Ratsprotokoll vom 24. November 1911

Im Jahre 1904 war aber auch die Auböckbrücke wieder reparatursbedürftig, so daß sich die Waffenfabriks=Gesellschaft abermals an die Stadtgemeinde um Uebernahme der Brücke in das Eigentum derselben als öffentliches Gut wendete. In dem hierüber am 25. November 1904 gefaßten Ge¬ meinderatsbeschlusse erklärt der Gemeinderat, den Beschluß vom 20. Mai 1892 aufrecht zu erhalten, wonach also die Auböck¬ brücke in Eisenkonstruktion hergestellt werden sollte, die Stadt¬ gemeinde die halben Herstellungskosten tragen und die Brücke in das Eigentum der Gemeinde übergehen sollte. Im Ratsprotokolle vom 25. November 1904 ist hierüber folgendes enthalten: „11. Ansuchen der Oesterr. Waffenfabriks¬ Gesellschaft in Steyr um Uebernahme der ogen. Auböckbrücke in das Eigentum der Ge¬ meinde. Liegt folgende Eingabe vor: Löbl. Stadtgemeinde=Vorstehung Steyr! Wir beehren uns mitzuteilen, daß unsere über den Vogl¬ sang=Werkskanal führende Brücke nächst dem Waffenfabriks¬ Objekte 9 derart schadhaft geworden ist, daß die Reparatur, welche nach dem Kostenvoranschlage des Herrn Zimmermeisters Julius Huber hier auf 440 K zu stehen kommt, nicht hinaus¬ geschoben werden kann. Wir sind bereit, die Reparatur der Brücke auf unsere Kosten sofort in Angriff zu nehmen, ersuchen jedoch unter Einem die löbl. Stadtgemeinde=Vorstehung, in Anbetracht des Umstandes, daß die Brücke in erster Linie dem öffentlichen Verkehre dient, dieselbe in Hinkunft als öffentliches Gut in ihre Verwaltung zu nehmen. Wir weisen darauf hin, daß die Benützung dieser Brücke ich von der Benützung anderer öffentlicher Brücken nicht unter¬ scheidet. — Wir sehen Ihrem geschätzten Bescheide auf unseren obigen Antrag gerne entgegen und empfehlen uns hochachtungsvoll Oesterreichische Waffenfabriks - Gesellschaft: Buddenbrock m. p. J. Berger m. p. Der Bericht des Amtes hierüber lautet: Die Oesterreichische Waffenfabriks=Gesellschaft zeigt an, daß eine sofortige Reparatur der über den „Voglsang"=Werkskanal führenden Brücke nötig ist, daß diese Reparatur von ihr und auf ihre Kosten ausgeführt werde, daß sie jedoch mit Rücksicht auf den Umstand, daß die Brücke in erster Linie dem öffent¬ lichen Verkehre dient, ersucht, diese Brücke als öffentliches Gut in Verwaltung der Gemeinde zu übernehmen. Diese Brücke wurde im Jahre 1867 gleichzeitig mit der „Gsangbrücke“ von der Waffenfabrik erbaut. Im Kommissions=Protokolle vom 2. Dezember 1867 ist derselben überhaupt keine Erwähnung getan und es ist nur aus dem Plane ddo. Steyr am 1. Dezember 1867 ersichtlich, daß sie damals erbaut worden ist. Obwohl die allgemeine Benützung dieser und der „Gsang¬ brücke“ nur im Falle einer Reparatur der Steyrbrücke oder im Falle einer Feuersgefahr zugestanden war, wurde sie wahrschein¬ lich seit ihrer Fertigstellung allgemein benützt. Die Gemeinde hätte einen Beitrag zu den Kosten dieser Brückenherstellungen leisten sollen, der den Erhaltungskosten des Voglsangsteges nach einem 10jährigen Durchschnitt gleichkommt, dürfte aber diesen Beitrag nie geleistet haben, obwohl sich die Gemeindevertretung mit Sitzungsbeschluß vom 6. Dezember 1867 dazu verpflichtete. Klar darüber, was die Gemeinde eigentlich für diese Brücken zu leisten gehabt hätte, war sich wahrscheinlich niemand und deshalb ist auch die Leistung unterblieben. Die Diktion im bezüglichen Kommissions=Protokolle ist jedenfalls eine unglückliche. Im Jahre 1892 hatte die Waffenfabrik die Absicht, sowohl das Auböckbrückl als auch die Gsangbrücke in Eisenkonstruktion herstellen zu lassen. Die Gemeinde Steyr verpflichtete sich mit Gemeinderats¬ beschluß vom 20. Mai 1892 zu den hiedurch erwachsenen Kosten die Hälfte in fünf gleichen Jahresraten ab 1893 an die Waffen¬ fabrik rückzuerstatten und beide Brücken nach Fertigstellung in das Eigentum der Stadt zu übernehmen und darauf allein her¬ zuhalten. Diese Absicht der Waffenfabrik wurde aus hieramts unbe¬ kannten Gründen nicht ausgeführt. Anläßlich einer im Jahre 1889 erfolgten Rekonstruktion des sogenannten „Auböckbrückls“ wurde seitens der Waffen¬ fabrik von der Gemeinde weder ein Beitrag zu den erwachsenden Kosten verlangt, noch von der Stadt etwas geleistet. Die sogenannte Gsangbrücke wurde jedoch mit Gemeinde¬ ratsbeschluß vom 6. November 1896 in die Erhaltung der Ge¬ Franz Gall m. p, Stadtrat. meinde übernommen. Der Sektionsantrag hierüber lautet: Mit Rücksicht darauf, daß der Bauzustand der sog. Auböck¬ brücke trotz der vorgenommenen Reparatur kein guter zu nennen ist, glaubt die Sektion dem löbl. Gemeinderat folgenden Antrag empfehlen zu sollen: Der Gemeinderat hält den Beschluß vom 20. Mai 1892 aufrecht, daß diese Brücke laut dem damaligen Angebote der Oesterr. Waffenfabriks=Gesellschaft in Eisenkon¬ struktion hergestellt werde, zu welchen Kosten die Stadtgemeinde die Hälfte beiträgt. Nach dieser Herstellung wird die Brücke als öffentliches Gut von der Stadtgemeinde zur Erhaltung über¬ nommen werden. Einstimmig nach Antrag. — Z. 23.314.“ Es stützt sich daher jetzt die Waffenfabriks=Gesellschaft in ihrem Schreiben vom 30. Oktober 1911 auf diese beiden Be¬ schlüsse vom 20. Mai 1892 und vom 25. November 1904. Die Herstellung der Auböckbrücke im Jahre 1904 war aber auch wieder unterblieben und erst jetzt soll diese Brücke in Eisenbeton erbaut werden. Es läßt sich kaum verkennen, daß die seinerzeitigen Ab¬ machungen durch die nunmehr beabsichtigte Herstellung der Au¬ böckbrücke in Eisenbeton nicht berührt werden. Wenn sich nun auch nicht in Abrede stellen läßt, daß die Gsangbrücke und die Auböckbrücke seit ihrem Bestande und bis heute ganz allgemein benützt werden, und wenn auch die Waffen¬ fabriks=Gesellschaft die im Jahre 1867 normierten Entschädigungs¬ beträge seitens der Gemeinde nie erhalten hat, so ist es anderer¬ seits auch wieder zweifellos, daß die Stadtgemeinde Steyr durch die Uebernahme der hölzernen Gsangbrücke im Jahre 1896, entgegen den Vereinbarungen vom Jahre 1892, schwer belastet wurde Mit Rücksicht auf diese Belastung sowie auf den darge¬ stellten Sachverhalt stellt nun die Sektion den Antrag: Der Gemeinderat beschließe, es sei vorerst an die Waffen¬ fabriks=Gesellschaft die Anfrage zu richten, ob sie geneigt wäre, die Kosten einer künftig notwendig werdenden Herstellung der Isangbrücke in Eisenkonstruktion (Eisenbeton) zur Hälfte mit der Stadtgemeinde zu tragen, um so den seinerzeitigen Abmachungen aus dem Jahre 1892 nachträglich zu entsprechen. Herr G.=R. Erb: Ich bitte, wir müssen uns vor allem darüber Klarheit ver¬ schaffen, was die Sektion eigentlich will. Die Sektion will soweit ils möglich etwas gut machen, was im Jahre 1896 entschiedenst versäumt wurde. Wir wünschen, daß ein Teil jener Kosten, die der damalige Gemeinderat auf sich genommen und somit auf die Steuerträger überwälzt hat, wieder hereingebracht werde, indem man trachtet, für die größte Brücke, nämlich die Gsang¬ brücke, etwas hereinzubringen. Ob das möglich sein wird, kann man nicht sagen. Man könne daher nur an die Waffenfabrik herantreten, was sie betreffend der Gsangbrücke zu tun gedenkt, und ob sie überhaupt zustimmt, daß bezüglich der Gsangbrücke etwas geschieht. Ich glaube, daß damals überhaupt nicht glücklich vorge¬ gangen worden ist. Wir können diese Fehler nur mehr teilweise gutmachen. Wir sehen auch durch die Beschlüsse von den Jahren 1892, 1896 und 1904, daß der damalige Gemeinderat in einem gewissen Unrecht war, was wir jetzt in der ganzen Brückenange¬ legenheit sowie auch bei der zweiten Brücke auszutragen haben werden. Vielleicht wird es doch möglich sein, irgend ein Zuge¬ ständnis seitens der Waffenfabrik zu erhalten, soweit es eben derselben möglich ist. Herr G.=R. Wokral: Ich stimme dem, was Herr G.=R. Erb gesagt hat, daß der jetzige Gemeinderat die Aufgabe hat, diesen Fehler wieder gut zu machen, vollkommen bei. Ich möchte vielleicht dem Ausdruck geben, daß nicht nur der Fehler gut zu machen sei, sondern ich will noch bemerken, daß die Nichteinhaltung der Gemeinderats¬ beschlüsse vom Jahre 1896 gewissermaßen eine leichtfertige Preis¬ gebung von Interessen der Stadtgemeinde gewesen ist, nachdem ja im Beschlusse festgelegt wurde, unter welchen Umständen die Gemeinde verpflichtet ist, die beiden Brücken zu übernehmen. Wenn auch im Jahre 1896, als der Beschluß gefaßt wurde, daß die Gsangbrücke übernommen werden solle, trotzdem die Waffenfabrik den um vier Jahre früher eingegangenen Ver¬ pflichtungen nicht nachgekommen ist, ein schwerer Fehler liegt, so könne man doch nur mehr an den guten Willen der Waffen¬ fabrik appellieren, um das zu erreichen, was der damalige Ge¬ meinderat als Unterpfand gegeben hat. Ich möchte dem Wunsche Ausdruck geben, nicht nur an die Waffenfabriks=Gesellschaft wegen eines Beitrages zur Neu¬ konstruktion der Gsangbrücke heranzutreten, sondern auch Vorbe¬ reitungen zu treffen, betreffend den Steg vom Objekt IX ins Eysnfeld, damit, wenn wir mit diesem einmal zu tun haben sollten, wir nicht wieder mit der Waffenfabrik in eine ähnliche Lage kommen wie jetzt. Der eine Fall zeigt uns, wie unter Umständen mit dem Gemeindevermögen gewirtschaftet worden ist, und daß möglicher¬ weise auch in anderen Fällen so vorgegangen wurde, wie jetzt. Der jetzige Gemeinderat hat keine Gelegenheit mehr, dies zu prüfen. Wir sind auch diesesmal nur zufälligerweise darauf¬ gekommen, wie leichtfertig von der damaligen Gemeinderats¬ majorität, trotz der Warnung einzelner Gemeinderatsmitglieder, mit Gemeindegeldern umgegangen worden ist. Ich bin daher der Ansicht, daß der jetzige Gemeinderat alle Ursache hat, diesen Fehler wieder gut zu machen, sowie er sich auch dahin auszusprechen habe, daß man sich mit einer der¬ artigen Wirtschaft, wie diese es war, nicht einverstanden erklären könne, und daß für derartiges den Personen, welche so mit Ge¬ meindegeldern umgegangen sind, die vollste Verantwortung zu treffen habe. Herr G.=R. Landsiedl stellt die Anfrage, ob nicht die ganze Sache durch die neue Werksanlage bei Objekt IX über¬ haupt in Frage kommt. Der Herr Bürgermeister erwidert, daß er mit Herrn Direktor Schönauer und Herrn Ingenieur Zwicker eine Unter¬ redung gehabt habe, in welcher die beiden Herren darauf hin¬ wiesen, daß jetzt die günstigste Zeit sei, den Umbau der Brücke auszuführen, nachdem der Wasserstand ein günstiger ist und

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