Ratsprotokoll vom 8. November 1895

zugemutheten Einfluss auch auf den Herrn Interpellanten ausüben würde, bin ich fest überzeugt, dass er eine solche Einslufsnahme so¬ fort als ungehörig zurückweisen würde Die Klagen der hiesigen Geschäftsleute, dass ihnen von Seit des Waffenfabriksarbeiter=Consumvereines dadurch große Concurrenz gemacht werde, dass auch an Nichtangehörige der Waffenfabrik Waren verkauft werden, sind mir schon längere Zei vor der Interpellation des Herrn Gemeinderathes Prof. Erb bekann gewesen. Schon unterm 22. Februar 1895 lief bei der Gemeinde Vorstehung eine diesbezügliche Beschwerde der Handelsgenossenschaft für Steyr und Umgebung ein, welche jedoch von dem Vorstehen dieser Genossenschaft kurze Zeit nach der Ueberreichung mit Rücksicht auf eine vom Handelsgremium in der gleichen Sache beabsichtigter Action wieder zurückgezogen worden ist. Auch eine von einem Steyrer Geschäftsmanne bald darauf hieramts gegen den Waffenfabriks¬ arbeiter=Consumverein überreichte Beschwerde wurde innerhalb — 24 Stunden als gegenstandslos wieder zurückgezogen. Trotzdem das heißt obwohl die durch das Vorgehen des Consumvereines an¬ geblich schwer geschädigten Interessenten ein Einschreiten gegen der Verein zu scheuen schienen, — habe ich es nicht unterlassen, das Am chon damals anzuweisen, den mir auch mündlich zu Ohren gekom¬ menen Beschwerden gegen den Arbeiter=Consumverein auf den Grund zu sehen und den Verein zu diesem Zwecke überwachen zu lasser Um jedoch genügendes und sachliches Materiale für eine erfolgreiche Amtshandlung gegen die angeblichen Uebergriffe des Consumvereines zu gewinnen, mussten seitens des Amtes weitwendige und lang wierige Erhebungen veranlasst werden. Dadurch ist es gekommen, dass die angeordneten und eingeleiteten Erhebungen erst am 11. Oc tober l. J. zum Abschluss gebracht werden konnten. Das Resultat dieser Erhebungen hat mich genöthigt, gegen den Obmann des Waffenfabriksarbeiter=Consumvereines die Strafamtshandlung wegen Uebertretung der Gewerbe=Ordnung einzuleiten, und gegen ihn das Erkenntnis vom 19. October d. J., Z. 20.499, zu fällen. Das ge fällte Erkenntnis ist jedoch heute noch nicht rechtskräftig. —Hiemi glaube ich die gestellte Interpellation erschöpfend beantwortet zu haben Herr Vicebürgermeister Stigler erbittet sich das Wort zu eine Aufklärung in der Uniformierungs=Angelegenheit der Steyrthalbahn nachdem er in der Interpellation des Herrn Gemeinderathes Erl apostrophiert worden sei, und gibt, nachdem ihm vom Gemeinderath dies einstimmig ertheilt wurde, folgendes bekannt: Er sei erst kurze Zeit im Verwaltungsrathe der Steyrthalbahn und habe bis jetzt noch keine Gelegenheit gehabt, sich in der Uniformierungs=Angelegenheit näher zu informieren. Nachdem aber diese Angelegenheit im Gemeinde¬ rathe zur Sprache gekommen ist, habe er es für seine Pflicht gehalten, dieser Sache nachzugehen, um hierin Aufklärung geben zu können. Vom Jahre 1889 an wurde die Lieferung der Uniformen für di Bediensteten der Steyrthalbahn dem Herrn Wisniewski übertragen welcher diese Lieferungen bis zum Jahre 1891 inne hatte. Im Verlaufe dieser Zeit sind auch von anderen Geschäftsleuten, darunter von einem Uniformierungsgeschäft in Wien, Offerte für diese Liese rungen überreicht worden. Nachdem es sich herausgestellt hatte, dass die Bestellung der Uniformen in Wien bei besserer Stoffqualität noch um 18% billiger zu stehen kommt, habe die Steyrthalbahr hievon Herrn Wisniewski die Mittheilung gemacht und ihm frei¬ gestellt, die Uniformen unter den gleichen Bedingungen auch in Zukunft zu liefern, welches Anbot derselbe aber ablehnte. Aus diesem Grund habe die Steyrthalbahn die Uniformierung einem Wiener Geschäfte übertragen, was in Bezug auf die finanziellen Verhältnisse der Steyr¬ thalbahn und aus Sparsamkeitsrücksichten eine natürliche Folge gewesen sei. Er glaube auch, dass diese Frage gar nicht vor der Gemeinderath gehöre. Herr Gemeinderath Kautsch spricht sich gegen jede weiter Debatte aus. Nachdem der Herr Bürgermeister die Interpellatione beantwortet habe, handle es sich jetzt nur darum, ob diese Beant wortungen zur Kenntnis genommen werden oder nicht Herr Gemeinderath Erb bemerkt, wenn man sich immer stricte an die Paragraphe halte, so nütze man der Gemeinde nichts. In solchen Dingen, die ins Fleisch schneiden, müsse man sich ausplauschen können. Aufklärung in dieser Sache werde sowohl der Steyrthalbahn, dem löblichen Gemeinderathe und auch dem Herrn Bürgermeister angenehm sein. Auch ihm sei sie angenehm und danke er dem Herrn Vicebürgermeister hiefür. Er habe nicht gemeint, der Herr Bürger meister solle in effectiver Form, in amtlicher Eigenschaft eingreifen, ondern er sei von dem Standpunkte ausgegangen, dass die Gemeinde, welche doch um 300.000 fl. Actien besitze, als Großactionär in dieser Sache Einfluss nehmen könne. Bei der Wahl entscheidet die Menge der Actien, und es könnte die Gemeinde durch den Besitz ihrer vieler Actien einen Druck dahin ausüben, dass der Verwaltungsrath aus solchen Männern zusammengesetzt werde, die das Interesse der Stad vertreten. Uebrigens habe er auch erfahren, dass nicht bloß Uniformen, sondern auch Möbel für die Steyrthalbahn in Wien gemacht worden sind. Es drehe sich nicht allein um die Monturlieferung, sondern un den Gesammteinkauf, und wünsche er, dass die Gemeinde, welche infolge ihrer vielen Actien auch viele Stimmen habe, es dahin bringe, dass die Steyrthalbahn in Steyr einkaufe Herr Vicebürgermeister Stigler glaubt, das, was Herr Gemeinderath Erb soeben gesagt hat, sei eine schwer zu erörternde Angelegenheit. In Bezug auf seine in der Interpellation hervor¬ gehobene Stellung im Verwaltungsrath der Steyrthalbahn müsse er aber bekennen, dafs er weder als Vicebürgermeister, noch als Gemeinderath dem Verwaltungsrathe angehöre, sondern lediglich ein von den Gesellschafts=Actionären gewähltes Mitglied desselben ei und in demselben nur eine Stimme habe, mithin er auf die in Rede stehende Angelegenheit ebenfalls keinen ausschlaggebenden Einflufs nehmen könne. Er sei allerdings dafür, dass, wenn die Preisunterschiede nicht groß sind, der Verwaltungsrath hiesige Geschäftsleute berücksichtigen soll. Hierauf werden die Interpellations=Beantwortungen zur Kenntnis genommen Der Antrag des Herrn Gemeinderathes Ritzinger, auch den 1. Punkt der Tagesordnung vertraulich zu behandeln, wird ein¬ stimmig angenommen und ist das Protokoll über den 1. und 2. Punk der Tagesordnung dem öffentlichen Protokolle angeheftet, I. Section. Referent: Sections=Obmann Herr Gemeinderath Anton Jäger v. Waldau. 3. Eingabe des Herrn Dr. Franz Angermann, womit das Gutachten der oberösterreichischen Advocaten¬ kammer über das Expensar bezüglich des schiedsgerichtlichen Gas processes vorgelegt wird, wird über Antrag der Rechtssection von der Tagesordnung abgesetzt 4. Liegt folgender Bericht vor: „Löbliche Stadtgemeinde Vorstehung! In der Schiefermayr'schen Verlassangelegenheit ist am 5. September d. J. die Edictal=Frist zur Einberufung der Erben abgelaufen und es haben sich nebst der löblichen Stadt¬ gemeinde Steyr auch noch drei Frauen, welche in Amerika wohnen zu diesem Nachlasse als gesetzliche Erben erklärt. Diese Erbs¬ erklärung ist aus Amerika am 4. Mai 1895 eingelangt und zwar sind es eine gewisse Katharina Amon, Cäcilie Sutter und Klara Tatu. Dieselben haben den hiesigen Advocaten Herrn Dr. Karl als Harant zum Bevollmächtigten bestellt. Ihre Erbserklärung gesetzliche ist gemäß § 22 des Patentes vom 9. August 1854 gleichfalls angenommen worden. Dieselben haben aber ihr Erbrecht, resp. ihre das gesetzliche Erbrecht begründenden, verwandtschaftlichet Beziehungen, noch nicht ausgewiesen. Da die Edictalfrist abgelaufen ist, hat der Verlassenschafts=Curator Herr Dr. Alois Stigler di Verwaltungs=Rechnung gelegt, und ist selbe laut der in .) abschrift weise mitfolgenden Erledigung des k. k. Kreisgerichtes Steyr von 25. September 1895, Z. 2112, genehmigt worden. Da in diesem Falle zwei widersprechende Erbserklärungen nämlich die der — löblichen Stadtgemeinde Steyr auf Grund des Testamentes vom 22. Mai 1872 und die der genannten drei Frauen als angeblich gesetzliche Erben aus dem Gesetze — vorliegen, so muss zunächst eine Verhandlung darüber stattfinden, wer von beiden Theilen gegen den andern als Kläger auf Anerkennung seines besseren Erbrechts itels aufzutreten habe. Diese Verhandlung findet am 17. d. Mts. statt. Da die löbliche Stadtgemeinde Steyr ihren Erbrechts=Anspruck auf eine in der gehörigen Form errichteten und bisher hinsichtlic ihrer Echtheit unbestrittenen letztwilligen Erklärung nämlich auf — das Testament vom 22. Mai 1872 — stützt, so bin ich der Anschauung, dass nicht die löbliche Stadtgemeinde, sondern im Sinne des § 126 des Patentes vom 9. August 1854 die genannten drei angeblich gesetzlichen Erben angewiesen werden dürften, im Falle sie ihr Erbrecht aufrecht erhalten, gegen die löbliche Stadtgemeinde als Kläger aufzutreten. Ich werde über das Ergebnis dieser Verhandlung nach Erhalt der gerichtlichen Entscheidung Bericht erstatten, und bleibt es dann der löblichen Stadtgemeinde Steyr vorbehalten, die erfor derlichen Beschlüsse zu fassen. Vorläufig bitte ich nur, den gegenwärtigen Stand dieser Angelegenheit zur gesälligen Kenntnis zu nehmen. Steyr am 15. October 1895 Dr. Angermann m p. — Wird zur Kenntnis genommen — Z. 20.743 5. In das Präliminarberathungs=Comité werden über Antra der Section gewählt: Herr Vicebürgermeister Victor Stigler un die Herren Gemeinderäthe Dr. Alois Kurz, Jakob Kautsch und — Josef Tureck. Z. 20.423. 6. Engabe der Actiengesellschaft für Elektricitätswerke in Steyr um Genehmigung der Umlegung resp. Verlängerung ihres Leitungs netzes in der Bahnhofstraße wird wegen der bevorstehenden Ausgleichs¬ verhandlungen mit der Gasgesellschaft von der Tagesordnung abgesetzt. Z. 15.240 7. Barbara Forsthuber, Stadthebamme, bittet um Enthebung vom Hebammendienst und um Zuerkennung einer Gnadengabe Die Section beantragt, der Bittstellerin eine Gnadengabe von — 30 fl. jährlich zuzuerkennen. Einstimmig angenommen. — Z. 20.529 II. Section. Referent: Sections=Obmann Herr Gemeinde¬ rath Josef Tureck. — 8 Das städt. Casseamt berichtet, dass der diesjährige Herbstjahrmarkt ein Reinerträgnis von 676 fl. 26 kr. ergab. — Zur Kenntnis. — Z. 20.997 9. Das städt. Casseamt berichtet über die Geldgebarung bei der Stadtcasse im Monate September 1895, wie folgt Einnahmen im Monate September 1895 11.339·9 fl Casserest vom Vormonat# 26.229=73 * * * Gesammteinnahmen im Monate September 1895 37.569·6 Ausgaben im Monate September 1895 17.491·28 * * * Casserest für den Monat October 20.078·35 Es betrugen bis incl. 30. September 1895 die ge¬ sammten Einnahmen „ 584.252•43 Die gesammten Ausgaben „ 564.174·0 Die Section theilt mit, dass das Cassejournal durch die Herren Gemeinderäthe Schachinger und Tureck geprüft und richtig befunden wurde. — Zur Kenntnis. 20.995 — Z. 10. Herr Wenzel Rehberger, Korbflechter und Hausbesitzer in Steyr, ersucht um Ueberlassung des Gewölbes Nr. 3 beim Bürger¬ spitale um den ermäßigten Pachtzins von jährlich 70 fl Die Section stellt den Antrag, auf das Offert des Herrn Wenzel Rehberger nicht einzugehen, und das Gewölbe Nr. 3 zur Verpachtung auszuschreiben Herr Gemeinderath Erb stellt den Vermittlungsantrag, dem Herrn Rehberger das Gewölbe um 100 fl. zu überlassen, welche vom Herrn Gemeinderath Linil mit dem Beifügen unterstützt wird dass ohnedies in der Gleinkergasse viele Gewölbe leer stehen.

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