Ratsprotokoll vom 2. September 1904

2 Steyr die Aufnahme eines Anlehens von 2 Millionen Kronen zur Errichtung einer Korps=Artillerie=Kaserne erster Kategorie bewilligt wurde, hat im Verlaufe der kommissionellen Erörte¬ rungen und Verhandlungen zwischen der Heeresverwaltung und der Stadtgemeinde das Detailbau=Elaborat vielfache Aenderungen und Erweiterungen erfahren, namentlich in Bezug auf Wasser¬ leitungsanlagen und Kanalisierungen, auf Planierungs=, Straßen¬ und Einfriedungsarbeiten im Rayon der Kasernbaugründe und auf die bauliche Ausgestaltung verschiedener Objekte dieser Kaserne. Wenn nun schon die hieraus erwachsenden Mehrerforder¬ nisse das Auslangen mit dem ursprünglichen Anlehen nicht er¬ möglichen, so ist durch die erst am 27. Oktober 1903 definitiv ge¬ wordene und unabweisbare Anforderung der Erbauung eines Marodenhauses in ziemlich großem Umfang und moderner hygienischer Ausgestaltung, noch mehr aber durch die erforder¬ lichen Unterkünfte für die mit Entschließung des k. u. k. Reichs¬ kriegsministeriums vom Februar 1904 angeordnete Aufstellung der 14. Artillerie=Brigade=Equitation, ferner durch die noch aus¬ ständige Anordnung von Werkstätten im Komplexe dieser Kaserne die Aufnahme eines Nachtragsanlehens unabweislich geworden. Zu den in der Eingabe an den hohen Landtag vom 9. De¬ zember 1902 detaillierten Erfordernissen im runden Betrage von 2 Millionen Kronen sind nunmehr nachstehende Mehrerfor¬ dernisse in runden Ziffern erwachsen: 125.000 K 1. Für das Marodenhaus 214.900 2.„ die Brigade=Equitation 40.000 „ 3. „ „ Werkstätten . bauliche Mehrkosten und solche für für die Wasserleitung, Kanalisierung, Straßen, Rigol= und Gartenanlagen, Planierungs= und Einfriedungskosten 215.900 zusammen . 595.800 K so zwar, daß die Stadtgemeinde Steyr in der Lage ist, ein Nach¬ tragsanlehen zum Korps=Artillerie=Kasernenbau von rund 600.000 K aufnehmen zu müssen. Sodann verliest der Herr Referent den Sektions=Antrag, welcher lautet: Sektions=Antrag: „Der löbliche Gemeinderat beschließt auf Grund seiner Zu¬ stimmung vom 23. Oktober 1903 zur Errichtung eines Maroden¬ hauses und derjenigen vom 4. März 1904 zur Errichtung der erforderlichen Unterkünfte zur Aufstellung der 14. Artillerie¬ Brigade=Equitation, beide im Komplexe der Korps=Artillerie¬ Kaserne in Steyr: 1. Die Aufnahme eines in 50 Jahren rückzahlbaren, höchstens mit 4½% verzinslichen Kasernenbau=Nachtrags=An¬ lehens bei einem oberösterreichischen Kreditinstitute im Höchst¬ betrage von 600.000 K (Sechshundertausend Kronen) gegen Ver¬ pfändung der Kasernobjekte. 2. Der Herr Bürgermeister wird beauftragt, die Zustim¬ mung des hohen oberösterreichischen Landtages zur Aufnahme dieses Nachtrags=Anlehens seitens der Stadtgemeinde Steyr und die verfassungsmäßige Genehmigung des bezüglichen Landes¬ gesetzes zu erwirken. 3. Der Herr Bürgermeister wird ferner beauftragt, namens der Stadtgemeinde bei dem hohen Landtage um die Bewilligun eines im Sinne des Landtagsbeschlusses vom 3. Dezember 1887 entsprechenden jährlichen Ergänzungsbeitrages aus dem Landes¬ fonds durch die Dauer von 25 Jahren zur 4½%igen Ver¬ zinsung dieses Nachtrags=Anleihekapitales und um eines solchen zu den Erhaltungskosten des Marodenhauses, der Objekte der Artillerie=Brigade=Equitation und der erst noch anzuordnenden Aufstellung der Werkstätten im Komplexe der Artillerie=Kaserne bittlich zu werden. 4. Der Herr Bürgermeister wird ermächtigt, auch dieses Nachtrags=Anlehen von 600.000 K bei der oberösterreichischen Landes=Kommunal=Kredit=Anstalt unter den gleichen Bedingungen aufzunehmen, mit welchen das Hauptanlehen abgeschlossen wurde, und im Sinne des Statutes dieser Kredit=Anstalt die Zustim¬ mung des hohen oberösterreichischen Landtages einzuholen.“ Zu diesem Gegenstande nimmt der Herr Vorsitzende das Wort und führt aus: Ich fühle mich verpflichtet, im Anhange zu den eben ge¬ stellten Anträgen dasjenige zu sagen, was zur Aufklärung der Situation nicht nur der löbliche Gemeinderat, sondern auch die öffentliche Meinung zu erfahren das Recht hat. Es sind nun gerade zwei Jahre, daß die Entschließung er folgte, das 14. Korps=Artillerie=Regiment nach Steyr zu dislo¬ zieren und daß an die Gemeinde die Notwendigkeit herantrat, an den Bau einer Artillerie=Kaserne zu schreiten. Das war im August 1902. Im Verlauf der darauffolgenden Monate sind die betreffenden Unterhandlungen mit der Heeresverwaltung ein¬ geleitet und in der umsichtigsten und vorsichtigsten Weise Präli¬ minarien aufgestellt und Kostenvoranschläge gemacht worden. Die Kostenvoranschläge haben damals zum Resultate geführt, daß die ursprünglich in Aussicht genommene Kaserne mit 2 Millionen Kronen fertig gestellt werden könne. Seit dieser Zeit haben sich die Verhältnisse nicht un¬ wesentlich verändert, und zwar zunächst nach Seite der Wasser¬ beschaffung hin. Es wird erinnerlich sein, daß man seinerzeit mit den sogenannten Weinzierlquellen sich begnügen zu können glaubte, weil ein anderes Wasser beinahe nicht zur Verfügung tand und es wurde daher in den ersten mit der Heeresver¬ waltung getroffenen Vereinbarungen nur für eine Wasserleitung vorgesorgt, welche das Trinkwasser für Tier und Mensch liefern sollte. Infolge dessen wurde damals von einer Wasserleitung in der heutigen Ausdehung nicht gesprochen und in weiterer Konsequenz ebensowenig eine förmliche Kanalisierung in Aussicht genommen, denn es wäre selbstverständlich nicht möglich gewesen, eine so ausgebreitete Kanalisierung anzulegen, wenn die notwendige Wasserspülung nicht vorhanden war. Es wurde daher damals kommissionaliter die Anlage von Senkgruben beschlossen und es stand eine außerordentliche Ersparnis in Aussicht, denn die Kosten von so ausgedehnten Kanalisierungen und Wasserleitungen kann sich jedermann vorstellen. Mir haben damals schon die Weinzierlquellen nicht genügend Garantien für ihre Ergiebigkeit geboten, und es hat mir auch keine Ruhe gelassen, daß wir bei einem sochen Neubau Senkgruben machen sollen, welche ja doch einer längst vergangenen Zeit angehören und große Uebelstände mit sich bringen. Ich bemühte mich, eine andere Wasserquelle ustande zu bringen und es ist mir unter Mitwirkung des Bau¬ komitees auch gelungen, eine Wasserquelle zu beschaffen, welche selbst die in Bezug auf Wasserbeschaffung schwierigen und seltenen Verhältnisse des heurigen Sommers siegreich überdauert hat. Die unmittelbare Folge davon, daß genügend Wasser zur Ver¬ fügung stand, war die, daß sofort das Bauprogramm geändert, die Kanalisierung errichtet und die Wasserleitung nicht nur für Trinkwasser, sondern auch für Nutzwasser ins Werk gesetzt wurde. Schon aus diesen Gründen sind und mußten selbstverständlich Mehrkosten erwachsen, welche durch das ursprünglich aufge¬ nommene Darlehen von 2 Millionen Kronen nicht mehr gedeckt werden konnten. Dazu sind, wie es bei jedem Bau einzutreten pflegt, noch mehrere andere bauliche Neuanordnungen und Um¬ änderungen getreten, aus denen für die Gemeinde gleichfalls Mehrforderungen resultierten. Nachdem nun diese erste Verschiebung eingetreten war, trat die Heeresverwaltung an die Gemeinde mit der Forderung der Erbauung eines Marodenhauses heran. Die Herren erinnern sich, daß darüber im Gemeinderate eingehend debattiert wurde, daß der Gemeinderat die Erbauung eines Marodenhauses ur¬ prünglich auch ablehnte, aber schließlich doch zum Entschlusse kommen mußte, diese Forderung zu akzeptieren, das Maroden¬ haus zu erbauen und die daraus sich ergebenden Ausgaben auf sich zu nehmen. Das Marodenhaus verlangt einen Kostenauf¬ wand von rund 125.000 K. Nachdem auch diese Frage entschieden war, war die Be¬ mühung von Erfolg gekrönt, die Artillerie=Brigade=Equitation nach Steyr disloziert zu bekommen; der Gemeinderat hat auch die Unterbringung derselben beschlossen, und es bleibt heute selbstverständlich nichts anderes übrig, als die daraus notwendig erwachsenden Kosten im Betrage von rund 215.000 K zu decken. In ähnlicher Weise liegt auch noch eine andere rückständige Frage offen, das ist die Erbauung der notwendigen Werkstätten, über welche zwar noch keine definitive Entscheidung der Heeres¬ verwaltung erflossen ist, die aber unerläßlich sein wird. Die Summe aller dieser Anforderungen erreicht den Betrag von 600.000 K, welcher nach dem vorliegenden Antrage im Wege eines Nachtrags=Anlehens von der Gemeinde aufgenommen werden oll. Es ist ferner auch der Antrag gestellt worden, für dieses Nachtrags=Anlehen um die bekannten Subventionen des hohen Landtages u. s. w. bittlich zu werden. Es ist in der öffentlichen Meinung wiederholt der Vorwurf erhoben worden, daß in diesem Hause dermalen die Schulden der Gemeinde stark vermehrt werden und es wurde und wird versucht, die Bevölkerung aus diesem Grunde in Unruhe zu versetzen. Nun, meine Herren, wenn man ein Unternehmen von der Größe unseres Artillerie-Kasernbaues in Angriff nimmt, o ist man auch gezwungen, die dazu notwendigen Geldmittel zu beschaffen, und ich wenigstens wüßte keinen anderen Weg, als den eines Anlehens. Es ist aber durchaus nicht gleichgiltig, zu welchem Zwecke eine Stadtgemeinde im Wege eines Anlehens Kapitalien aufnimmt. In Bezug auf das Kasernbau=Anleihen der Stadt Steyr kann mit voller Berechtigung gesagt werden, daß derselbe eine fruchtbringende Kapitalsanlage darstellt. Es ist zu hoffen, daß diese der Gemeinde in Zukunft keine sehr schweren Lasten auferlegen wird, daß aber die indirekten Folgen dieser Kapitalsanlage durch Erbauung der Artillerie=Kaserne von großem volkswirtschaftlichen Nutzen für die ganze Stadt Steyr sein werden und müssen. Es kann nicht der geringste Zweifel obwalten, daß diese gleiche Meinung in Beziehung auf Kasern¬ bauten allerorts geteilt wird, sonst würden verschiedene andere Städte nicht mit aller Anstrengung sich bemühen, Kasernenbauten errichten zu können, wie wir es unternommen haben. In Innsbruck, Salzburg, Linz, Enns und anderen Städten werden ebenfalls Schulden gemacht, um derartige Unternehmungen durchzuführen, welche für die Bevölkerung von wirtschaftlichem Nutzen sind und es ist nicht wahr, daß wir etwa allein und leichtfertig Schulden machen, ohne vorher bedacht und überlegt zu haben, und ohne zu wissen, daß wir dadurch der Stadt Steyr wirtschaftliche Vorteile schaffen nicht nur für die nächste Zeit, sondern ununterbrochen auch für die allerfernste Zukunft, und daß solche ohne Opfer nicht erreichbar sind. Ich glaube daher, daß der löbl. Gemeinderat mit Beruhigung an die Bewilligung des geforderten Nachtrags=Anlehens schreiten kann. Wie schon wiederholt in den Sitzungen des löbl. Gemeinde¬ rates erörtert wurde, ist auch für dieses Nachtrags=Anlehen zum Kasernbau die wohlwollende Bewilligung der Verzinsungsergän¬ zung zu der von der k. k. Heeresverwaltung zugesicherten Ver¬ gütung seitens des hohen Landtages ganz und gar unerläßlich, da die Gemeinde aus Eigenem hiefür unmöglich aufzukommen imstande ist. Erst wenn somit die Aufbringung der Verzinsung des Nachtrags=Anlehens auf diesem Wege garantiert ist, gibt es

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