Ratsprotokoll vom 28. März 1913

Vorerst habe jedochtnoch eine Vorbesprechung stattgefunder wobei Herr Vizebürgermeister Fendt, die Herren Sektions=Ob¬ männer, Herr Reichsratsabgeordneter Erb und Vertreter der Gemeinde St. Ulrich teilgenommen haben, welche aber zu keinen Ergebnisse führte, nachdem die Vertreter von St. Ulrich er klarten, daß sie nur unter dem Vorsitze des Herrn Landeshaupt mannes in Verhandlungen eintreten werden. Es sei deshall nichts anderes übrig geblieben, als eine solche Sitzung anzu bahnen, welche auch gestern Donnerstag stattgefunden habe. Die Rechts= und Finanzsektion habe heute auch bereits über derer Ergebnis beraten und wird die 1. Sektion über deren Entschluß einen Dringlichkeitsantrag stellen. Redner ersucht nun den Herrn Referenten der I. Sektion das Wort zu ergreifen Herr G.=R. Dr. Karl Harant erklärt, daß ein Dring¬ lichkeitsantrag der I. Sektion im Vereine mit der II. Sektion des Gemeinderates der l. f. Stadt Steyr betreffen das Resultat der Verhandlungen über die Inkorporierung von Gründen aus dem Gemeindegebiete von St. Ulrich vorliege Zur Begründung der Dringlichkeit wird auf die wirtschaft liche Bedeutung der Angelegenheit an sich, sowie insbesonder auf den Umstand verwiesen, daß die Oesterreichische Waffen fabriks=Gesellschaft erklärt, einer möglichst raschen Entscheidun zu bedürfen, da sie sich das Ankaufsrecht hinsichtlich ander weitiger Gründe vorbehalten habe und die Frist für Geltend¬ machung dieses Rechtes in wenigen Tagen ablaufe Die dringliche Behandlung dieses Gegenstandes wird ein stimmig angenommen.) leber das Ergebnis der zwischen den Vertretern der Stadt gemeinde Steyr und den Vertretern der Ortsgemeinde St. Ulric gepflogenen Unterhandlungen wird in gedrängter Kürze folgen der Bericht erstattet Ueber Wunsch der Vertreter der Gemeinde St. Ulridh wurden die Unterhandlungen in Linz unter dem Vorsitze der Herrn Landeshauptmannes und in Beisein des Herrn Landes¬ ausschusses Wiesner als Referenten in Gemeinde=Angelegenheiten am 27. März 1913, nachmittags 2 Uhr, begonnen Von Seite der Gemeindevertreter von St. Ulrich wurd eine jährliche Entschädigung von 12.500 K verlangt, wogege seitens der für die Stadtgemeinde Steyr entsendeten Unterhändlei eine Ablösung der bisherigen Gemeinde=Umlagen, welche auf das zu inkorporierende Gebiet entfallen, samt einem 50%igen Zu schlage zunächst angeboten wurde Nach 3½stündigen Unterhandlungen einigten sich die beiderseitigen Vertreter, als welche für die Stadtgemeinde Stey die Herren Bürgermeister Gschaider, Vizebürgermeister Fendt, Abgeordneter Erb, die Gemeinderäte Dr. Harant, Kirchberger Huber und Dantlgraber entsendet waren, auf folgendes Ueber einkommen: Vereinbarun über den Antrag auf Einverleibung von Teilen des Gemeinde gebietes St. Ulrich in das Gebiet der Stadtgemeinde Steyr nach den am 27. März 1913 getroffenen Verabredungen. 1. Die Gemeinde St. Ulrich gibt ihre Zustimmung, daß das Schacherlehnergut (erste Inkorporierung), die Kammermayr¬ gründe (zweite Inkorporierung) und die sonstigen für den projektierten Ausbau der Waffenfabriksanlagen etwa noch be¬ nötigten Gründe aus dem Gemeindegebiete St. Ulrich ausge schieden und mit der Stadtgemeinde Steyr vereinigt werden 2. Die Stadtgemeinde Steyr sichert hiegegen der Orts¬ gemeinde St. Ulrich folgende Leistungen zu: Eine Leistung im Betrage der von dem abgetrennten Ge a) bietsteile im Jahre 1912 vorgeschriebenen Umlagen dei Ortsgemeinde St. Ulrich, welche Leistung für die Dauer des fabriksmäßigen Betriebes auf den auf diesem Gebiete zu errichtenden Bauten der Waffenfabriks=Gesellschaft durch diese oder ihre Rechtsnachfolger, aus Mitteln der Stadt¬ gemeinde Steyr alljährlich zu erfolgen hat und welche für das erste Jahr pro rata parte des Beginnes der Umlage¬ einhebung für dieses Gebiet durch die Stadt Steyr zu be nessen ist eine weitere Leistung von 6000 A, welche Leistung gleich b) falls alljährlich für die Dauer des erwähnten Fabriks¬ betriebes aus Mitteln der Stadtgemeinde Steyr zu erfolge hat, und zwar von jenem Tage an, an welchem der Fabriks¬ betrieb in den auf den abgetretenen Gründen errichtete Objekten mit mindestens 1000 Arbeitern geführt wird un für das erste Jahr gleichfalls mit dem pro rata parte de Betriebsdauer im Eröffnungsjahre sich berechnenden Teil¬ betrage zu ermessen ist der Stadtgemeinde Steyr bleibt es vorbehalten, jede der c) beiden vorerwähnten Leistungen durch einmalige Leistung des Kapitalswertes derselben unter Annahme einer 4%igen Verzinsung abzulösen 3. Sollte die projektierte Bauführung der Waffenfabriks Gesellschaft nicht zustande kommen, so wird diese Vereinbarung gegenstandslos und tritt hinsichtlich der Begrenzung der beiden Gemeindegebiete der gegenwärtige Zustand unter Aufrechthaltung des Beschlusses des Gemeinde=Ausschusses St. Ulrich hinsichtlich der Inkorporierung der Spitalsgründe wieder in Kraft. Es ergeht sohin der Antrag, diesem Uebereinkommen zuzustimmen. Wird einstimmig angenommen. Herr G.=R. Hofer beantragt, zur Ausarbeitung des eigentlichen Vertrages mit St. Ulrich auf Grund der Ver¬ einbarung ein engeres Komitee, bestehend aus dem Herrn Bürger meister, dem Herrn Vizebürgermeister, den Herren Sektions=Ob¬ männern Dr. Harant und Kirchberger und den Herren Ge¬ meinderäten Leopold Erb und Gottlieb Dantlgraber zu wählen, was einstimmig angenommen wird Der Herr Bürgermeister erklärt hierauf noch, daß man in der Frage der Inkorporierung um einen wichtigen Schritt vorwärtsgekommen sei, wenn auch unter ganz bedeuten den Opfern. Er hoffe auch, daß nicht in letzter Stunde noch ein unüberwindliches Hindernis eintrete, welches die Erbauung un möglich machen würde und werde gewiß auch darnach getrachtet diese Angelegenheit zu einem guten Ende zu führen. (Bravorufe.) Es wird hierauf zur Erledigung der Tagesordnung ge¬ schritten I. Sektion. Referent: Sektionsobmann Herr G.=R. Dr. Karl Harant jun 1. Bestellung eines Reservewachmannes 2. Ansuchen um definitive Aufnahme in den Ge meindeverband 3. Ansuchen um Bürgerrechtsverleihung. Diese Punkte werden vertraulich behandelt 4 Verifikation der diesjährigen Gemeinderats¬ wahlen. Das Amt berichtet, daß innerhalb der mit Kundmachung des Herrn Bürgermeisters vom 14. März 1913 gemäß § 38 des Gemeindestatutes festgesetzten achttägigen Einspruchsfrist gegen die Giltigkeit der diesjährigen Gemeinderatswahlen in allen vier Wahlkörpern keine Einwendungen eingebracht worden sind Der Antrag der Sektion lautet auf Verifizierung der diesjährigen Gemeinderatswahlen Herr G.=R. Wokral erklärt sich mit dem Vorgang nich einverstanden, daß das Wahlrecht von verstorbenen Steuerträgern sofort auf dessen Nachkommen übertragen wird, ohne daß letztere Steuern gezahlt haben. — Außerdem bemängelt er, daß im III. Wahlkörper ein Teil der Stimmzettel kleiner waren, als die vom Amte ausgegebenen. Einen Wahlprotest habe er des wegen nicht eingebracht, weil der Ausgang desselben ein voraus¬ ichtlicher gewesen wäre Herr G.=R. Erb widerlegt in längerer Ausführung diese Anschauung des Herrn G.=R. Wokral, worauf der Sektions¬ antrag mit Majorität angenommen wird. — Z. 9088/13. 5. Rekurse gegen Entscheidungen des Armenrates Es liegen folgende Rekurse vor a) Rekurs der Julie Enzmann, Fabrikarbeiterswitwe in Steyn gegen die Entscheidung des städtischen Armenrates vom 13. jänner 1913, womit ihr Ansuchen um Bewilligung des Fortbezuges des Erziehungsbeitrages von monatlich 10 K für das Jahr 1913 abgewiesen wurde. Es wird beantragt Es werde dem Rekurse aus den Gründen des Armenrate im Allgemeinen keine Folge gegeben, doch sei der Gesuchstellerir bis Ende Juni 1913 ein Erziehungsbeitrag von 5 K monatlich zuzuweisen, und zwar in Würdigung ihrer persönlichen Ver hältnisse Einstimmig angenommen. — Z. 4376/13. b) Rekurs des Franz Kidrinsky in Nürnberg, Vormund des minderjährigen nach Steyr zuständigen Franz Wilheln Kidrinsky, gegen die Entscheidung des städtischen Armenrates vom 9. Dezember 1912, womit dessen im Wege der Vormund schaftsbehörde eingebrachtes Ansuchen um die Wiederbewilligung eines Erziehungsbeitrages für sein Mündel abgewiesen wurde Die Sektion beantragt die Abweisung dieses Rekurses aus den zutreffenden Gründen des städtischen Armenrates Nach Antrag. — Z. 1005/13 c) Rekurs der Barbara Buchinger, wohnhaft in Amstetten, gegen die Entscheidung des städt. Armenrates vom 13. Jänner 1913, womit deren Ansuchen um Erhöhung des seinerzeit be willigten Zinsbeitrages von jährlich 80 K abgewiesen wurde Ueber Antrag der Sektion wird die Abweisung dieses Rekurses aus den Gründen des städtischen Armenrates be¬ schlossen. — Z. 4580 und 5975/13 d) Rekurs der Juliana Mayr, Hilfsarbeiterin in Schwaz in Tirol, gegen die Entscheidung des städtischen Armenrates vom 17. Februar l. J., womit deren Ansuchen um Erhöhung der laufenden Unterstützung auf täglich 1 K abgewiesen wurde Die Sektion beantragt diesem Rekurse mit Rücksich auf die beschränkten Mittel und die starke Belastung des Armen budgets keine Folge zu geben, es jedoch der Rekurrentin freizu¬ stellen, sich in die heimatliche Armenverpflegung zu begeben. Einstimmig nach Antrag. — Z. 7824/13 e) Rekurs des Andreas Klimt, pens. Waffenfabrikarbeiter in Steyr, gegen den Beschluß des städtischen Armenrates vom 13. Jänner 1913, womit sein Ansuchen um Bewilligung des Fortbezuges des Erziehungsbeitrages von monatlich 10 K für das Jahr 1913 abgewiesen wurde.

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