Ratsprotokoll vom 23. Februar 1917

Durchführung des Baues dieser Abteilung verlangt. Ulnd es liegt auch kein Grund vor, das Projekt für die diesen Bau hinauszuschieben, im Gegenteile als etzige Epidemie hat gezeigt, daß man so rasch möglich an den Bau dieser Infektionsabteilung schreiten müsse Der Herr Bürgermeister habe ihm zu diesen Punkte folgenden Bericht übergeben: Schon bei der ersten Auss reibung der Kranken hauspläne wurde die Erbauung einer Infektionsab¬ teilung vorgesehen. Mangel an Mitteln ließ die Aus führung bis heute nicht zustande kommen. Nun hat im Vorjahre die Oesterreichische Waf fenfabriksgesellschaft in dankenswerter Freigiebigkeit ein Drittelmillion Kronen für diesen Zweck gespendet. Seitens der Spitalskommission wurde die Um¬ arbeitung des vorli genden Infektionspavillonsplanes durch Architekt Schimitzek vorgesehen. Sollte dieser lan genügen, so wäre unverzüglich an die Aus¬ chreibung des Baues zu schreiten, während im gegen tei igen Falle eine Planneuausschreibung vorzunehmen wäre, die allerdiigs die Ausführung stark verzögerr dürfte Jedenfalls müßte bei der Erbauung der Infek¬ tionsabteilung auf die für diesen Zweck vorhandenen Mittel Rücksicht genommen werden. Steyr, am 21. Februar 1917 Julius Gschaider Bürgermeister Herr Vizebürgermeister erklärt, daß aus dem Berichte des Herrn Bürgermeisters hervorgehe daß der Gemeinderat sih heut: zu entscheiden habe, ob der Bau dieses Infektionspavillons nach den Plänen Schimitzek sofort in Angriff zu nehmen, oder zu ob bezüglich der Pläne eine Neuausschreibung erfolgen habe. Er wolle den einzelnen Ausführungen sicht vorgreifen und möchte sich nur erlauben zu be¬ merken, daß es tatsächli5 notwendig sein wird, diese Frage möglichst zu beschleunigen Er stelle deshalb folgenden Antrag: Das Spitalbaukomitee wied beauftragt, unver züglich die vorbereitenden Schritte zum Baue eines Infektionspavillons einzuleiten, die Herstellung den Pläne, Kostenvoranschläge etc. zu veranlassen, damit der Bau des Infektionspavillons ehemöglichst in An¬ griff genommen werden kann. Ein weiterer Antrag lautet: Der Herr Bürgermeister wird ersucht, im Vereine mit ddem Reichsrats= und Landtagsabgeordneten Herrn Professor Leopold Erb bei den maßgebenden Re¬ gierungsstellen vorstellig zu werden, um eine möglichst ausgiebige finanzielle Unterstützung der Gemeinde bei Durchführung dieser wichtigen und dringenden sani¬ tären Vorkehrungen zu erwirken. Herr Gemeinderat Erb erklärt, daß ihm der letzte Punkt der Tagesordnung Gelegenheit gebe, noch auf verschiedene Fragen einzugehen. Vor allem muß hervorgehoben werden, daß es nicht angeht, daß in der heutigen Sizung des Gemeinderates nicht dageger Einwendung erhoben wied, daß die Typhusepidemie, die in Steyr ausgebrochen ist, vielleicht deshalb sich verbreitet hat, weil Steyr in dem sanitären Be¬ lange der hier geschilderten Punkte so weit zurück sei. Es müsse für die Zukunft festgelegt werden, daß de Typhus durch fremde Leute, die nach Steyr ge¬ kommen sind, hieher geschleppt worden ist und daß der erste Ausbreitungsherd und die meisten Typhus¬ fälle sich dort eingestellt haben, wo diese Leute Auf¬ enthalt genommen haben. Das wäre für alle Folge festzuhalten. Wenn früher auch hie und da ein Typhusfall in Steyr vorgekommen ist, so ist dies auch in anderen Städten der Fall, am meisten edoch krassiere der Typhus in der Stadt Prag. Das ei eine nachweisbare Tatsache. Seiner Ansist nach wäre es in Steyr von vorneherein nicht so weit gekommen, wenn gegen die betreffenden typhusver¬ dächtigen Leute sofort und auch energise gegen diese Krankheit eingeschritten worden wäre. Erst in zweiter Linie konnte es Sache der Gemeinde sein, sich da¬ gegen zu wenden. Was für Leute nach Steyr ge¬ kommen sind, wissen alle, den die Straßen, Gassen und Plätze geben hievon Zeugnis, welches Reinlich lichkeitsgefühl unter einem Teile dieser Bevöl¬ kerung herrscht. Es graue einem direkt, irgend eine enge Gasse zu durchschreiten. Na' dem diese Fälle früher nicht so massenhaft vorgekommen sind, wie es jetzt der Fall ist, müssen dies Leute sein, die von auswärts gekommen sind und kann man sich daher von deren Reinlichkeitsgefühl einen Begriff machen Er müsse schon sagen, daß die Stadt Steyr, wenn schon manches bezüglich sanitärer Einrichtungen man¬ gelhaft ist, weder an dem Auftreten noch am Weiter¬ verbreiten des Typhus schuld ist. Nun wird seitens der Oberbehörde eine ganze Reihe sanitärer Verbesserungen unserer Stadt ver¬ angt. Er werfe nun die Frage auf, ob diese Ver¬ besserungen auch von den geschlossenen Na bbarge¬ neinden Ulrich, Neuschönau und Garsten verlangt verden. Auch in Sitrning wohnen eine ganze Menge Leute, welche nach Steyr hereinkommen. Was ge¬ chieht nun, wenn es in diesen Nachbargemeinden in anitärer Hinsicht so bleibt, wie es jetzt ist? Was ilft alle Reinlichkeit, alle Einrichtungen in Steyr, venn der Typhus aus der Umgebung herein¬ gebracht wird. Gibt es seitens der Oberbehörde nicht auch diesbezügliche Aufträge für diese Na bargemein¬ den? Es wäre deshalb seiner Ansicht nah vollkommen ichtig, wenn die Stadtgemeinde Steyr als Antwort auf die an sie ergangenen Austräge die Aufmerksam¬ cit der Oberbehörde auch auf diese Ortsgemeinden enken würde. Nun sei noch folgende Frage zu berücksihtigen. Man verlangt von uns seitens der Oberbehörde große inanzielle Opfer. Da könnte aber schon die Statt¬ halterei als Auflichtsbehörde über Krankenwesen, sowie ber die Festsetzung der Spitalsverpflegsgebühren da¬ ür sorgen, daß der Landesausschuß diese Gebühren rotz der teuren Zeiten nicht so unalaublih nieder bemesse, sondern bedeutend höhere Verpflegsgebühren estsetze, als bisher. In Oberösterreich hat der größte Teil der Landgemeinden keine sanitäre Pflege, weil ie keine Spitäler haben. Warum wird nicht darau gedrungen, daß in Oberösterreich, so wie im Lande Niederösterreich Bezirkskrankenhäuser in allen größeren Orten errichtet werden? In Oberösterrei sinde man wenige der reichen Landgemeinden, die ein Kranken aus besitzen. Manche Gemeinden zahlen die Ver¬ flegsgebühren überhaupt nicht aus, der Landes¬ usschuß veranlaßt ni t, daß die Krankenkosten ent¬ sprechend hoh bezahlt werden, spart daran unerhört ind beschneidet grundsätzli sogar die Krankenver¬ pflegsgelder. Wo bleibt die Oberbehörde? Das sind Verhältnisse, die auf die Dauer nicht ausgehalten werden können. Man wälzt einfach alles auf die Städte und kümmert sich um deren Finan¬ zierung überhaupt nicht Er möchte deshalb biantragen, daß die Stadt¬ gemeinde Steyr sich neuerdlih an die k. k. Statt¬ alterei und an das Ministerium des Innern um Er¬ öhung der Krankenverpflegsgebühren wende und dies damit begründet werde, daß unsere Stadt neuerdings verpflichtet wurde, wesentli ie Assa nierungsvorkehrungen zu treffen, daß ein Ueberbe¬ ag im Krankenhause entstanden und an die Gemeinde dadurch große Anforderungen gestellt werden, wes¬ halb sie die Unterstützung der Oberbehörden unbe¬ dingt notwendig hat. Der Herr Bürgermeister habe auch davon ge¬ brochen, daß die Stadt Steyr finanzielle Unter¬ tützungen zu erhoffen habe. Sosche Unterstützungen Statthalierei insbeson¬ nüßten wir seitens der k. k. dere für Kanalisation und Wasserleitung erhalten. Außerdem würden seitens des k. k. Ministeriums für ffentliche Arbeiten auch Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt. Es wird notwendig sein. bezüglich Dur füh¬ rung der finanziellen Fragen jetzt schon Vorkehrungen zu treffen, da man nicht wisse, ob man diese Unter¬ stützungen auch wirkli) entsprechend hoch bekomme. Er stelle deshalb noch folgende Zusatzan¬ träge „Die Finanzsektion ist zu beaustragen, die aus den angenommenen Anträgen sich ergebenden finan¬ iellen Fragen zu prüfen und hierüber dem Gemeinde¬ ate geeignete Vorschläge zu unterbreiten.“ „Die erste Seltion im Vereine mit der Spitals¬ ommission hat dem Gemeinderate Anträge wegen aldigster Erhöhung der Verpflegsgebühren in den tädtischen Krankenhäusern zu stellen. derr Gemeinderat Erb erklärt nock, er müsse ich entschieden dagegen wenden, daß der Plan be¬ treffend die Erbauung des Infeitionspavi'lons ohne weitere Prüfung dem Aritetien Schimitzek zur Ausführung übermittelt werde. Er sei der Ansicht, daß eine Ueberprüfung der Päne von seiten hiezu be fugter Ingenimure notwendig ist und bitte er die dritte Sektion, sowie das Spitalbaukomitee, dafür einzu treten, daß die Sache gründli gemacht wird und un¬ edingt nochmals eine Ueberprüfung der Pläne statt¬ inde. Er schließe sich ja dem an, daß dieser Bau aldigst fertiggestellt sein müsse, jedoch brauhe der¬ selbe deswegen nicht überstürzt zu werden. Zum (Schluße möchte er nur noch anregen, daß ein Teil der heute vorgebrachten Aniräge und Wünsche n der Sanitätskommission selbst vorgebracht werde. Bei dieser Gelegenheit wäre es gut, wenn die Herren er Sanitätskommission auch auf die Umgebung der Waffenfabrik aufmerklam gemacht würden. Er er¬ innere nur daran, daß bei den Baracken auf der Enns¬ 7

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