Ratsprotokoll vom 7. November 1903

3 sonstige der Lokalität anhaftende sanitäre Uebelstände schließen ließen. Wie schon technischerseits betont wurde, besitzt das Grund¬ stück eine mehr als hinreichende Ausdehnung; ein Belegraum von 200 Betten wird zweifellos auf viele Dezennien ausreichen; außerdem kann das Spital jederzeit durch Zubauten oder abge¬ sonderte Baulichkeiten nach Westen hin vergrößert werden. Für diese 200 Betten ist das 4½ Hur große Grundstück 709 weitaus groß genug, da eine Fläche von 200 m2 per Bett auch bei sonst nicht so freier Lage des Spitales als ausreichend bezeichnet werden müßte. Wenn ferner für Infektions=Kranke ein eigenes Gebäude auf dem Grundstück 727 oder 729 errichtet wird, so tritt hiedurch eine weitere Entlastung der Parzelle 709 ein und es kann für geräumige Anlage der Gebäude und für ausgedehnte Garten¬ anlagen reichlich gesorgt werden. Das Grundstück ist ferner durch das im Norden sich er¬ hebende Gehänge gegen Nordwinde, durch seine Lage 15 m über der Steyr gegen die aus dem Fluße aufsteigenden Nebel geschützt. Der Untergrund ist der denkbar günstigste, er besteht aus Schotter, dem nur eine dünne Humusschichte aufliegt und welcher seinerseits auf dem Conglomeratfelsen aufliegt, wie sie an den Ufern der Steyr, am Dachsberg 2c., vielfach zu Tage treten. Dieser durchlässige Untergrund ermöglicht einen reinen Abfluß der Niederschlagswässer und verhindert die Ansammlung von faulnisfähigen Substanzen, ist überhaupt jene Art von Unter¬ grund, wie sie als Baugrund gesundheitlich am günstigsten ist. Wegen der großen Durchlässigkeit des Bodens ist der Grundwasserstand stets niedrig und es ist auch nie bei anhaltendem Regenwetter oder bei Hochwasser ein Zutagetreten des Grund¬ wassers beobachtet worden. Was die Wasserversorgung betrifft, so muß hervorgehoben werden, daß der Wasserzufluß aus dem höheren Terrain im Norden (Weinzierl, Wolfingerwald) offenbar ein sehr reichlicher ist; sowohl beim „Fladergute“ als beim „Kegelmayr“ beim Staffelmayr“ und beim „Viertlgute“ befinden sich Auslauf¬ brunnen, welche das ganze Jahr hindurch reichlich und gleich¬ mäßig ein gutes Wasser liefern, und zwar nicht etwa vermittelst langer Leitungen, sondern durch auch nur kurze Strecken in den Boden eingelegte Röhren, resp. eingesenkte sogenannte Brunnen¬ stuben; ferner liefern die Brunnen der beiden am Südrande des Grundstückes gelegenen Häuser Sierningerstraße Nr. 166 und Nr. 168 ebenfalls ganz gleichmäßig und reichlich Wasser, welches nach einer vorläufigen Untersuchung die Eigenschaften eines guten Trinkwassers besitzt. Es ist daher wohl nicht zweifelhaft, daß sich ohne lange Leitung durch Erbohren von Quellen am nördlichen Gehänge, wenn nötig durch Anlage von Brunnen und Reservoirs, eine genügende Menge guten Wassers gewinnen lassen wird; hiebei wird getrachtet werden müssen, ein Wasserquantum von 250 bis 300 Liter per Kopf zu erreichen. Wenn auch eine genaue chemische und bakteriologische Untersuchung des erbohrten Wassers unerläßlich ist, so kann doch schon jetzt aus der ganzen Situation mit Bestimmtheit geschlossen werden, daß das Wasser, welches aus unverbautem, zum Teil waldigem Terrain stammt, von tadelloser Qualität sein wird. Was endlich die Abfuhr der Fäkalien und sonstigen Abfall¬ stoffe betrifft, so ist dieselbe bei dem fraglichen Grundstücke da¬ durch begünstigt, als daselbst eine Kanalisierung mit sehr starkem Gefälle zur Steyr leicht durchführbar wäre; leider gelangen hiebei diese Abfallstoffe in den Flußlauf oberhalb der Stadt und es ist dieser Umstand der einzige, der bei der Wahl des frag¬ lichen Platzes geeignet wäre, sanitäre Bedenken zu erregen. So wünschenswert es wäre, wenn dieser Umstand ver¬ mieden werden könnte, so ist doch anderseits Folgendes zu be¬ denken: Die Steyr ist schon auf ihrem Laufe oberhalb des Stadt¬ gebietes und besonders auf dem Laufe durch dasselbe so zahl¬ reichen Verunreinigungen ausgesetzt, daß dagegen die weitere Zufuhr der Abfälle von höchstens 200 Menschen nicht wesentlich in Betracht kommt; auch nach Einleitung des Spitalskanales wird die Verunreinigung des Steyrwassers keinesfalls jenen Grad erreichen, wie er überall bei Wasserläufen, die größere Städte durchziehen, ganz gewöhnlich ist, ohne der Bevölkerung Gefahr zu bringen. Zudem wird das Steyrwasser auch derzeit nicht zum Trinken verwendet. Eine besondere Aufmerksamkeit müßte natürlich den Ab¬ gängen der an infektiösen Krankheiten leidenden Spitalspatienten zugewendet werden; diese Abgänge werden zwar schon derzeit desinfiziert, wenn die Kranken aber in besonderen Isolier¬ gebäuden untergebracht sind, wird es gewiß leicht möglich sein, durch besondere Maßnahmen, wie z. B. chemische Füllung in eigenen Senkgruben, die Fäkalien mit Sicherheit vollständig un¬ schädlich zu machen, bevor sie in den Flußlauf gelangen; es ist sicher, daß durch solche Maßnahmen eine Verunreinigung der Steyr durch Krankheitskeime gewisser wird hintangehalten werden können als gegenwärtig, wo die Unmöglichkeit einer wirksamen Isolierung der Infektionskranken auch die Wirksamkeit der Des¬ infektion in Frage stellt. Die Abgänge der übrigen nicht infektiös Kranken sind wenn sie durch reichliche Wasserspülung verdünnt in den Flu߬ lauf gelangen, nicht bedenklich und haben nur den gleichen Effekt, als wenn eben am Oberlaufe der Steyr resp. im Eysnfelde um 200 Menschen mehr wohnen würden. Der in Aussicht genommene Bauplatz erscheint daher zur Anlage eines Krankenhauses auch dem sanitären Sachverständigen recht günstig. Kommissions=Gutachten. Aus den vorstehenden gutächtlichen Aeußerungen des technischen und Sanitäts=Sachver¬ ständigen geht mit voller Gewißheit hervor, daß sich die Gründe des Fladergutes zur Erbauung eines Krankenhauses sehr gut eignen. Nicht so befriedigend läßt sich jedoch die Frage beant¬ worten, ob das Fladergut schon jetzt um den gewiß hohen Kauf¬ preis von 50.000 Kronen angekauft werden soll Durch jahrelange nicht entsprechende Bewirtschaftung ist der Wert dieses Gutes stark herabgedrückt, die dazu gehörigen Grundstücke sind ungepflegt, die Baulichkeiten ganz vernachlässigt, a einzelne sogar baufällig, so daß das ganze Gut gegenwärtig höchstens 30.000 Kronen wert ist. Wenn man erwägt, daß durch die Verpachtung der Gründe bis zum Zeitpunkte der Erbauung eines Spitales jährlich höchstens 1500 Kronen (per Joch 60 Kronen) an Pachtschilling einge nommen werden könnte, während bei der Anlage des Kaufkapi¬ tales jährlich ein Zinsenzuwachs von 1875 Kronen, die Zinses¬ zinsen nicht gerechnet, erzielt wird, so muß man zu dem Schlusse kommen, daß durch den sofortigen Ankauf des Gutes um den Kaufpreis von 50.000 Kronen gewiß kein vorteilhafter Kauf ge¬ chlossen würde, und daß der dabei eintretende Zinsenverlust um so geringer sein würde, je länger mit dem Ankaufe des Bau¬ platzes zugewartet werden würde. Da jedoch ein anderer geeigneter und billigerer Bauplatz für ein Krankenhaus in Steyr nicht leicht gefunden werden dürfte und es immerhin fraglich ist, ob das Fladergut auch in einem späteren Zeitpunkte noch zu kaufen sein wird, dürfte es sich trotzdem empfehlen, auf das vorliegende Kaufanbot ein¬ zugehen. Um aber den sofortigen Ankauf des Bauplatzes für den Krankenhausbaufond nicht allzu empfindlich zu machen, wäre es notwendig, daß die Stadtgemeinde die unmittelbar um das Armenverpflegshaus gelegenen Gründe, welche die Gemeinde zum Zwecke der Arrondierung ihres Besitzes und für den Fall der in Aussicht stehenden Erweiterung des Armenverpflegshauses erwerben muß, wenn sie zu haben sind, selbst ankaufe. Es handelt sich hier um die Parzellen Nr. 728, 729, 731, 732, 733, 827, 828 im Ausmaße von 2 Har 88 ar 57 m2 samt den darauf befindlichen Baulichkeiten, auf welche ein Kauf¬ preis von 10.872 K 14 k, also rund 10.900 K entfiele. Die Parzellen Nr. 700, 701, 699 und 719 wären zu ver¬ kaufen zu suchen. Sie repräsentieren ein Flächenausmaß von 3 Har, 76 ar und 35 m2 und entfallen auf sie rund 14.200 K des für das ganze Gut gezahlten Kaufpreises. Es müßte getrachtet werden, durch den Verkauf dieser Parzellen einen dieser Summe möglichst nahe kommenden Kauf¬ preis zu erzielen, was mit Rücksicht darauf, daß die Parzelle 719 als Baugrund verkauft werden könnte, nicht unmöglich ist. Hiedurch würde der Kaufpreis der Baugründe für das Krankenhaus auf rund 25.000 K herabgesetzt. Bis zur Ausführung des Baues könnten diese Gründe verpachtet werden, wodurch eine jährliche Einnahme von zirka 600 K für den Fond erzielt würde. Mit Rücksicht auf die eingangs stehenden Gutachten und unter den oben ausgeführten Voraussetzungen spricht sich die ge¬ ertigte Kommission für den sofortigen Ankauf des Fladergutes um den angebotenen Preis aus. Nachdem sich Niemand mehr zum Worte meldet, wird das Protokoll vorgelesen, geschlossen und gefertigt. Peter m. p., F. Lang m. p. Stadt=Oberingenieur. Dr. Hauk m. p., Franz Gall m. p. Stadtphysikus. Stadtrat. Die Sektion stellt daher folgenden Antrag: Mit Rücksicht auf das im Kommissions=Protokolle vom 25. September 1903, Zahl 22.837, sowohl von technischen Sachverständigen, als auch von ärztlichen Experten einverständ¬ lich abgegebene Gutachten, daß sich die Gründe des Flader¬ gutes zur Erbauung eines neuen städtischen Krankenhauses sehr ut eignen, in Erwägung des weiters hervorgehobenen Um¬ tandes, daß ein anderer geeigneter und billiger Bauplatz für ein neues Krankenhaus in Steyr nicht leicht gefunden werden dürfte und es immerhin fraglich ist, ob das Fladergut auch in einem späteren Zeitpunkte zu kaufen sein wird, in weiterer Er¬ wägung, daß sich durch den im Kommissions=Protokolle vorge¬ schlagenen Ankauf der Gründe um das Armenverpflegs haus und durch den successiven Abverkauf vorhandener, zum Krankenhaus nicht benötigter Parzellen der Ankaufspreis für das Krankenhaus bedeutend verbilligen würde, stellt die 1. Sektion den Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: 1. Es werde das sogenannte Fladergut der Theresia Schüttenberger, Liegenschaft K.=Nr. 440 und 441 in Aichet zu Steyr, im Grundbuche Katastral=Gemeinde Steyr, Einlagezahl 1062, im Grundkomplexe von 13 Har, 25 ar, 78 m2 von der Stadtgemeinde Steyr um den Kaufpreis von 50.000 Kronen angekauft. 2. Von dem angekauften Grundkomplexe werden die um das städtische Armenverpflegshaus gelegenen Parzellen, und zwar 728 Garten, 729 Wiese, 731 Garten, 732 Acker, 733 Acker, 827 Bauarea, 828 Bauarea, im Gesamtflächenausmaße von 2 Har, 88 ur, 57 m2 samt darauf befindlichen Baulichkeiten für den Fall der notwendig werdenden Erweiterung des städt. Armenverpflegshauses erworben und wird daher der auf diesen Grundkomplex samt Baulichkeiten entfallende Kauf¬

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