Ratsprotokoll vom 17. Jänner 1896

das so viel, als wir müssen zu allem ja sagen, was in dem Vertrage steht, weil die Andern dazu ja gesagt haben. Wenn wir den Vertrag nich discutieren dürfen, solle das Comité allein den Vertrag genehmigen. Herr Gemeinderath Eib verwahrt sich gegen den Ausspruck des Herrn Vicebürgermeisters, dass versucht wird, politische Momente ob in diese Angelegenheit zu werfen, was den Anschein hat, als in seine Partei den Ausgleich verhindern wolle. Er habe auch Comité gearbeitet und sein Möglichstes gethan, dass der Ausgleic zustande kam Herr Vicebürgermeister Stigler erwidert, dass die Bemerkun des Herrn Dr. Kurz, man solle die Ausgleichsfrage, bevor der Ge meinderath darüber gesprochen habe, den Parteiblättern zur Er örterung empfehlen, nicht anders aufgefasst werden könne, als mal wolle die Sache auf das politische Gebiet hinüberspielen, und von dieser Ansicht könne er nicht abgehen Herr Gemeinderath Liutl bemerkt, es sei wegen der bean¬ tragten Erörterung der Ausgleichsfrage in den Parteiblättern eine zu große Angst vorhanden. Die Elektricitäts=Gesellschaft habe auch ihre Vertragspunkte veröffentlicht, und hätte seine Partei da ein¬ greifen wollen, so hätte sie hiezu schon damals Gelegenheit gehabt Herr Gemeinderath Löhnert bemerkt, es könne sich nur darum handeln, ob der Antrag des Herrn Gemeinderathes Dr. Kurz an di Vertagung dieser Angelegenheit angenommen wird oder nicht E übrigen Alußerungen verbreiten sich zu stark ins allgemeine. frägt sich nun, ist die Vertagung nothwendig, nachdem jeder de Herren Gemeinderäthe den Vertrag schon mehrere Tage in Händen hat und sich ein Urtheil bilden konnte und nachdem weitere Be prechungen dieser Frage in den Tagesblättern kaum eine näher Aufklärung zu bringen imstande sein werden. Er meine, es dürften alle Anwesenden überzeugt sein, dass so viel erreicht worden ist, was gar nicht vermuthet wurde, und was auch dem anerkennenswerter Entgegenkommen der Gasgesellschaft zuzuschreiben sei. Er halte die Vertagung für nicht nothwendig Herr Gemeinderath Dr Hochhauser bemerkt, er müsse be dauern, dass diese Besprechung Missverständnisse hervorgerufen habe Er könne versichern, dass das Comité einheitlich bemüht war, die Interessen der Gemeinde zu wahren. Der Ausgleich, den das Comité erzielt habe, sei ein vortheilaster, weil hiedurch auch die Gaspreise für die Bürgerschaft bedeutend reduciert wurden und nicht meh erhöht werden dürfen. Wenn die Verträge heute nicht genehmigt werden, können Zwischenfälle eintreten, die für den Ausgleich ungünstig sind, daher bitte er, die Vertagung abzulehnen Herr Gemeinderath Dr. Kurz bemerkt, er habe nicht gesagt, der Vertrag soll in Parteiblättern besprochen werden, sondern in Localblättern. Er kenne keine Parteiblätter, welche sich mit den wirtschaftlichen Interessn der Gemeinde zu beschäftigen haben. Er halte seinen Antrag aufrecht, weil hiedurch der Gemeinde nichts vergeben werde. Herr Gemeinderath Kautsch beantragt Schluss der Debatte Der Herr Vorsitzende bringt den Vertagungs=Antrag des Herrt Gemeinderathes Dr. Kurz zur Abstimmung und wird derselbe mit allen gegen eine Stimme abgelehnt Referent Herr Vicebürgermeister Stigler verliest sodann den mit der Gesellschaft für Gasindustrie in Angsburg abgeschlossenen Ausgleichs=Vertrag, welcher lantei: Vertra welcher zwischen der Stadtgemeinde Steyr durch den Ge meinderath und der Gesellschaft für Gasindustrie in Augsburg als vereinbarter Ausgleich des zwischen diesen Körper schaften obschwebenden Beleuchtungsstreites abgeschlossen wird. § 1. Das in dem zwischen der Stadtgemeinde Steyr und der Gesellschaft für Gasindustrie in Angsburg obschwebenden Beleuchtungsprocesse gefällte schiedsgerichtliche Urtheil vom 27. November 1894 besteht in allen seinen Theilen zu Recht, das selbe wird jedoch nicht vollzogen, sondern der gegenwärtige Vergleic an Stelle desselben gesetzt, und zieht der Gemeinderath von Steyr infolge dieses Ausgleiches die gegen das schiedsrichterliche Urtheil eingeleitete Anfechtungsklage nach Rechtskräftigwerden dieses Ver trages zurück. — Einstimmig angenommen. § 2. Das widerrechtlich zu Beleuchtungsanlagen in Steyr errichtete Elektricitätswerk der Actiengesellschaft „Elektricitätswerke kann in seiner jetzigen Ausdehnung u. zw. nach dem Stande von in 9. December 1895 bestehen bleiben. Zur Feststellung der hier Frage kommenden Abnehmer des elektrischen Stromes zu Beleuchtungs zwecken im Stadtgebiete Steyr, ist diesem Vertrage als integrierender Bestandtheil ein notariell beglaubigter Buchauszug angeschlossen, in welchem diese Consumenten nach dem Stande vom 9. December 1895 namentlich verzeichnet erscheinen Einstimmig angenommen. Steyr § 3. Die Actiengesellschaft „Elektricitätswerke“ in kann an alle jene Privaten und deren Besitznachfolger, welche schon bis zum 9. December 1895 elektrischen Strom zu Beleuchtungszwecken bezogen haben, solchen auch in Zukunft liefern, und sind die bisherigen Consumenten in ihrem diesfälligen Bezuge unbeschränkt, also auc bezüglich des Ortes, neu erbauter Objecte, Anlagen und dergleichen u. zw. sowohl hinsichtlich der Vertheilung des Lichtes in denselben, als auch der Anzahl der Lampen. Das Elektricitätswerk ist dahe auch in Zukunft berechtigt, solche schon am 9. December 1895 bestandene elektrische Beleuchtungs=Anlagen bei Privaten und deren Besitznachfolgern im Stadtgebiete Steyr zu vergrößern, und auch neue Beleuchturgs=Anlagen an und in Objeeten zu installieren und dorthin elektrischen Strom zur Beleuchtung zu liefern, welche solchen Privaten und deren Besitznachfolnern eigenthümlich gehören, die am 9. De cember 1895 bereits Consumenten der elektrischen Beleuchtung waren und zwar ohne Beschränkung, ob diese Objecte sich bei der ursprüng¬ lichen Beleuchtungs=Anlage befinden oder in einem anderen Orte des Stadtgebietes gelegen sind, oder von solchen Consumenten erst neu erworben oder erbaut werden. Das Elektricitätswerk ist be rechtigt, bei jedem Privaten im Stadtbezirke, welcher ohne Anschluse an das Leitungsnetz der Elektricitätswerke in seinem Besitze eine elektrische Beleuchtung mittelst eigener motorischer Kraft oder Accu¬ mulatoren einichten will, solche Installationen ohne Anschluss an das Leitungsnetz auszuführen und die geladenen Accumulatoren zu liefern. Dagegen ist dem Elektricitätswerke in Steyr vom 9. De cember 1895 angefangen untersagt, neue Beleuchtungsanlagen be solchen Privaten im Stadtgebiete Steyr zu installieren, und denselber elektrischen Strom zur Beleuchtung zu liefern, welche bis 9. De cember 1895 noch keine Consumenten des elektrischen Lichtes waren dabei ist es gleichgiltig, ob bei diesen Installationen die öffentlicher Straßen und Plätze des Stadtgebietes allein, oder auch die Reali¬ täten und Grundstücke des privaten Eigenthums berührt werden sollen oder nicht, weshalb sich die Stadtgemeinde verpflichtet, in den öffent¬ lichen Straßen und Plätzen der Stodt, noch im sonstigen Stadtgebiete, weder die Führung neuer Drähte, noch die Aufstellung neuer Träger Säulen u. dgl. zu elektrischen Beleuchtungszwecken zu gestatten, durch welche solchen Consumenten, die bis 9. December 1895 elektrischen Stron zu Beleuchtungszwecken nicht bezogen haben, derselbe zugeführt werden würde. Es wird hiebei bestimmt, dass elektrischer Strom für solche Motoren, welche zu Beleuchtungsanlagen für Private dienen würden die bis 9. December 1895 nicht Abnehmer des elektrischen Lichtes waren, unter keinen Umständen abgegeben werden darf, dagegen ist die Stromabgabe für andere Motoren nach keiner Richtung hin be schränkt. Jede Uebertretung dieser Bestimmungen, sowie jede Strom¬ abgabe für neue Beleuchtungsanlagen bei solchen Privaten im Stadt gebiete, welche bis 9. December 1895 keine Abnehmer des elektrischen Stromes waren, wird eine an die Gesellschaft für Gasindustrie fal lende Conventionalstrafe von ö. W. fl. 100 (Hundert Gulden) oder 200 österr. Kronen für jede derart eingerichtete Glüh= oder Bogen¬ lampe, sowie die sofortige Außerbetriebsetzung der Neuanlage zum Folge haben. Diese Bestimmungen haben während der ganzer Dauer des bestehenden Gasvertrages, also bis Ende December 1917 ihre volle Giltigkeit; dementgegen verpflichtet sich aber auch die Ge sellschaft für Gasindustrie, während der ganzen Vertragsdauer, also bis Ende December 1917 die Gaspreise auch für Private über der heutigen Stand derselben, also für Leuchtgas zwölf Kreuzer ö. W., Nutzgas zehn Kreuzer ö. W. per Kubikmeter, nicht zu erhöhen. Einstimmig angenommen. Die Einhaltung der im vorstehenden § 3 zu Gunsten § 4. der Gesellschaft für Gasindustrie festgesetzten Bedingungen garantiert der Gemeinderath als beschlussberechtigtes Organ der Stadtgemeind von Steyr. Sollte die Gesellschaft für Gasindustrie einen Vertrags¬ bruch constatieren und sich veranlasst sehen, eine in Ansehen der im § 3 des gegenständlichen Vertrages festgesetzten Conventionalstrafen über die Gemeinde zu verhängen, so ist dieselbe berechtigt, innerhalb 21 Tagen, vom Tage der Verhängung einer solchen Conventional strafe an gerechnet, jene Rechtsmittel gegen die Verhängung derselben zu ergreifen, welche mit Rücksicht auf den vorliegenden Fall zulässig erscheinen; dagegen verpflichtet sich die Stadtgemeinde Steyr, jed in Rechtskraft erwachsene Conventionalstrafe 14 Tage nach Rechts kräftigwerden derselben an die Gesellschaft für Gasindustrie in Augs burg zu zahlen. — Einstimmig angenommen. § 5. Die Gesellschaft für Gasindustrie verzichtet auf jed weitere pecuniäre Vergütung jenes Schadens, welcher derselben bis heute durch den Betrieb der Elektricitätswerke in der Gasbeleuchtun zugesügt wurde, jedoch übernimmt die Gemeinde Steyr sämmtliche Kosten, welche aus der Anfechtungsklage des schiedsrichterlichen Ur theiles bis heute erwachsen sind, zur Alleinzahlung. Als Ersatz für die Verluste, welche die Gesellschaft für Gasindustrie durch das Elektricitätswerk bisher erlitten hat und in Zukunft noch zu erleiden haben wird, verlängert der Gemeinderath von Steyr der Gesellschaft die Vertrags=Concession um weitere fünf Jahre, demnach bis Ende December 1917. Herr Gemeinderath Ritzinger frägt, warum die Kosten der Anfechtungsklage von der Gemeinde allein zu tragen sind und nich zu gleichen Theilen Der Herr Referent gibt als Aufklärung bekannt, dase seinerzeit der Gemeinderath die Einbringung der Anfechtungsklag gegen dem bewilliat hat, dass die Kosten dieser Klage von der Elek¬ tricitäts=Gesellschaft zu tragen sind, welche sich hiezu auch schriftlick verpflichtete. Der Standpunkt sei nun der, dass die Gemeinde gegenüber der Gasgesellschaft die Zahlung der Processkosten übernimmt, diese Kosten aber wieder von der Gesellschaft der Elektricitätswerke zurückverlangt, womit sich Herr Anfragesteller zufrieden gibt, § 5 Einstimmig angenommen. § 6. Artikel 27 des bestehenden Vertrages vom 28. August 186= erhält nachstehende Einleitung als Zusatz: „Der Stadtgemeind Steyr steht das Recht zu, Conventionalstrafen nach Maßgabe der nachstehenden Normen auszusprechen. Sie übt dasselbe über gestellten Antrag von Seite der im § 18 erwähnten Aufsichts=Commission aus; der Gesellschaft oder ihrem Vertreter muss jedoch jedesmal Gelegenhei gegeben werden, ihre Entschuldigung für jeden angezeigten Fall anbringen zu können, und hat dieselbe die Ausbesserung eingetretene Beschädigungen oder Hindernisse der ordnungsmäßigen Beleuchtung innerhalb zwei Stunden nach erhaltener schriftlicher oder telephonischer Anzeige in Angriff zu nehmen und nach Thunlichkeit möglichst rasch zu beenden. Für Mängel oder Unregelmäßigkeiten in der Beleuchtung kann keine Strafe ausgesprochen werden, sobald erwiesen ist, das dieselben durch höhere Gewalt oder aus einer Ursache entstanden sind, welche die Gesellschaft oder ihre Bediensteten nicht hätten der hindern können. Als eine derartige Ursache soll hier namentlich die Bildung von Naphtalin und das Einduften der Laternen bei strenger Kälte angeführt werden. 3

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