Ratsprotokoll vom 4. Dezember 1903

3 Die städtische Sicherheitswache bildet einen bewaffneten, organisierten Körper, welcher der Stadtgemeinde zur Unter¬ stützung bei Handhabung des ihr obliegenden Sicherheitsdienstes und als Vollzugsorgan zur Verfügung steht. Es obliegt ihr insbesondere der Schutz der persönlichen Sicherheit und der Sicherheit des Eigentums im Stadtgebiete. Sie hat die Ausführung oder Vollendung strafbarer Handlungen womöglich durch ihre Dazwischenkunft zu vereiteln, bereits be¬ gangene Gesetzesübertretungen zu ermitteln und anzuzeigen, so¬ wie den Uebeltätern jeder Art nachzuforschen. Die städtische Sicherheitswache hat ferner die städtischen Aemter und die k. k. Staatsbehörden bei ihren Amtshandlungen zu unterstützen, über Wünsche und Bedürfnisse der Bevölkerung, sowie über bestehende Uebelstände Wahrnehmungen zu pflegen, deren Ergebnisse zur Kenntnis der Gemeindevorstehung zu bringen, um diese hiedurch in die Lage zu versetzen, auf die Befriedigung der ersteren und auf die Beseitigung der letzteren hinzuwirken. Es ist endlich Aufgabe der städtischen Sicherheitswache, bei im Stadtgebiete vorkommenden Unglücksfällen die erste Hilfe zu leisten. § 2. Unterordnung und Zusammensetzung. Die städtische Sicherheitswache untersteht dem Bürger¬ meister, welchem zur Leitung und Ueberwachung der gesamten Dienstleistung der Wache der Stadtsekretär und der Polizei¬ kommissär zur Seite stehen. Sie bestehen aus: 1 Polizei=Inspektor, 1 Gefangenhaus=Inspektor, 5 Wachleuten höherer Gebühr und 9 Wachleuten niederer Gebühr. Der Chargengrad eines Wacheführers, sowie die bestehende Distinktion bleibt den gegenwärtigen Wacheführern gewährt. Der Titel eines Wacheführers wird in Hinkunft nur mehr als Aus¬ zeichnung für besondere Verdienste Wachleuten höherer Gebühr verliehen. § 3. Aufnahmsbedingungen. Zur Aufnahme in die städtische Sicherheitswache wird ge¬ fordert: 1. die österreichische Staatsbürgerschaft: 2. ein Alter von nicht unter 24 und nicht über 35 Jahren; 3. lediger Stand 4. vollkommene Gesundheit, ein rüstiger Körperbau bei ent sprechendem Aeußern und ein gewandtes Benehmen; 5. ein in jeder Richtung unbescholtenes Vorleben; 6. vollkommene Kenntnis der deutschen Sprache, des Lesens, Schreibens, Rechnens, sowie die Fähigkeit, schriftliche Meldungen und Rapporte in deutscher Sprache zu verfassen; 7. persönliche Vorstellung des Bewerbers beim Herrn Bürgermeister. Vorzugsweise werden berücksichtigt solche Bewerber, welche im Sicherheitsdienste schon Verwendung gefunden haben oder eine gut qualifizierte militärische Dienstleistung nachweisen, end¬ lich solche, welchen eine genaue Kenntnis der Lokalverhältnisse eigen ist. Zur definitiven Ernennung zum Polizei=Inspektor oder Gefangenhaus=Inspektor wird überdies eine mindestens 10jährige belobte Dienstleistung in der städtischen Sicherheitswache oder in einem anderen öffentlichen Wachkorps und die Fähigkeit, um¬ fangreiche Konzepte selbständig und richtig zu verfassen, gefordert. § 4. Probedienstleistung. Jede erste Anstellung in der städtischen Sicherheitswache ist provisorisch und kann erst nach einer einjährigen tadellosen Dienstleistung und einer entsprechend abgelegten Prüfung über besonderes Ansuchen zur definitiven werden. Während des Provisoriums kann der Angestellte jederzeit selbst ohne Angabe eines Grundes entlassen werden. Die Probedienstzeit wird bei der Pensionierung in die Gesamtdienstzeit eingerechnet. § 5. Ernennungsrecht. Die Aufnahme in die Probedienstleistung sowie jede defini¬ tive Anstellung im städtischen Sicherheitswachkorps erfolgt durch den Gemeinderat über Vorschlag des Herrn Bürgermeisters. Zur Besetzung einer erledigten Stelle ist in der Regel seitens des Gemeinderates der Konkurs auszuschreiben, jedoch kann der Gemeinderat auch ohne einer Konkursausschreibung über Vorschlag des Bürgermeisters die Besetzung der erledigten Stelle vornehmen. § 6. Rangierung der Wachleute. Die Rangierung der Wachleute hinsichtlich der Vorrückung in die höhere Gebühr verfügt der Gemeinderat über Vorschlag des Herrn Bürgermeisters Die Vorrückung nach der systemisierten Zahl von 5 Wach¬ leuten in die höhere Gebühr kann nur nach einer 10jährigen tadellosen Dienstleistung erfolgen. Auch steht es dem Gemeinde¬ rate frei, offene Wachmannstellen unbesetzt zu lassen, oder die¬ selben nicht im Wege der Vorrückung, sondern im Wege der Konkursausschreibung zur Besetzung zu bringen. § 7. Eid. Bei der Aufnahme haben die Mitglieder der städtischen Sicherheitswache nachstehenden Eid in die Hände des Bürger¬ meisters abzulegen: „Ich schwöre zu Gott dem Allmächtigen, daß ich Seiner Majestät unserem Kaiser treu und gehorsam sein werde, daß ich als Organ der öffentlichen Wache meinen Dienst gewissenhaft und streng nach der Dienstinstruktion ausüben, den Befehlen des Herrn Bürgermeisters und meiner Vorgesetzten überhaupt pünkt¬ lich nachkommen, die Befolgung der Gesetze und Vorschriften mit aller Sorgfalt überwachen und innerhalb der gesetzlichen Schranken alles tun werde, um Störungen der Ruhe und Ordnung hintan¬ zuhalten, so wahr mir Gott helfe.“ § 8. Bezüge. Die Bezüge der städtischen Sicherheitswache sind durch das Gesetz vom 26. Dezember 1899, R.=G.=Bl. Nr. 255, geregelt und es haben alle künftigen Aenderungen dieses Gesetzes auch auf die städtische Sicherheitswache Anwendung zu finden. Der provisorisch angestellte Sicherheitswachmann bezieht ein vom Gemeinderate fallweise festzusetzendes Taggeld, welches die Bezüge eines Wachmannes niederer Gebühr nicht erreichen darf. Die nicht verheirateten Mitglieder des städtischen Sicher¬ heitswachekorps haben Anspruch auf freies, kasernmäßiges Quartier, alle Mitglieder desselben auf die Beistellung der Ausrüstungs¬ gegenstände und Montur von Seite der Stadtgemeinde nach den diesbezüglich erlassenen Bestimmungen. Dem Polizei= und dem Gefangenhaus=Inspektor gebühren entsprechende Naturalquartiere, bestehend aus Zimmer, Kabinett, Küche und Zubehör. Die verheirateten Wachleute haben für eine vom Rathause nicht zu ferne gelegene Wohnung selbst Sorge zu tragen. Die Heilungskosten aller Mitglieder der Wache, welche während der Ausübung der Dienstpflicht erkranken, sind aus der Stadtkasse zu bestreiten. Die ärztliche Behandlung der Mitglieder der Wache ob¬ liegt unentgeltlich den von der Stadt angestellten oder sub¬ ventionierten Aerzten. Für die Instandhaltung, Reinigung, Beheizung und Be¬ leuchtung der Kasernlokalitäten, auch der Mannschaftsküche der städtischen Sicherheitswache, für die Beschaffung und Instand¬ haltung der Einrichtungsgegenstände sowie der Kanzleierforder¬ nisse hat die Stadtgemeinde zu sorgen. § 9. Besondere Dienstpflichten (des Polizei= und Gefangenhaus=Inspektors). Die Obliegenheiten und die Dienstpflichten der städtischen Sicherheitswache überhaupt sind im II. Abschnitte dieser In¬ struktion enthalten. Der Polizei=Inspektor hat nach Weisung des Bürger¬ meisters und der sonst dazu berufenen Organe die zur Aus¬ führung des Dienstes erforderlichen Anordnungen zu treffen. Demselben obliegt insbesondere: 1. die Kommandierung des Dienstes; 2. die Ueberwachung der Mannschaft in und außer Dienst; 3. die Erhaltung der Disziplin; 4. die Ueberwachung der vorschriftsmäßigen und netten Adjustierung und Hintanhaltung aller eigenmächtigen und vor¬ schriftswidrigen Aenderung an den Monturstücken und die Ueberwachung der ordentlichen Konservierung der letzteren und der Armaturs= und Rüstungsstücke; 5. Führung der Standes= und Konduitlisten der Mann¬ schaft; 6. fleißiges Schulhalten mit der Mannschaft: 7. Ueberwachung der Ordnung und Reinlichkeit sowohl in den Wachzimmern (auch im Bezirkspostenlokale) als auch in den Mannschaftszimmern; 8. die Leitung der Marktüberwachung, Erhebung der Marktpreise und Zusammenstellung der Marktpreistabellen, end¬ lich die Führung der Marktprotokolle: 9. die persönliche Leitung von Tatbestandsaufnahmen, Er¬ hebungen und Nachforschungen bei Vorkommnissen von größerer Wichtigkeit und Bedeutung; 10. die Führung der Strafprotokolle, der Protokolle über die Gemeinschädlichen und Abgeschafften, das Befehlbuch, die täg¬ lichen Rapporte und das Register über die Vorfallenheiten. Dem Polizei=Gefangenhaus=Inspektor obliegen insbesondere: 1. die Ueberwachung der Polizeigefangenen (auch der Schüb¬ linge); 2. die Erhaltung der Ordnung und Reinlichkeit in allen Räumen des Gefangenhauses und die Sorge für Beheizung und Beleuchtung desselben; 3. die Leitung und Ueberwachung der Naturalverpflegs¬ tation, insbesondere die genaue vorschriftsmäßige Revision der um Aufnahme in die Station sich Meldenden, Zurückweisung und die daraus ergebende weitere Behandlung der Nichtanspruch¬ berechtigten, die Erhaltung und Reinhaltung der für die Station bestimmten Räume, der Einrichtungs= und Gebrauchsgegenstände, die Sorge für die Beleuchtung und Beheizung der Station; 4. die Sorge für die Verpflegung der Gefangenen und der in die Station Aufgenommenen nach den hiefür geltenden Vor¬ chriften;

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