aerzte und Beamten. die Bestellung der Aerzte und Beamten ist Sache des Bemeinderates Die Pflichten derselben sind durch eigene Instruktionen ind die Dienstespragmatik für die Gemeindebeamten der Stadt Steyr geregelt. § 5. Aufnahme der Kranken. Die Aufnahme der Kranken erfolgt im Sinne des Ministerial=Erlasses vom 4. Dezember 1856, Z. 26.641, und zwar 1. In den allgemeinen öffentlichen Krankenheil¬ anstalten sind alle Kranken ohne Unterschied aufzunehmen, welche entweder mit einem, die Notwenoigkeit der Spitals¬ pflege nachweisenden ärztlichen Zeugnisse in dasselbe gebracht werden, oder sich zur Aufnahme selbst melden und von dem Anstaltsarzte zur Aufnahme geeignet befunden werden Unheilbare oder chronisch Kranke sind nur dann zur Aufnahme zuzulassen, wenn durch den Spitalsaufenthalt wenigstens eine wesentliche Besserung erzielt werden kann oder wenn der Zustand des Kranken ein solcher ist, daß er eine besondere, außerhalb des Spitales nicht mögliche Behandlung erfordert Geisteskranke dürfen nur zur Beobachtung ihres Geisteszustandes und unter Beachtung des Erlasses des

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