Ratsprotokoll vom 8. Oktober 1917

Gleichzeitig bemerkt der Herr Bürgermeister, daß er schon vor der Inkorporierung bemüht war, Grund für die Gemeinde zu erwerben; leider sind aber die meisten Besitzer zum Militär eingerückt. Herr G.=R. Kirchberger ersucht Herrn Bürgermeister, alles aufzubieten, um das Krankenhaus rechtzeitig mit Kohlen zu versorgen. Es dürfe nicht vergessen werden, daß ein einseitiger Betrieb unmöglich ist; auch mache ich aufmerksam, daß mehrere epidemische Krankheiten aufgetreten sind und solche Patienten separat untergebracht sein müssen, wodurch neuerdings Räume in Anspruch genommen werden, die entsprechend zu heizen sind. Es ist nicht ausgeschlossen, daß bei Eintritt der schlechten Jahres¬ zeit diese Krankheiten stärker auftreten werden. Herr Bürgermeister versichert, sich alle erdenkliche Mühe zu geben, um Kohle zu bekommen, um in erster Linie das Krankenhaus betriebsfähig zu erhalten. Nachdem von den Herren Gemeinderäten nach Umfrage keine weiteren Anträge und Anfragen gestellt wurden, führt der Herr Bürgermeister aus: Wir haben heute eine sehr wichtige Sitzung hinter uns und sind die gefaßten Beschlüsse von weittragendster Bedeutung; einerseits ist es das 10 Millionen=Darlehen, das als solches eigentlich schon einen Finanzplan darstellt, allerdings noch in großen Zügen, der es ermöglichen soll, die dringendst notwen¬ digen Anschaffungen und Einrichtungen der Stadt, die längst hätten bestehen sollen und in vielen Städten schon vorhanden sind, endlich zu beschaffen. Es ist ja mit dem Worte: wir nehmen 10 Millionen Kronen auf, noch nichts getan. Dieses Wort wird eine Unsumme von Arbeit auslösen. Wir wissen, was das Krankenhaus im Spitalbaukomitee für Arbeit machte und wird der heutige Beschluß eine Vervielfachung dieser Arbeit mit sich bringen. Wir werden uns aber dieser Arbeit freudig unterziehen. Der zweite sehr wichtige Beschluß ist die Einverleibung des Gebietes aus der Gemeinde Gleink. Meine Herren! Wer die Stadt anschaut, muß das Gefühl der Angst gehabt haben, daß sie in einem Doppelring eingeschlossen, gleichsam von allen Seiten eingeschnürt ist. Es ist also höchste Zeit, daß für eine längere Zeit eine Verbauungsmöglichkeit gesichert wird. Das einverleibte Gebiet ist so groß, daß wir dort auf lange Zeit hinaus eine rege Verbauungstätigkeit entstehen sehen önnen. Unser Stadtgebiet ist mit ebenen Flächen gewiß nicht ge¬ segnet, da seine Lage an zwei Flüssen und die Bildung einer Wasserscheide mitten in der Stadt eine vollständig ungleichmäßige Bodengestaltung bedingt. In dem inkorporierten Gebiet ist je¬ doch von den 226 99 ha eine Fläche von 130 ha durchwegs eben und zu Verbauungszwecken vollständig geeignet, wie auch der Baugrund als Schottergrund den Verbauungen sehr zu statten kommt, so daß nur noch die Frage der Wasserleitung gelöst werden muß, um eine gründliche Verbauungstätigkeit zu ermöglichen. Ich möchte aber nicht verfehlen, den Standpunkt der Ge¬ meinde Gleink rühmend hervorzuheben, wie er in dem Proto¬ kolle des Gemeinde=Ausschusses von Gleink zum Ausdrucke kam: „Der hiesige Gemeinde=Ausschuß hat jedoch nicht verkannt, daß die Stadtgemeinde Steyr ein Gebiet benötigt .. .“ Dieser Standpunkt beweist, daß die Gemeinde=Vertretung von Gleink nicht engherzig denkt, und daß sie wohl weiß, daß die gute Ent¬ wicklung unserer Stadt auch der Umgebung derselben zum Segen ereicht. Es ist ferner seitens der Gemeinde Gleink jener Punkt des Protokolles eingehalten worden, der in der ersten Verhand¬ lung festgelegt wurde, daß die Gemeinde Gleink ihre volle Ent¬ schädigung finden, diese Entschädigung jedoch keine Ueberbelastung der Stadt Steyr mit sich bringen soll Die Gemeinde Gleink hat in richtiger Erkenntnis sich auf diesem Standpunkt gehalten und ist eine friedliche Eroberung mit einem Friedensschluß, der beiden Teilen recht sein kann, ustande gekommen. Ich habe das Verhalten der Gemeinde Gleink auch deshalb rühmend hervorgehoben, weil ich hoffe, daß auch andere Ge¬ meinden, wenn an sie mit dem gleichen Verlangen herangetreten wird, eine so richtige Haltung einnehmen, wie dies die Ge¬ meindevertreter von Gleink getan haben. Ich hoffe, daß der Aufschwung unserer Stadt nunmehr recht gut fortschreiten und daß die heutige Sitzung ein Mark¬ stein zu einer weiteren glücklichen und segensreichen Entwicklung unserer Stadt sein wird. (Lebhafte Zustimmung und Bravorufe. Schluß der Sitzung um ½5 Uhr abends.

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