Otto Ehler - Eisengewerbe und Stadtentwicklung

—30— große Mannschaft getreuen Dienst willen ein solche Freiheiten und Begradung, daß dieses Gut in Gweng infürder ein befreiter Adlmannssitz sein und nimmer Gweng sondern Rosenegg heissen sollte, erlangt, und zwischen ihm dem von der Pruggen und obgemelten Parteien angedeuter Wasserverkehr und Leitung auch des Schadens willen, so ihm, den von der Prugg in seiner Inhabung von neuem zugestanden, ...“. (Berndt, 1936, S. 34). Diese Merkschrift wurde nach dem Katastrophenhochwasser von 1572 verfasst, in dessen Folge sich das Flussregime der Steyr im Bereich von Unterhimmel stark verändert hatte, um nach diesen Änderungen die bestandenen Rechte neu festzulegen. Im Aichet, dem äußersten, ist die Erste Zeugstätte, unter dem äußeren, mittleren und inneren Schaurstein sind die übrigen drei Zeugstätten zu verstehen. Nach Berndt ist die Erste Zeugstätte als die älteste zu betrachten.17 Er gibt keine Quellen an und nennt bis auf die Truglmühle jene Gewerbe nicht, die sich hier als erste angesiedelt haben. Es ist anzunehmen, dass er seine Ansicht auf rein technische Überlegungen begründet und sie außerdem auf die vorhandenen Geländeformen zurückführt. Der schrittweise Ausbau zum teilweise künstlichen Gerinne ist ab der Zeit der Ottokare anzunehmen, als mit dem Wachstum der Stadt und der Zunahme der eisenverarbeitenden Gewerbe auch der Bedarf an der Wasserkraft stieg. Der nunmehr künstliche Triebwasserkanal verläuft am nördlichen Hangfuß der Talbegrenzung und war, wie sich dies noch anhand der Schichtenlinien feststellen lässt, mit einer sehr günstigen Trassenführung angelegt worden, welche die natürlichen Gegebenheiten geschickt ausnützte. Sein Lauf führte unmittelbar an die ummauerte Stadt heran. Mit seinen vier Zeugstätten, den Überläufen (Fallen) zur Reichen Steyr und den damit verbundenen Gefällstufen wirkt er heute noch landschaftsbildend und stadtbildprägend, worin ein Teil seines künstlerischen Denkmalwertes zu sehen ist. Um 1480 wurde der unterste Teil des Wehrgrabens durch die Befestigung der Stadt erfasst. Die hier untersuchte Erste Zeugstätte verblieb immer außerhalb der Stadtmauer, sie wurde erst 1511 in den Burgfriedensbereich der Stadt einbezogen und gehörte bis zu diesem Zeitpunkt zur Herrschaft Steyr. Es ist urkundlich nicht festgehalten, wann in Steyr mit der gewerblichen Produktion von Eisenwaren begonnen wurde. Es ist aber sicher anzunehmen, dass dies bald nach der Stadtgründung der Fall war. 1491 soll im metallenen Knopf des Turmdaches der Stadtpfarrkirche eine Schrift gefunden worden sein, deren Text wie folgt lautet: „Es ist sonderbar notabel, dass das Eisenerzbergwerk im Jahre 712 erfunden und seither ohne Abgang und Mangel bearbeitet worden und noch bearbeitet wird.“ (Preuenhueber, 1740, S. 8) Diese Nachricht, eher sagenhaft, berichtet von der Wiederaufnahme des Abbaues am Erzberg in früher Zeit, etwa in den Jahren der bairischen Landnahme an der Enns. Es ist daher anzunehmen, wie Pritz berichtet,18 dass es schon um das Jahr 900 eine bedeutende Messerproduktion in Steyr gab. Ottokar war um 906 Herr von Steyr, auch Herr im Enns-, Steyr- und Mürztal, sowie Graf von Leoben. Der Bergbau im Innerberg lag in seinem Herrschaftsbereich. Somit hatte dieser Ottokar, der auch Grundherr in Steyrdorf, Aichet und Kegelpriel war, jene Ortsteile, in welchen er die Eisenhandwerker ansiedelte und zu welchen der Wehrgraben zählte und die Eisengewinnung am Innerberg sowie die Eisenverarbeitung in Steyr in Händen. Er hatte damit alle Ursache, das Eisenhandwerk zu fördern, weil die Abgaben der Handwerker ihm zuflossen. Von Ottokar VIII (VI) wird berichtet: „Unter ihm und seinen Vorfahren war wohl in der Stadt Steyr die Bearbeitung des Eisens vom Innerberge schon häufig und wahrscheinlich selbst der Handel mit den Eisenwaren, wenn auch nicht bedeutend, doch im Emporblühen und mit Privilegien versehen.“ (Pritz, 1965 [11837), S. 402.) Weiters wird berichtet: „Was aber Steyr am meisten auszeichnet, sind die vielen Eisen- und Stahlarbeiten, die hier verfertigt werden. Von den ersten Jahrhunderten angefangen, seitdem die Stadt besteht, ist sie in dieser Hinsicht einzig und von hier aus verbreiten sich die nämlichen Gewerbe in die ganze umliegende Gegend, wo eine große Tätigkeit herrscht und eine Masse von Arbeiten geliefert wird, von denen nicht bloß das Land selbst, sondern sogar ferne Weltteile versorgt werden.“ (Pritz, 1965 [11837), S. 29.) Die wirtschaftliche Entwicklung des eisenverarbeitenden Gewerbes und des Eisenhandels bestimmten den Wohlstand und das Wachstum der Stadt. Das Eisen wurde in der Entwicklung und der Geschichte Steyrs ein bestimmender Faktor.

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